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APA/AFP/Mladen ANTONOV

Blumenaus WM-Journal

Willkommen im WM-Alltag: strauchelnde Favoriten und privilegierte Europäer

Außerdem: Messi raus! Gerechtigkeit für Cueva! Und Australien raus aus Asien!

Von Martin Blumenau

Jetzt ist es eine Fußball-Weltmeisterschaft, wie wir sie kennen. Mit Favoriten, die schwer in die Gänge kommen oder gar straucheln. Und mit europäischen Mannschaften, die wenig zeigen und qua Herkunft und Privileg belohnt werden. Und genug boulevardistischen Diskusionsstoff für die nächsten Tage, Stichwort: Messi.

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Deswegen meine königsmordende Provokation vorneweg: Messi raus, Dybala rein! Das hätte schon gegen Island den Sieg gebracht und wird das argentinische Spiel, das auch heute wieder allzu sehr um Messi herumgebaut werden musste und deshalb wieder einmal verbaut war, durchlüften.

Messi in all seiner durchaus berechenbaren Genialität hinzustellen, hat es Island deutlich leichter gemacht seine gefängnisähnliche Defensiv-Strategie (Prison Break) durchzubringen: Wenn man sich nur auf einen einzelnen Gefangenen konzentrieren muss und davon ausgehen kann, dass dessen Mithäftlinge alle Aktionen seinem Wohl unterordnen, dann wird er den Ausbruch eher nicht schaffen. Island kann man nur durch asymmetrische Strategien begegnen.

Und wenn Messi nicht einmal das Geschenk eines Elfmeters annimmt, dann sollte er eine Pause kriegen. Andere werden mit Druck besser fertig (CR7 gestern etwa...) Der andere Elferverschießer, der Peruaner Cueva, sollte ebenso wie der nigerianische Eigentor-Unglücksrabe Etebo in unser Abendgebet an den Fußball-Gott eingeschlossen werden. Nicht-Superstars haben den Bonus, dass sie konsequenzlos versagen dürfen, ganz ohne unseren Spott.

Tschutti Heftli Matchplakat Frankreich Australien

Tschuttiheftli

Das TSCHUTTI Matchday Plakat zu Russland - Saudi Arabien.

Das Erbe der Väter zählt

Dass beides dazu führte, dass die doch etwas fadgesichtigen Weißbrot-Teams aus Dänemark und Kroatien voll punkten konnten (die einen ziemlich unverdient, die anderen nicht so ganz; Nigeria zeigte über weite Strecken Mutlosigkeit), zeigt wieder einmal, dass sich europäische Privilegien in jedem Fall auszahlen: bessere Ausbildung, bessere Schulen, weniger Stress im Umfeld, mehr Gelassenheit im Alltag - und das alles dank des Erbes der Väter (bis hin in den tiefen Imperialismus, der die außereuropäische Welt großflächig versklavt hatte). Es sind eben zu allermeist die Erben, die an der Spitze stehen, im echten Leben wie in der Fußball-Hierarchie. Es lebe die Nomenklatura!

Eines noch: Australien muss dringend raus aus Asien. Dort gehören sie verbandsmäßig gesehen ja seit einigen Jahren hin, und es war als Befreiungsschlag gedacht, um der schwachen ozeanischen Konkurrenz zu entgehen. Hat nicht funktioniert. Mittlerweile spielen die davor wenigstens noch britisch beeinflussten Aussies denselben unausstehlichen und kaum anzuschauenden Fußball wie der Iran oder Saudi-Arabien, haben sich assimiliert im Niveau des fußballerisch schwächstmöglichen Kontinentalverbands. Vorher war man, als Solitär, zumindest eine Wundertüte - jetzt ist das nur noch bemitleidenswert.

Noch einmal: die taktischen Formationen vorm Spiel

Ein Wort noch zu Frankreich: Das war auch nicht weltmeisterlich. Keine formationsübergreifende Geschmeidigkeit, wenig Initiative, wenig Kohärenz und zwei glückliche Tore. Obwohl: Der Videobeweis ist heute doch durchaus sinnvoll in Erscheinung getreten, oder? Und hat nicht die befürchtete langwierige Untwerbrecher-Kultur eingeführt.

Mit den eingeblendeten taktischen Formationen hat es heute auch besser geklappt. Annäherungswerttechnisch: bei Frankreichs Angriffs-Rotation lässt sich einfach nicht sagen, wo Griezman oder Mbappe wirklich spielen; und das ist ja auch gut so. Ansonsten wurde das 4-3-3 ebenso erkannt wie das australische 4-4-1-1 nd Argentiniens 4-4-Messi-1.
Dass Island Gylfi Sigurdsson so weit nach vorne, fast neben die einzige Spitze ziehen würde (und das war dann auch 75 Minuten lang so), war nicht vorherzusehen. Details wie die höchst unterschiedliche Interpretation eines 4-2-3-1 (wie bei Peru und Dänemark ebenso wie bei Kroatien und Nigeria) verlangt eh keiner.

Außerdem bräuchte man mittlerweile ja fast schon zwei Formations-Charts: eine für die Offensive und eine für die Defensive. Obwohl: Defensiv spielen mittlerweile fast alle gleich - zwei Viererketten und davor zwei Störenfriede. Heute haben es sieben von acht so gemacht - bis auf die Franzosen, die aber praktisch nie in die Verlegenheit gekommen sind, sich wirklich über längere Zeit defensiv staffeln zu müssen.

Auch so eine Privilegien-Sache.

Gruppe A Gruppe B Gruppe C Gruppe D
Russland Portugal Frankreich Argentinien
Saudi-Arabien Spanien Australien Island
Ägypten Marokko Peru Kroatien
Uruguay Iran Dänemark Nigeria
Gruppe E Gruppe F Gruppe G Gruppe H
Brasilien Deutschland Belgien Polen
Schweiz Mexiko Panama Senegal
Costa Rica Schweden Tunesien Kolumbien
Serbien Südkorea England Japan

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