Nobel geht die Welt zu Grunde
Die beste Methode, um uns Menschen gegen den Weltuntergang zu wappnen, ist unser Vorstellungsvermögen. Vor allem natürliche und kosmische Katastrophen können wir sowieso nicht abwenden. Da nützt uns der Vorteil unseres Intellekts, denn während uns unser Vorstellungsvermögen beschäftigt, haben wir weniger Zeit, Angst zu haben. Und so üben sich Menschen gerne in düsteren Gedankenspielen. Wie wird die Welt dieses Mal untergehen?
Die neue Eiszeit
Der Weltuntergang ist die größte Tristesse - in allen Kulturformen und so auch im Computerspiel. Etwa die neue Eiszeit im aktuellen Game „Frostpunk“, wo der Name Programm ist: Die Temperaturen sind nach einer ungeklärten Naturkatastrophe sehr frostig geworden, was die Steampunk-Gesellschaft dieser Spielewelt dazu zwingt, London den Rücken zu kehren und in die Arktis zu ziehen. Ausgerechnet die Arktis? Ja, weil sie den Vorteil hat, noch voller wertvoller Ressourcen zu sein.
11 Bit Studios
„Sim City“ für Goths
Wir lassen uns in einem großen Krater nieder, in dem ein riesiger mysteriöser Ofen in den Himmel ragt. Wenn man ihn mit Kohle füttert, wird er der letzten Stadt der Menschen, die wir hier nun aufbauen, verlässlich Wärme liefern. Und die ist bitter notwendig: Bis zu minus 40 Grad Celsius bekommt es in dieser Eiswüste.
„Frostpunk“ von 11 Bit Studios ist für Windows erschienen.
„Frostpunk“ ist auf den ersten Blick nur mal ein visuell schickes Aufbauspiel. Doch bald schon werden wir die unmittelbaren Bedrohungen zu spüren bekommen, die so gar nichts von der Leichtigkeit eines „Sim City“ haben. Wir stellen rings um den Ofen Zelte auf, bauen danach ein kleines Krankenlager, dann eine Küche, später ein Jagdhaus. Doch immer noch sind manche Menschen unserer circa 80 Personen großen Gruppe ohne Unterkunft. Manche werden schon krank. Wir wollen neue Unterkünfte bauen, doch leider haben wir kein Holz mehr. Auch unsere Nahrungsvorräte werden nur für die nächsten zwei, drei Tage reichen.
11 Bit Studios
Bürgermeister des Untergangs
Die Spielerin wird in dieser höchst prekären Situation ständig vor schwierige Entscheidungen gestellt. Es sind Entscheidungen, die schwerwiegender und relevanter ausfallen als in vergleichbaren Aufbauspielen, weil es in dieser bitteren Kälte bei falschen Prioritäten schon bald die ersten Todesopfer zu beklagen gibt.
Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, und die Zeit ist auch eines der wichtigsten Werkzeuge in „Frostpunk“: Wir können in jedem Moment den Lauf der Dinge wahlweise stoppen oder ihn in drei Geschwindigkeiten abspielen lassen. Vor allem nachts bietet sich der Fast-Forward-Modus an, doch auch, wenn die Menschen nicht arbeiten, gibt es etwas zu tun: Etwa müssen wir während dieser Zeit JägerInnen in die Wildnis schicken, damit weiterhin für Nahrungsmittel gesorgt ist.
Auch kann man sich mit angehaltener Zeit besser überlegen, welches Gebäude man als nächstes bauen will, welche Technologie man erforschen möchte oder welches Gesetz man beschließen sollte. Denn verloren hat man in „Frostpunk“ nicht erst, wenn alle tot sind, sondern auch, wenn Moral und Hoffung am Boden sind und die Unzufriedenheit besonders groß wird. Es gäbe Gerüchte, dass manche Abtrünnige wieder nach London zurück wollen. Soll dieser riesige Aufwand, hierher zu kommen und einen Neuanfang zu versuchen, nun wirklich für die Katz’ gewesen sein?
Meisterentwickler des Düsteren
„Frostpunk“ ist das neue Spiel der polnischen Games-Entwicklerfirma 11 Bit Studios, die bereits mit ihrem Debütgame „This War of Mine“ begeistert haben. Da wie dort geht es um Trauer und Verzweiflung, aber auch um Hoffnung und Mut. 11 Bit Studios schaffen den Spagat, interessante, herausfordernde Spiele zu machen, ohne dabei jemals das Setting in den Hintergrund rücken zu lassen. Probiert es aus: Nach spätestens zwei Stunden „Frostpunk“ wird euch unweigerlich ein bisschen kalt werden. Und auch die Entscheidung, die Kinder mitten in der Nacht zur schweren Arbeit loszuschicken, wird noch länger im Kopf nachhallen. Es war notwendig, wird euch die Stimme im Kopf sagen. Aber stimmt das wirklich?
11 Bit Studios
Publiziert am 09.05.2018