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Yung Hurn Portrait

Elsa Okazaki

Donaustadt State Of Mind

Auf dem offiziellen Debüt-Album „1220“ gibt uns Yung Hurn sehr unbeeindruckt Einblicke in sein neues, vergleichsweise sehr aufregendes Leben voller Sex’n’Drugs.

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Es gab eine Zeit, in der die U2 weder Kanal noch Donau überquerte. Von manchen Ecken des 22. Bezirkes brauchte man 20 oder 30 Minuten, um mit Straßenbahn oder Bus überhaupt nach Kagran zu kommen, die einzige U-Bahn-Anbindung an den Rest der Welt. In diesen Jahren wuchs der jüngere Hurn in Hirschstetten auf, direkt an der Grenze zu Niederösterreich, wo sich Brutalismus und Ackerbau gute Nacht sagen (ein paar visuelle Eindrücke von dort hat Noisey eingefangen). Oft tat man sich den langwierigen Trip in die Stadt nicht an, blieb lieber am Block oder auf der G’stettn und bekämpfte die Langeweile - zum Beispiel mit verschiedenen Substanzen, Graffiti und Rap-Musik.

Nach dem Einstieg über Künstler wie Texta oder Kroko Jack experimentierte Yung Hurn mit Nachbarn wie Trytamine selbst an entschleunigten Songs und dockte bald bei den Salzburger Kollegen Young Krillin oder Casino Fog vom Hanuschplatzflow an. Als schließlich sein erstes eigenes Video im Netz auftauchte, war die Flamme innerhalb von Sekunden entfacht. Seitdem hat sich Yung Hurn dank seiner Scheißdrauf-Attitüde aber auch von immer größeren Hits zum Posterboy für eine wohlstandsverwahrloste Jugend entwickelt.

Yung Hurn und Fans

Politikwerft Designbüro (CC BY-SA 2.0) https://www.flickr.com/photos/politikwerft/28972879425

Obwohl er mittlerweile zwischen Berlin und Wien pendelt, Kunst macht und auf Fashion Week Parties verkehrt, bleibt Donaustadt als Anker für Yung Hurn offenbar weiterhin wichtig: 1220 ist nicht nur auf seinem Bauch tätowiert, es ist auch der Titel des ersten offiziellen Albums und die bei weitem meist verwendete Phrase darauf. Im Gegensatz zum frühen Mixtape 22 bleibt es aber bei dem Schlachtruf, denn die Schauplätze seiner Songs bleiben undefiniert. Die Hauptrollen spielen weißes Pulver, bunte Tabletten, lächerliche Hater und viele junge Frauen. Deren sexuelle Willenlosigkeit angesichts von Yung Casanovas Ausstrahlung wird nur an einem Punkt dezent gebrochen.

Aber für tiefere Erkenntnisse sind wir nicht gekommen - das Feiertags-Lebensgefühl voller Gönnung und ohne Hemmung wird hier jedenfalls zur Perfektion abgebildet. Mit Stickle als Hauptproduzenten klingt 1220 zudem sehr eingängig und funktioniert auch abseits der schon bekannten großen Singles. Ein echtes Album also, und jede Menge Medienecho (trotz quasi nicht vorhandener Interviews) - und das bei einem Musiker, der eigentlich bei Spotify-Singles und Insta-Stories verortet wurde! Next Stop: Bezirksrat Wien 22?

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