FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Zeltplatz

Patrick Wally

Der zweite Tag am Nova Rock 2018 mit Rise Against

Über das Mensch-Sein in den Pannonia Fields und das Festival als eine Art zu Hause.

Von Susi Ondrušová

Der Boden unter den Füßen hier am Festivalgelände ist weich. Am ersten Tag dominierte noch der Regen und die Kälte. Am zweiten Festivaltag überwiegt die Sonne und so verfestigt sich der Schlamm der von den angereisten Festivalbesucher_innen bewandert wird. Zeltplatz, rote Bühne, blaue Bühne und Getränkehersteller-Bühne. „Wie Moor“, meint ein Fan auf die Frage wie sich der Boden anfühlt. „Wie die Katakomben im Stephansdom“ meint ein anderer Besucher auf die Frage wie es sich am Nova Rock so geht. Neben der Konsistenz der Erde soll am zweiten Festivaltag auch Geruch eine Rolle spielen. Es riecht wie Scheiße. „Als ob man in trockene Hundescheiße steigt!“ sagt ein Besucher. „Das Festival hat einen sehr eigenen Geruch. Sehr feucht. Mit dem Hauch von Eau de Toilette!“ Andere reden über Düngemittel oder beschreiben die olfaktorische Note mit „Wie im Stadtpark in Graz“. Oder auch: „Dreck, Bier und a bissi Wiesn! Das ist die Dreifaltigkeit, nach der es hier riecht!“

Festivalbesucher im Schlamm

Patrick Wally

Ein Festivalbesucher erzählt am FM4-Stand, dass ihn das Einlasspersonal bei der Bändervergabe im Kreis geschickt hat. Das heißt hier auf dem Gelände einige tausende Schritte im Schlamm-Moor machen. Das hat ihn geärgert. Es ist ihm trotzdem etwas Gutes passiert: er hat seine Freundin wiedergefunden. Wohlfühlen ist hier hoch im Kurs. Höflichkeit ebenfalls: „Oida heißt hier Bitte!“ sagt ein Nova Rock Gast. Eine andere Besucherin meint „Man versteht sich mit jedem!“ Zustimmendes Nicken vom Nachbarn, der wiederum sagt: „Es ist ein Geben und Nehmen. Ich kann da endlich wieder Mensch sein!“ oder: „Festival kann man einfach genauso sein, wie man sein möchte!“ sagt ein treuer Nova Rock Besucher im Plüschkostüm. „Ich bin nicht verkleidet! Das bin ich!“
Als was werden sich diese Festivalgäste nach dem Montag, dem Abreisetag denn verkleiden? „Arbeitsgewand. Elektriker!“ erinnert sich ein Besucher an sein Leben außerhalb der Pannonia Fields. Während seine Freundin verlautbart sie werde den Tag nach dem Festival „als faule Sau auf der Couch“ verbringen.

Nightliner am Festivalgelände

Patrick Wally

Tim McIlrath, Sänger von Rise Against zieht bewundernd die Augenbrauen hoch als ich ihm erzähle, dass für manche „early camper“ das Festival schon am Dienstag begonnen hat. Für einige tausend der 55.000 Festivalgäste ist hier am Freitag also so etwas wie die Halbzeit erreicht. „I want to thank everyone who showed up, partied and sang. You make all this possible and you make it all worth it!“

Tim McIlrath von Rise Against

Susi Ondrusova

Tim McIlrath/Rise Against

Er kann sich noch an die Zeit seiner musikalischen Anfänge erinnern, an seine Bands vor Rise Against. Als er vor Menschen gespielt hat, die weder T-Shirts mit seinem Bandnamen getragen haben, noch sich dafür interessiert haben wie seine Band überhaupt heißt. Tim McIlrath benutzt das Wort „demütig“ wenn er an sein Leben mit dieser Band denkt. Acht Alben zum Beispiel. Die letzten 19 Jahre seines Lebens.

“It´s kind of like being a superhero and then going back to being Clark Kent. You go to a place and everybody knows your name and they put you on a pedestal. And they give you credit for things that you don’t even deserve credit for. Just by walking onto a stage and writing songs! It’s easy to feel like a superhero. And then when you go home... I´m a family guy. I´ve been married for a very long time. I have two beautiful daughters. When I go home, I am very humbled by my family. My daughters can’t name one Rise Against Song.”

Festival ist gefeiert werden und feiern. Die besten Momente sind die, die einen überraschen. Dass man zum Beispiel mehr Anti-Flag Songs mitsingen kann, als man gedacht hat. Oder Bad Religion. Alle drei dieser Bands, die ich am Nachmittag in ihren Backstage-Kojen treffe, erwähnen unabhängig voneinander ihre Wertschätzung. Sie sind gleichgesinnte und im selben ideologischen Eck zuhause. Punk, Protest, Respekt.

“The show is either a rally of solidarity and people who are all on the same page and agree with each other and were there to support each other and to show each other in this one hour of the day: Here is your family. Here are your likeminded people.”

So ist ein Festivaltag also für manche wie nach Hause kommen. Bad Religion sind rein geographisch in Los Angeles zu Hause, Anti-Flag kommen aus Pittsburgh, Rise Against aus Chicago. Zuhause ist für sie in den nächsten Wochen die Bühne und der Tourbus, der auf einem asphaltierten oder staubtrockenen oder vom Regen aufgeweichten Boden parallel zu den anderen temporären Wohnzimmern der anderen Bands parkt. Zuhause ist jedenfalls nicht die geographische Heimat und Heimat ist nicht Tradition, sondern die Erinnerung an Momente des Zusammenhalts.

Nothing But Thieves, Life Of Agony, Ebow, Anti-Flag, Jugo Ürdens und Jonathan Davis

The Prodigy, Crazy Town und Otto & Die Friesenjungs

Aktuell: