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Antilopen, Schweinehund & Phoenix

Beim HipHop-Freitag auf der FM4-Bühne des 35. Donauinselfests stehen erstmals gleich viele Frauen auf der Bühne wie Männer. Die Höhepunkte eines ungewohnt kühlen Abends: Mavi Phoenix, Haiyti, Kreiml & Samurai und die Antilopen Gang.

Von Florian Wörgötter

Das Donauinselfest 2018 feiert sein 35. Jubiläum. Traditionell steht der Freitag auf der FM4-Bühne im Zeichen des HipHop. Weniger traditionell: die niedrigen Temperaturen. In den vergangenen Jahren stieg die Höchsttemperatur direkt proportional mit dem Alter des Donauinselfests. Nun fällt die Kurve von über 30 Grad in den Keller auf kühle 15 Grad inklusive Schauer und Wolken.

Eine weitere Premiere: Erstmals erfüllt das Line-Up (ab 18 Uhr) eine Frauenquote von 50 % – mit allesamt mehr als nur Quotenfrauen. Ein positives Signal für mehr Sichtbarkeit der hohen Qualität abseits der dicken Hosen im Lande. Und: Zum Einstand wünscht Neo-Bürgermeister Michael Ludwig per Videobotschaft dem Publikum „Glück auf“ und „Freundschaft“.

Kreiml & Samurai

Nachdem Negroman mit jazzigen Beats gegen die tränenden Wolken ankämpft, bekommt der Schweinehund heute wieder Auslauf auf der Insel: Das Wiener Rap-Duo Kreiml & Samurai ruft die „Festivalzeit“ aus (mit Dark Poet) und holt die Sonne aus den Wolken hervor („Wir tanzen Macarena bis de Sunn kummt“).

Die beiden Rapper aus dem Dunstkreis von Honigdachs Records haben mit ihrem dritten Album „Wuff Oink" die Schweinehund-Trilogie vollendet. Ihr Motto: „Die oiden Rezepte san immer die Besten.“. Daher bleibt’s dabei: „Wunderschene Beats unter grauslichen Texten.“ Ihren aktuellen Klischee-Verriss „Wiener“ müssen sie heute leider ohne Bruder im Geiste Monobrother aufführen. Doch während sein Part vom Band läuft, schunkeln sie andächtig mit Schweinsschädel- und Hundekopf-Masken.

Weitere Konzerte von Kreiml & Samurai: 13. Juli beim Open Air Ottensheim, 14. Juli beim Rock im Dorf, Schlierbach, 28. Juli am Popfest Wien, 12. August beim Free Tree Festival, Taiskirchen.

Yasmo & Die Klangkantine

Die beste Ankündigung des Abends kommt von Host Joe Joe und seinem dreijährigen Sohn J.J. (Jo Junior), der ins Mikrofon säuselt: „Make some noise. But don’t move it so fast!“.

Die Wienerin Yasmo hat sich auf der Bühne in mehrfacher Hinsicht einen Namen gemacht – als Slampoetin, herausragende Female MC, couragierte Meinungsmacherin und seit dem letzten Amadeus Award auch als Gleichstellungsbeauftragte der österreichischen Musikindustrie.

Heute ist sie die erste von drei Frauen im Line-up. „Sind Feministinnen hier?“, fragt Yasmo in die Menge. Auch wenn der Frauenanteil vor der Bühne schon gestiegen ist, melden sich nur ein paar Stimmen zu Wort. Ihr Song "Girls wanna have Fun“ erklärt dem Rest Feminismus für Dummies. Eigentlich simpel: Frauen wollen nicht mehr oder weniger, als nicht mehr oder weniger für das, was ihre mehr oder weniger männlichen Kollegen bekommen.

Ihre Bigband Die Klangkantine (sieben Männer, eine Frau), mit der sie auch das letzte Album aufgenommen hat, unterstützt sie mit vier Bläsern (zwei Saxofone, eine Posaune, eine Trompete), Glitzerdrums, Keys, Bass und Gitarre. Für den kühlen Wind hat Yasmo das richtige Rezept für mehr Wärme: Tanzen. Für das raue soziale Klima: Einfach nett sein.

Yasmo & Die Klangkantine spielen am 31. August beim Sonograph Festival im OKH Vöcklabruck.

Haiyti

Die Hamburgerin Haiyti hat die deutsche Rap-Szene und das Feuilleton gleichzeitig in Geiselhaft genommen. Mit ihrer chronisch überzeichneten Selbstdarstellung als Gangster-Pop-Bitch. Zwischen verruchtem Rotlicht-Milieu und schlampig designter Kunsthochschule. Mit „Kontostand Broke", einem Näschen „Coke“ und der abendlichen „Soap“.

Auch wenn ihr heute offenbar jemand Alkohol in ihren Martini gemischt hat, wandert sie ständig hin und her und verbringt viel Zeit am Bühnenrand. Sie ist auf ihre Art liebenswert schrullig, wenn sie sich vor jedem Song verplant vor die Setlist kniet, um dem Fahrplan zu folgen („Ich habe dazugelernt“). Zuviel Professionalität wäre für Cloud Rapper auch geschäftsschädigend.

Bei kühlen 15 Grad Celsius bringt sie mit „Bahama Mama" karibische Vibes, ein bisschen Italiano mit Giuliano und Südstaaten-Schweiß mit zuckenden Trap-HiHats vor die FM4-Bühne. Ihr Playback im Refrain und den Zweitstimmen krächzt im bis an die Schmerzgrenze gedrillten Autotune-Effekt, doch Haiytis Live-Stimme klingt klar, was ihr eigentlich besser steht. Zum Finale springt das junge Publikum im Blitzlichtgewitter zum technoiden Chorus von „Berghain“: „Ich war noch nie im Berghaim, bitte lasst mich da nicht rein“.

Alle, die heute nicht dabei waren, können Haiyti am 26.10. im PPC Graz erleben.

Mavi Phoenix

Die ersten Worte nach dem englischsprachigen Radiohit „Quiet" überraschen: „Wie gehts äch heid? Freid mi voi, dass I für Eich spün deaf!“. Die Linzerin Mavi Phoenix zeigt nicht nur in ihrem Future-Pop/R&B-Entwurf, dass sie eine coole Socke ist, sondern auch, wenn sie ihre weiße Sonnenbrille hochnimmt, die Jacke bis zu den Ellbogen runterzieht wie ein Backstreet Boy oder ihr linkes Knie schwingt und wie ein Wirbelwind hin und her hüpft.

Die Linzerin gilt schon länger als Nachwuchshoffnung mit internationalem Potenzial. Vor vier Jahren spielte sie schon einmal auf der Donauinsel – als Featuregast zwischen den „echten“ Bands, wie sie sagt. Heute konzentriert sich das Publikum voll auf sie und ihren zweiten Gig mit Bassisten und dem Live-Drummer mit dem hohen Stockeinsatz.

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„Ich kann ein bisschen Deutsch, ein bisschen Englisch, ein bisschen Spanisch", sagt Mavi zwischendurch. „In Spanisch bin ich sogar durchgefallen.“ Sitzenbleibern könne sie aber nichts auf den Weg mitgeben. Das Gegenteil ist aber der Fall: Ein paar Phrasen wie „Mi Casa es su Casa“ oder „Lo siento avventura“ reichen anscheinend, um einen Hit für eine Mode-Kampagne in Spanien zu landen und für zwei Konzerte auf das große Primavera Festival eingeladen zu werden.

Weitere Konzerttermine der Tour von Mavi Phoenix: 20.11. im Rockhouse Salzburg, 21.11. im PPC Graz, 23.11. im PMK Innsbruck, 24.11. im Posthof Linz.

Antilopen Gang

Wie schon der Headliner im letzten Jahr hatte heuer die Antilopen Gang Anreiseschwierigkeiten: Ihr Tourbus ist irgendwo in Deutschland auf der Strecke geblieben. So schnappte man sich kurzerhand den Tourbus der Wiener Wanda. Auch wenn sie ihre Betten nicht benutzen durften, wirken die Rapper Koljah und die Gebrüder Panik Panzer und Danger Dan ausgeschlafen.

Das linke Gewissen der deutschen HipHop-Szene reitet auf dem Trojanischen Gaul auf die Bühne – mit viel Gitarren-Punk und der weltrettenden Maßnahme schlechthin: „Pizza“. Denn jeder Revolutionär braucht Pizza und Gewehr – ob als Wurfgeschoß in Tiefkühlform, wenn die Bullen anrücken, als Bestechung für den Richter oder als Feilen-Träger für den Ausbruch aus dem Knast.

Außerdem lüften sie dank Feldforschung bei Bon Jovi, Green Day oder U2 das Geheimnis, wie man ein Festival-Publikum aus dem Dreck zieht: Während Danger Dan in „Tindermatch“ in die Tasten seines Pianos haut, erzählen die anderen beiden die potenzielle Lovestory von Denis, dem radikalisierten IS-Aspiranten und Lutz, dem deutschen AFD-Wähler. Ihre gemeinsame Interessen – Hass auf Schwule oder Juden – machen sie zum Tinder-Traumpaar. Abschließend noch staubende Moshpits und ein zweigeteiltes Publikum, das aufeinander losrennt wie wilde Wikinger beim Revierkampf.

Die Antilopen Gang kommt am 26. Juli zum Poolbar Festival. Danger Dan’s Solo-Tour führt ihn am 21.9. ins Wiener Chelsea.

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