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Marianne Jungmaier

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Keta, Kater, Hobbykeller

Die unpeinlichen Sexszenen der Marianne Jungmaier. Jungmaier hat sich für „Sonnenkönige“ in die Berliner Clubszene begeben, und auch einen Blick auf die dortige BDSM Szene geworfen.

Von Gerlinde Lang

„Das Buch ist für mich ein Experiment. Ich habe einen anderen Stil probiert und andere Themen, die nicht einfach sind: BDSM und so. Aber das ist etwas sehr Menschliches, das sich viele aber nicht anzusehen trauen. Mich hat es interessiert, ein bisschen grenzgängerisch unterwegs zu sein.“

Das war die Herausforderung, der sich die junge Autorin Marianne Jungmaier gestellt hat. (Ihr erstes Buch, „Das Tortenprotokoll“, handelt von einer sprachlosen Familie, die ihre Zuneigung höchstens mit Mehlspeisen ausdrückt, und von Omas geheimen Memoiren.)
Ihr neues Buch heisst „Sonnenkönige“, und ist tatsächlich ganz anders:

Experiment gelungen.

Auf Seite eins die erste Sexszene, auf Seite 9 fährt das Kokstaxi vor, und Seite 22 sieht die erste Bondage-Szene. Willkommen in der Berliner Hedonisten-WG rund um Ich-Erzähler Aidan, seine Freundin Hannah und seine Mitbewohnerinnen Sam und Cherry.

„Die Hauptcharakterinnen(!), Sam und Cherry, führen eine BDSM Beziehung. Für mich war das wichtig, dass (in meinem Buch) eben Frauen mit einer starken Sexualität, die sie selbst gewählt haben, (vorkommen), und dass ich zwei Frauen, die zusammen sind, darstelle. Für mich ist das in den Medien noch zu wenig vertreten: Dass Frauen eine selbstbestimmte, selbstgewählte Sexualität ausleben.“

Cover "Sonnenkönigin"

Scheriau Verlag

Jungmaier hat sich in die Berliner Clubszene begeben, und auch einen Blick auf die dortige BDSM Szene geworfen.

„Ich mein‘, in Berlin ist das relativ aufgelegt. Wenn man dort lebt und ausgeht, oder auch wenn man sich mit Sexualität auseinandersetzt, kommt man schnell in Berührung mit dieser Szene.“

Der sanfte bisexuelle Aidan und die Frauen sind Träumer und Sucherinnen. Sex- und andere Partner faden in Aidans Leben rein und auch wieder hinaus. Man träumt vom jährlichen Hippiefestival in der amerikanischen Wüste, von der Liebe, oder auch nur von der Festanstellung. Es ist eine Welt, in der sogar schon Aidans Chefin ein Ayahuasca-Ritual mitgemacht hat - Festanstellung in der Online-Musikredaktion kriegt er von ihr trotzdem keine. Ein bisschen Hölle für alle. Kein Wunder, dass man da solide Hobbies braucht, Technoparties in der Pampa rund um Berlin, bisschen Basteln im Keller fürs Wüstenfestival, Drogen, Sex: Cool oder bemüht oder öde. Marianne Jungmaier kann das schreiben, ohne dass es peinlich wird.

Was braucht man, um eine gute Sexszene zu schreiben?

"Man braucht eigene Erfahrung,das ist klar! Und für mein Buch war’s ganz spannend, weil ich eben heterosexuelle Begegnungen selber kenne, aber keine homosexuellen. Ich hab mir dann einfach Hilfe geholt. Ich hab einen Freund, der mit einem Mann zusammen ist, gebeten, meine Szenen durchzulesen. Ich hab sie wirklich mit ihm durchgekaut. Physisch: Wo kommt die Hand hin, wo kommt der Fuß hin, wie geht das, wo ist die Anziehung. Interessant, weil das zwischen Männern unterschiedlich ist als zwischen Männern und Frauen. Da hab ich sehr viel gelernt!

Ich glaube, Sexszenen gehören zu den schwierigsten Dingen, über die man schreiben kann. Es ist immer eine Gratwanderung. Wie viele Details gibt man preis? Ich finde, man kann dem Leser sehr viel überlassen. Wenn man ihm einige Worte gibt, einige Striche malt, dann kann seine Fantasie schon loslegen… und Fantasie haben wir ja alle."

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