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FM4 Schnitzelbeats- In-Seit

Wiener Brut

FM4 Schnitzelbeats

FM4 Schnitzelbeats - „IN"seit

Wir bringen heute ein Portrait über die Linzer Synth-Punk-Pioniere „IN"seit. Aus gegebenem Anlass: Das Reissue-Label Wiener Brut hat dieser Tage eine LP-Anthologie mit unveröffentlichten "IN"seit-Demos und -Raritäten herausgegeben.

Von Al Bird Sputnik

Die Stahlstadt in den frühen 80er-Jahren: Musikalisch dominiert von Rock-N-Roll-lastigen Facetten des Punk in Gestalt von Willi Warma und Miss Molly’s Favourites, hatte elektronische Musik in der Subkultur noch einen untergeordneten Stellenwert. Vielfach assoziierte man Synthesizer und Sequenzer auch noch mit den symphonischen Sound-Tüfteleien der Linzer Progressive Rocker Eela Craig („Missa Universalis“), die sich Mitte der 1970er-Jahre auf Band-Bildern gerne mit einer LKW-Ladung an kostspieligen Tasteninstrumenten in Szene setzten. An Pomp und Opulenz nicht zu toppen, war Eela Craig gewissermaßen die fleischgewordene Antithese zu Punk.

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Park Records

Ich war dann der erste, der in Linz live einen Drum-Computer eingesetzt hat", erzählt der Keyboarder und Elektronik-Pionier Philipp Wagenhofer (alias Philuter) im Interview, der in den späten 1970er-Jahren in einer kurzlebigen New Wave-Formation namens Inside gespielt hatte. „Da haben die Leute ziemlich geschaut. Der Drumcomputer ist gelaufen und wir haben da dazugespielt. Und das haben sie überhaupt nicht verkraftet. Entsprechend waren die Reaktionen.

Zur Gründung von „IN"seit kam es im Jahr 1980, als Wagenhofer eines Abends die Sängerin Irene Judmayr auf einer Party an der Kunstuniversität Linz kennengelernt hatte, wo sie mit einer Band auf der Bühne gestanden war. „Ich hab mir gedacht, die könntest du doch fragen. Die hat eine gute Stimme“, erinnert sich Wagenhofer. „Ich bin hingegangen und hab ihr gesagt, dass ich elektronische Sachen mache und habe sie gefragt, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnte“. Und sie konnte.

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Park Records

Mehr noch, Irene Judmayr wurde zur New Wave-Chanteuse Irene Sirene und kreierte auch den Namen fürs neue Projekt: "IN"seit. Es folgten die ersten Live-Auftritte, häufig bei Vernissagen oder in einem erweiterten Kontext der Linzer Kunstuniversität, an der Judmayr damals studierte. Der Sound, den "IN"seit auf die Bühne brachte, erwies sich als eine erfrischende Erweiterung des kleinen, aber äußerst vitalen Linzer Punk- und New Wave-Spektrums: Wummernde Elektro-Loops und harte, tanzbare Beats trafen hier auf dadaistische, simple Lyrik, cool und unkonventionell vorgetragen. Musikalisch irgendwo zwischen Synthie-Pop, Elektropunk und Cold Wave.

Die Band ging zum ersten Mal in ein Aufnahmestudio, um zwei Songs für den Benefiz-Samplers „Linzer Szene für ein Rockhaus“ (Park Records) einzuspielen, auf der sich "IN"seit mit 14 weiteren Bands aus Linz und Umgebung verewigten. "Ende der 70er-Jahre und Anfang der 80er-Jahre ist wahnsinnig viel produziert worden“, ergänzt Wagenhofer das Bild. „Ich glaub’, es hat nie so viele Gruppen gegeben in Linz, wie damals. Und alle haben natürlich etwas aufgenommen. Vieles nur auf Kassetten. Aufnahmen, die nie gepresst wurden. Es gab ein irrsinnige stilistische Vielfalt. Es waren wahnsinnig viele Leute beteiligt und es ist alles selber gemacht worden. Und man hat geschaut, wo man noch Auftrittsorte findet. Oder dass man Aufnahmen macht. Alles von A–Z ist selber gemacht worden.

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Park Records

Anlässlich der Präsentation der Compilation im Jahr 1982 gaben „IN"seit ihr vermutlich bestbesuchtes Konzert in der Linzer Sporthalle. Kurze Zeit später erschien zudem auch der einzige Longplayer der Band. "Für die LP haben wir uns Zeit gelassen“, ruft sich Wagenhofer in Erinnerung. „Wir haben vieles eingespielt und dann wieder verworfen. Und wieder eingespielt. Manches würde ich heute so nicht mehr draufgeben. Anderes Material, das verworfen worden ist hingegen schon. Wir haben auch verschiedene Musiker ins Studio geholt. Linzer Fixgrößen sozusagen: Gitarristen, Saxophonisten, die zu den Elektronik-Tracks dazugespielt haben. So ist das entstanden. Nach einem Jahr haben wir’s dann endlich fertig gehabt.

Das beschriebene Album „Grosskariert“ (Park Records) erschien in einer Auflage von 2000 Stück im D.I.Y.-Eigenvertrieb der Band. Heute zählt es zu den gesuchtesten Tonträger-Erzeugnissen der heimischen New Wave-Ära und erzielt auf Sammlerbörsen dreistellige Beträge.

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Park Records

Nach einer weiteren Single („Nachtschwärmer“) für das Tiroler Majorlabel Koch Records im Jahr 1983, stellten „IN"seit ihre musikalische Kooperation ruhend und die beiden Band-Mitglieder Irene Judmayr und Philipp Wagenhofer beschritten berufliche Laufbahnen im Journalismus.

Dass es rund 35 Jahre später einen neuen Tonträger-Release der Band "IN"seit zu feiern gibt, freut Philipp Wagenhofer: "Ja, das ist für mich unglaublich, dass das Interesse immer noch da ist, weil das ja zeigt, dass man über die Jahre hinweg konsumiert worden ist. Dass man damals was kreiert hat, das Jahre später auch noch funktioniert. Oder zumindest aufgegriffen wird. Das freut mich natürlich wahnsinnig, dass das gemacht wird und auf Vinyl gepresst wird.

Out now! „Penetranzen“, erschienen beim Reissue-Label Wiener Brut, das auch schon für die „Poligam“-LP im letzten Jahr verantwortlich zeichnete. Ausschnitte aus einem Interview mit dem Label-Betreiber Florian Stöffelbauer aka DJ Heap sind oben in der Langfassung der Schnitzelbeats im FM4 Soundpark nachzuhören. Wir bedanken uns für die Aufmerksamkeit!

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Wiener Brut

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