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EU-Fahne verwebt mit Copyright-Zeichen

CC0 gemeinfrei via Pixabay

Erich Möchel

Upload-Filter passieren Rechtsausschuss des EU-Parlaments

Mit 14 zu neun Stimmen hat der Rechtsausschuss für die umstrittenen Upload-Filter gestimmt, auch das Leistungsschutzrecht für Verleger hat eine knappe Mehrheit gefunden. Die Richtlinie kommt als Nächstes ins Plenum des Parlaments.

Von Erich Möchel

Mit überraschend großer Mehrheit, nämlich mit 14 zu neun Stimmen bei zwei Enthaltungen stimmte der Rechtsausschuss im EU-Parlament für eine umfassende Filterung des Internets in Europa. Andere umstrittene Passagen wie das Leistungsschutzrecht für Printverleger kamen auf knappe Mehrheiten von 13 zu zwölf Stimmen. Wie der Text der Richtlinie nach dieser Abstimmung aussehen wird, ist derzeit nicht zu sagen, alle Änderungsbegehren wurden einzeln abgestimmt.

Die Abstimmung begann mit einem Knalleffekt. Der Berichterstatter Axel Voss (EVP) wollte die Abstimmung noch verschieben, um neue, in letzter Minute mündlich eingegangene Änderungsanträge einzuarbeiten. Dieses Manöver wurde von der Ausschussmehrheit mit Stimmengleichstand abgelehnt. Die Richtlinie kommt wahrscheinlich noch vor der Sommerpause zur Abstimmung ins Plenum des EU-Parlaments.

Die EU-Parlamentarier Julia Reda und Axel Voss

EU-Parlament

Berichterstatter Axel Voss (EVP) bei der Abstimmung im Rechtsausschuss

„Modernes Urheberrecht schaut anders aus“

„Ein modernes Urheberrecht schaut anders aus. Wenn bereits das Verbreiten der Vorschau zu einem Zeitungsartikel online nicht mehr möglich ist, betrifft das unser aller Nutzverhalten“, kommentierte die Abgeordnete Evelyn Regner (SPÖ), die einzige Abgeordnete aus Österreich im Rechtsausschuss des EU-Parlaments. Nicht nur der Informations- und Meinungsaustausch aller werde dadurch massiv eingeschränkt. Gerade kleinere Verlage seien auf die Verbreitung von Ausschnitten oder Vorschauen ihrer Artikel in den großen Suchmaschinen angewiesen.

Evelyn Regner

APA/ ROBERT JAEGER

SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner

„Nicht einmal der Chefverhandler des Europäischen Parlaments kann heute abschätzen, für welche Plattformen der Gesetzestext, den er selbst maßgeblich formuliert hat, gelten soll“, so Regner abschließend, von Rechtssicherheit könne also keine Rede sein. Den Ausschlag bei der Abstimmung hatten offenbar die beiden Rechtsfraktionen EFDD (EU-Gegner) und EFN gegeben, der auch die FPÖ angehört.

IT-Branchenverbände warnten vor Zensur

Seit sich vor einer Woche verbreitet hat, dass auch die beliebten Memes plötzlich kostenpflichtig werden sollen, herrscht ein Proteststurm im Netz.

Zuletzt hatten sich am Montag die deutschen Branchenverbände der Digitalwirtschaft Bitkom und eco, die ansonsten handzahme PR für ihre Klientel betreiben, in deutlichen Worten gegen Upload-Filter ausgesprochen. Mit Upload-Filtern werde die Grenze zwischen Kontrolle und Zensur eindeutig überschritten, hieß es vom Verband Bitkom. Eco stieß ins gleiche Horn und warnte vor künftiger Zensur durch Privatunternehmen und der Zerstörung der Kultur des Teilens und der Kollaboration im Internet.

Beide wiesen auf das „krachende Scheitern“ des Leistungsschutzrechts in Deutschland hin. Das war auf Druck der deutschen Verlegerverbände durch eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes im August 2013 eingeführt worden. Außer den Verlegern - angeführt von Burda, Springer und der „Frankfurter Allgemeinen“ - gab es keine weiteren Unterstützer. Daraufhin entfernte Google diese Angebote zwar nicht aus seinem Suchindex, zeigte sie aber in Google News nicht mehr an. Die Klickraten für die betreffenden Websites gingen daraufhin um mehr als ein Drittel zurück.

Die EU-Parlamentarier Julia Reda und Axel Voss

EU-Parlament

Die auf Urheberrecht spezialisierte Abgeordnete Julia Reda (Grüne), die einzige Piratin im EU-Parlament, führt die Allianz der Kritiker an

Deutscher Leistungsschutz als Fiasko für Verleger

In kürzester Zeit gaben die deutschen Verleger klein bei und erteilten Google eine Exklusivlizenz zur unentgeltlichen Anzeige von Titel und Anrissen ihrer Artikel. Für alle anderen, nämlich kleinere Suchmaschinen und Dienste deutscher Anbieter galt das nicht. Damit wurde die Stellung Googles als Quasimonopol für Internetsuchdienste in Deutschland noch gestärkt.

Die Copyright-Novelle wurde noch von Ex-Digitalkommissar Günther Oettinger im September 2016 gestartet. Upload-Filter und Leistungsschutz waren von Anfang an heftig umstritten.

In Spanien hatte Google seinen News-Feed nach einem ähnlichen Gesetzesvorstoß einfach abgedreht, was vor allem kleinere Medienanbieter empfindlich traf. Bis jetzt haben die Anwaltskosten der Verlage alle Erträge aus dem deutschen Leistungsschutzrecht aufgefressen. Die Deutsche Telekom bezahlte einmal und entfernte dann den Newsfeed der Verlage von seinem Webportal, nur Google hält eine Gratislizenz.

Upload-Filter als Zählwerk für den Leistungsschutz

Warum man dann auf EU-Ebene dasselbe noch einmal versuchte, ist schnell erklärt. Im Digitalressort von Kommissar Günther Oettinger war man auf die Idee gekommen, in der Regulation auch eine Vorabfilterpflicht für Soziale Netzwerke und Sites wie YouTube vorzuschreiben. Mit dieser Filterpflicht, die einen automatisierten Mechanismus zur Identifikation und gegebenenfalls zur Blockierung der hochgeladenen Inhalte voraussetzt, hatte man zugleich den Mechanismus zur Abrechnung von Lizenzgebühren an die Verleger vorgeschrieben.

Welt.de Screenshot

Welt.de Screenshot

Während der Chef des Axel-Springer-Verlags, Maththias Döpfner, durch die Lande tourt und gegen Google wettert, geben die Medien seines Hauses sämtliche Interessenprofile der Onlinezeitungsleser an Facebook, Google und an eine dreistellige Zahl anderer Services und Datenhändler weiter. Je mehr verschiedene Daten pro Benutzer übermittelt werden, desto teurer wird der Datensatz.

Da Filter eben alles filtern müssen, um durch Copyrights geschützte Inhalte auszusortieren, werden dabei auch Links zu Websites von Printprodukten erfasst. Es braucht dann nur noch ein einfaches Zählwerk für jeden Link, der aus einem Suchindex oder einem Sozialen Netzwerk auf die Website eines europäischen Printverlags führt.

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