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Veronika König aka FARCE

Magdalena Fischer

Lebensliebe Popmusik

Mit „Heavy Listening“ ist Farce eines der spannendsten Debüt-Alben des Jahres gelungen. Wir haben mit der Produzentin und Sängerin über ihre neue Platte, Orgeln, Angst und den Triumph der Liebe gesprochen.

Von Daniela Derntl

Am Anfang und am Ende steht ein Orgelton, dazwischen kehrt Veronika König aka Farce 52-Minuten lang ihr Innerstes nach Außen. Die zwölf Songs fließen ineinander und auseinander, man hört verschrobenen Techno, experimentelle Electronica, Ideen von Hip Hop, Distortion, Autotune - und immer wieder Orgeln.

Farce Live: am 9. November (gemeinsam mit Euroteuro) im Werk in Wien.

Farce entwirft auf ihrem Debüt-Album „Heavy Listening“ eine anthrazitfarbene Poplandschaft mit submetallischem Glanz und einer tiefen, warmen Glut.

Im FM4-Soundpark-Interview hat sie uns mehr über sich und ihre neue Platte verraten:

Farce über die sakrale Note von „Heavy Listening“:

FM4: Soeben ist dein Debüt-Album „Heavy Listening“ erschienen. Was ist der rote Faden durch das Album?

Farce: Ich hoffe, dass ich das sein kann, als Künstlerin, als Sängerin, als Stimme. Aber wirklich musiktechnisch ist das ein Orgelton. Der am Anfang und am Ende eines jeden Songs, manchmal versteckt und manchmal auch ganz klar und alleine hörbar ist.

Dein queerer Noise-Pop hat eine sehr starke sakrale Note. Orgeln spielen eine große Rolle. Woher kommt das? Warst du früher viel in Kirchen?

Farce: Es gibt zwei verschiedene Herführungen. Auf der einen Seite sind beide meine Eltern MusikerInnen. Und meine Mutter hat auch viel in Orchestern gespielt, die auch in kleineren Besetzungen dann auch in Kirchen gespielt haben. Also ich hab viele Konzerte in Kirchen gehört, auch mit Orgel. Aber ja, die Kirche an sich von der Musik her mag ich sehr gerne, und ich höre extrem gerne Orgelkonzerten zu. Es hat etwas sehr Erdendes, wenn man so hört, wie der Klang mit der Architektur zusammenarbeitet.

Farce über den Albumtitel:

„Heavy Listening“ hat seine düsteren Momente, aber so richtig schwer habe ich es nicht empfunden. Woher kommt also der Albumtitel „Heavy Listening“?

Farce: Ich war in einem Elektrofachmarkt auf der Mariahilferstraße und hab mir dort die Vinyl-Sektion angekuckt, und dann habe ich unter der Überschrift „Heavy Listening“ Platten gefunden von Künstlerinnen, die ich überhaupt nicht schwer anzuhören finde, zum Beispiel die neue Platte „American Dream“ von LCD Soundsystem. Ich finde das jetzt nicht besonders schwere Kost. Also, es ist schon düster und traurig und so, aber es ist jetzt schon Pop-Musik für mich. Und da hab ich mich dann daran erinnert gefühlt, wie oft jetzt Leute mir das Feedback geben haben, dass meine Musik extrem schwierig und extrem sperrig und extrem schwer anzuhören sei, obwohl ich sie eigentlich als Pop-Musik mache und auch empfinde, und deshalb fand ich das eine lustige Zuschreibung im Gegensatz zum Easy Listening, dass es Heavy Listening ist.

Das ist wie so oft eine Frage des Standpunktes.

Farce: Absolut. Ich finde viele der kommerzielleren Sachen, die momentan auch im Radio oder auf Spotify mega rauf und runter laufen, teilweise viel sperriger und schwieriger anzuhören als jetzt zum Beispiel meine Musik. Aber es ist eine Art der Anschauung, was schwierig und sperrig und Heavy Listening ist, und was man sich einfach reinlaufen lassen kann.

Farce über ihre Angst

Eine Nummer auf deinem Album heißt „Die Angst“. Wovor hast du Angst?

Farce: Vor der Tiefsee. Daher kommt der Titel und auch das Sample am Anfang, das „Deep Sea“. Ich hab eine Dokumentation über die Tiefsee gesehen, und wieviel davon eigentlich unerforscht ist. Und dann hat das eine sehr große Angst, ein ganz undefinierbares und sinnloses und tiefes Gefühl von Angst hinterlassen, dass man eigentlich überhaupt nicht weiß, was da los ist. Und dann habe ich gesagt, ich schreibe einen Song, der „Die Angst“ heißt, der darüber geht, wie tief das Meer ist und wie schlimm das ist, dass wir das alles nicht wissen, was da auch für Tiere leben.

Hast du sehr viel Angst?

Farce: Ja voll. Ich habe auf jeden Fall eine Angststörung.

Da hilft dir dann das Musikmachen?

Farce: Auf jeden Fall, ja. Vor allem, wenn ich so Momente hatte, wie 2016, als ich an meiner EP gearbeitet habe, in denen ich mich so gar nicht zuhause in meinem Körper gefühlt habe. Einfach, weil ich mich nicht wiedererkannt hab, so dissoziative, depersonalisierende Zustände hatte. Dann in die Musik reinzugehen und mir anhören zu können, was ich gemacht habe, und was ich da sage, und wo die Klänge liegen, und damit zu arbeiten, hat mir extrem geholfen bzw. hilft mir noch immer, zu mir zurück zu finden. Was witzig ist, weil wenn ich auf die Bühne gehe und spiele muss ich komplett von mir weggehen, um es überhaupt machen zu können.

Farce

Christian Stipkovits/FM4

Farce beim Popfest 2018 in der Wiener Karlskirche

Farce über ihren Werdegang:

Sprechen wir über deinen Werdegang. Du kommst aus Stuttgart, und hast dort in einer Black Metal Band Gitarre gespielt und dich eher für dunkle und harte Musik interessiert. Wie war deine musikalische Sozialisation?

Farce: Ich bin wie schon gesagt als Kind von zwei klassischen Musikerinnen aufgewachsen, und Musik an sich hatte einen sehr hohen Stellenwert in unserer Familie. Aber eher auch der spaßige Zugang dazu. Es geht jetzt nicht darum, die Kinder zu drillen, und dass sie alle mit Acht Beethovens Siebte spielen können oder so. Sondern dass man einfach Musik als einen wichtigen Teil der menschlichen Existenz mitgibt.

Dann hab ich als Kind klassische Gitarre gespielt und dann musste ich natürlich meine Gitarre gegen eine E-Gitarre eintauschen, als ich Teenagerin war und musste unbedingt was machen, was meine Eltern ganz schrecklich finden, nämlich so Schrei-Musik. Und das war auch immer das Feedback: Die Musik an sich ist eh gut, aber warum müsst ihr so schreien, das tut doch der Stimme nicht gut! Man kennt das ja. Und dann hab ich halt im Punk und im Emo vor allem, und im Screamo und in der ganzen Nische, man denke an My Chemical Romance, aber auch ältere Screamo-Bands, habe ich halt da auch ein Ventil drin gefunden und auch eine Subkultur auch, in der ich mich wohlgefühlt habe, auch politisch und visuell. Also auch im Stil und der Art der Rebellion.

Wie kam es dann, dass du dich der Popmusik zugewandt hast? Ich habe in einem älteren Interview mit dir gelesen, dass du ja früher gar nichts mit Popmusik anfangen konntest.

Farce: Jede Person, die sich mal in einer Subkultur-Subkultur und Szene abseits des Mainstreams bewegt hat, musikalisch als auch politisch, die weiß, dass es dort nicht gern gesehen wird, wenn man Popmusik mag, wenn man sich mit populären Dingen beschäftigt und daran Gefallen findet. Auch populäres Fernsehen, oder populäre Mode, der Mainstream als Ganzes ist einfach ein Feindbild. Und da habe ich dann als junge Frau und Teenagerin gemerkt, dass das als Generalüberschlag ja eigentlich irgendwie deppert ist. Dass es einfach auch im Pop extrem viel gute Musik gibt, dass es auch bei populären Filmen auch extrem viel Kunst gibt, die sehr wertvoll ist und die einem sehr viel geben und bedeuten kann.

Zum Beispiel Billy Joel ist einer meiner Lieblingskünstler aller Zeiten, und er ist quasi the pinnacle of popmusic to me. Das hatte auch viel zu tun mit meiner Entwicklung zu einem persönlichen Feminismus, weil viel von Popmusik einfach auch als Mädelskram abgetan wird. Und es wird vor allem in so Punk- und Metal-Kreisen, die ja schon sehr patriachal dominiert sind, nicht so gerne gesehen, wenn ein Mädchen auch Beyoncé oder Taylor Swift gut findet. Man fühlte sich dann dort immer besser, wenn man keine Popmusik gehört hat und nichts mainstreamiges gut fand, sondern nur extrem obskure Underground-Bands aus Cincinnati von 1986 gehört hat.

Und dann habe ich versucht, mich ein bisschen davon frei zu machen, als ich so 17, 18 war, weil ich gemerkt habe, dass mir Popalben auch extrem viel geben, wie zum Beispiel auch das erste Lana Del Rey Album, und ich hab’s nicht verstanden, warum ich das jetzt nicht gut finden soll, nur weil sie halt eine Industry-Plant ist und keine echte Künstlerin oder was auch immer. Da habe ich mir auch viel die Hörner daran abgestoßen, das irgendwie zu verstehen, dass es nicht echt sein muss, oder was auch immer, sondern dass mir auch das Produkt, so wie es ist, mir auch gut gefallen kann, und dass das auch so einen Stellenwert verdient.

Ja, das kenne ich auch, dass Mainstream oft mit Sellout verbunden wird. Aber es hat auch mit einer gewissen Art der Spaßverweigerung zu tun. Warum kann man sich nicht einfach auch was anderes anhören?

Farce: Es geht extrem um Spaßverweigerung. Es geht mega um meiner Meinung nach auch sinnloser Abgrenzung. Wie zum Beispiel bei Beyoncé. Wenn jemand so eine Relevanz hat, und nur aus Prinzip negiert wird, weil es ist Pop und nix wert, dann stört mich das sehr. Diese Art von Elitarismus ist auch extrem langweilig.

Farce über ihre erste EP:

Deine erste EP trägt den schönen Namen „Ich sehe im vorbeifahrenden Auto den Unfall mitvorbeifahren in Zeitlupe und rückwärts“. Dieser Titel kommt von einem deutschen Fluxuskünstler, und dieser Titel war auch die Initialzündung für dein Farce-Projekt. Kannst du kurz für uns zusammenfassen, was es damit auf sich hatte?

Farce: Der Titel ist ein Zitat von Wolf Vostell. Ich habe begonnen zu studieren, Theater-, Film-, und Medienwissenschaft an der Hauptuniversität Wien im Herbst 2015, was auch der Grund für meinen Umzug war. Und ich hatte zu dem Zeitpunkt, als eben diese Eingangsvorlesung von der TFM war, schon begonnen zu schreiben und zu machen, nicht ernsthaft, aber halt so rumzudödeln an meinem Computer und der Gitarre, und als in der Vorlesung dieses Zitat fiel, war das so, ich will nicht sagen, wie ein Geistesblitz. Ich hab einfach einen Sparren gekriegt. Ich hab gesagt, ich werde eine EP schreiben, und die wird diesen Titel haben, und ich werde es bis nächstes Jahr fertig machen. Ok. Go! Und dann habe ich es gemacht.

Farce über „I Hate Berlin“:

Eine deiner Singles vom aktuellen Album heißt ja „I Hate Berlin“. Der Song hat ja zwei Teile, im ersten hört man die Rapperin Ebow aka Blaq Tea von Gadaffi Gals. Berlin zu hassen ist ja eine sehr leichte Übung. Was findest du so besonders hassenswert an Berlin?

Farce: Der Song und der Titel hat überhaupt nichts mit dem Topos, Mythos Berlin zu tun. Ich war auf Tour, und war alleine auf Tour, mit einer anderen Band, aber in meiner Travel-Party alleine unterwegs. Und dann war ich in Berlin und hatte zwei Off-Days, bevor wir weitergefahren sind, und hab bei einem Freund übernachtet und die Gadaffi Gals im Studio besucht. Ich hab mich beschäftigt, und war dort alleine, und Berlin hat mich unruhig gemacht und ich habe vor allem meine Partnerin extrem vermisst, und hatte so sehr diesen Tour-Blues, und hab mich so unsicher mit allem gefühlt und mir ging es überhaupt nicht gut, und darum geht’s viel mehr als um den Berlin-Hass an sich, der so en vogue ist.

Du wirst ja bereits mit Pop-Größen wie St. Vincent und Grimes verglichen. Ehrt dich das, nervt dich das, oder stresst dich das?

Farce: Stressen oder nerven tuts mich gar nicht. Ehren auf jeden Fall. Ich denke, es gibt vor allem bei Frauen, die sperrige Musik machen, bisweilen schwierige Musik machen, den Mechanismus, sie miteinander zu vergleichen. Oder die Eine für die neue Andere zu halten oder sie so zu benennen, einfach weil es, glaub ich, in das Gesamt-Kleinhirn des Kulturbetriebes nicht reingeht, dass es mehr als zwei Musikerinnen gibt generell.

Zum Beispiel meine liebe Freundin Rana aka Fauna und ich werden grundsätzlich verwechselt. Weil es zwei Frauen sind, die Musik machen, die elektronisch ist. Die Beide einen Namen haben, der mit F beginnt und fünf Buchstaben hat. Das passiert ständig. Aber nein, mich stört’s überhaupt nicht, solange die Künstlerinnen mit denen ich verglichen oder verwechselt werde, Künstlerinnen sind, die ich auf die eine oder andere Weise schätze.

Deine Texte versteht man nicht immer so gut, weil du deine Stimme sehr verfremdest. Aber in deinen Lyrics geht’s sehr oft um Zwischenmenschliches. Habe ich das richtig verstanden?

Farce: Ja eigentlich immer. Ich kann über nichts anderes schreiben. Was anderes interessiert mich halt nicht. Ich finde, dass auch im Zwischenmenschlichen die großen Themen der Welt und die großen Themen der Menschheit immer mitverhandelt werden. Deshalb glaube ich, macht es mir am meisten Spaß, da anzusetzen, was ich selber auch beurteilen kann, was ich selber erlebe, was ich mir denke. Und ich denke, alles Wichtige, was passiert, passiert im Zwischenmenschlichen.

Farce über „Zozan“:

Deine aktuelle Single ist ja auch nach dem zweiten Vornamen deiner Freundin „Zozan“ benannt. Wie ist der Song entstanden?

Farce: Ich wollte ihr ein Liebeslied schreiben. Ich wollte der Anfangsphase, in der wir uns kennengelernt haben, ein Liebeslied schreiben, weil ich seitdem extrem verliebt und extrem glücklich in der Beziehung bin und die Welt einfach auf eine andere Art und Weise erlebe seitdem. Darüber wollte ich am meisten diesen Song schreiben. Einfach auch, das zu zelebrieren, was für ein Triumph das ist, wenn man lieben kann.

Sehr schön gesagt! Sehr unterhaltsam ist der Liebestest, den du statt einem Musik-Video entwickelt hast. Wie bist du auf die Idee gekommen, einen Love-Test zu machen?

Farce: Tatsächlich ist meine Freundin auf die Idee gekommen, weil wir beide extrem gerne Buzzfeed-Quizzes machen. Sie hat auch schon mit mir das Musikvideo für „Die Angst“ gemacht und dann haben wir darüber gesprochen, dass wir beide gerade ein bissl gelangweilt sind von dem Medium Musikvideo. Nicht, dass keine guten Musikvideos rauskommen, es kommen extrem viele, extrem kunstvolle, gute Musikvideos raus, aber ich hatte einfach nicht das Gefühl, den Song jetzt wieder mit einem Bewegt-Bild jetzt begleiten zu wollen. Ich fand dann auch die Idee extrem gut, weil es einfach was Interaktives ist und weil es noch viel mehr miterklärt und verkauft, was der Song ist und für was er steht, weil er ja auch in erster Linie für ein Gefühl steht.

Farce über Depressionen:

Ein neuer Song heißt „I’m Dying Man“. Was kannst du uns über diesen Song verraten?

Farce: Depression. Einfach ein grundsätzliches Überwältigungsgefühl, und auch Angst und Traurigkeit über die Welt und allem. Mentale Krankheit, Depression und Angststörung und wie man damit umgeht und wie man damit sein Leben halt doch leben kann. Und vor allem, wie man am Stress stirbt, wenn man ihn sich ständig selber macht, und ihn auch ständig aushält und sich nie davon frei macht.

Auch bei der Entstehung dieses Albums, und seitdem ich den Plattenvertrag unterschrieben hab und seitdem ich mich ein bissl mehr auch meiner Karriere, wie ich sie ungern nenne, widme. Da ist schon viel passiert. Ich habe mich schon sehr dem Stress viel hingegeben und habe auch viele Nebenwirkungen davon erfahren und darum geht der Song. Und deshalb hat der Song den natürlich zu tiefst sarkastischen Refrain „Everything is easy for me now, because nothing is easy“. Ich schätze mich extrem glücklich in allem, wie ich mein Leben momentan gestalten darf und auch wie ich Musik machen darf und wie das auch eine Öffentlichkeit bekommt. Das ist etwas, wofür ich extrem dankbar bin, aber der Stress ist trotzdem da und es ist nicht immer einfach, damit umzugehen.

Farce über „Piece de Resistance“:

In deinen Songs schlägst du sehr gerne Haken. Du fängst wo an und dann biegt der Song in eine ganz andere Richtung ab, und dann wieder in eine andere Richtung. Man weiß nie so genau, was kommt und das macht es auch extrem spannend zum Zuhören. Ist diese Abwechslung eine ganz bewusste Entscheidung oder passiert dir das ganz automatisch?

Farce: Es gibt Songs auf dem Album, wie „Piece de Resistance“, der sich quasi drei Minuten lang im Kreis dreht, um dann woanders hinzugehen. Und dann gibt’s Songs, die kein Element haben, das länger als 20 Sekunden besteht und es verändert sich stetig. Es ist etwas, was ich schon bewusst mache, weil ich es auch für mich selbst beim Schreiben und Machen und Hören natürlich spannend halten möchte, und wenn ich schon gelangweilt bin, während ich es mach, dann werde ich das nicht weiterverfolgen und dann quasi wem anderen vorsetzen, nur weil es jetzt einer bestimmten Form entspricht – Vers – Chorus – Vers – Chorus.

Vers – Chorus – Vers – Chorus ist eh nicht deine Abteilung. Du hast jetzt den Song „Piece de Resistance“ angesprochen. Um welchen Widerstand geht’s denn da?

Farce: Das Lied wurde, ich verwende das Wort jetzt extrem ungern, auf einer Meta-Ebene benannt. Und zwar nicht nachdem, worum es geht, sondern nach der Rolle, die es auf dem Album einnimmt. Das „Piece de Resistance“ kommt aus der französischen Haute Cuisine und beschreibt den Gang im Gericht, wo der Koch oder die Köchin sich am meisten selbst ausdrückt und das vielleicht auch am Eigenwilligsten ist. Also ein Widerstandsstück im Menü. Und nicht mal nach Beendigung des Albums, schon währenddessen wusste ich, das wird er weirdeste Track auf dem Album und der Ausreißer. Der hat keinen gescheiten Beat, der hat überhaupt keine Drums, der hat nur Synthesizer und komische Stimmen und Bla. Und dann habe ich den so benannt.

FARCE Donaufestival

David Visnjic

Farce beim Donaufestival 2018

Farce über das Netzwerken:

Du bist ja Bedroom-Producerin und relativ neu in der Stadt. Wie bist du zu den richtigen Leuten gekommen und wie hast du dir ein Netzwerk aufgebaut? Hättest du da Tipps für unsere Hörer und Hörerinnen?

Farce: Ich schätze mich extrem glücklich und bin extrem dankbar den Leuten, die auf mich zugekommen sind und die mir ermöglicht haben, so einen Anschluss zu finden. Ich sage das in jedem Interview und werde es auch weiterhin sagen: Menschen wie Marlene Engel vom Hyperreality-Festival, wie Rana Farahani – Fauna, dieser ganze Freundinnenkreis, die alle wahnsinnig viel und gute Sachen machen, die sind extrem liebenswürdig und extrem unterstützend einfach für junge Kunst, die sie für gut befinden und die auch ein gewisses Politikum vertritt. Und ich denke, dadurch hab ich auch so einen guten Anschluss gefunden. Es gibt einfach Leute, bei denen man sich melden kann. Also jetzt auch an Hörer, Hörerinnen: Wenn du was machst, und gerne was zusammen machen würdest, dann kann man mir zum Beispiel auf Instagram schreiben und einfach mit mir reden. Also das ist überhaupt kein Ding, wenn man da eine Verwandschaft fühlt oder hört. Einfach melden!

Ein neuer Song heißt „Socialite“. Ein „Socialite“ ist ein Salon-Löwe oder eine Salon-Löwin, ein Promi. Um was geht es in diesem Song genau?

Farce: Bei diesem Song kamen mir die Lyrics zuerst, vor der Musik. Da ging’s einfach um Menschen, die ich kennengelernt habe, und auch um liebe Freundinnen und Freunde, denen es aber immer extrem wichtig ist, was wer macht und wer wer ist. Und die das dann auch immer dazu sagen müssen, wer das ist und wer für was geschrieben hat und wo er, sie gespielt hat. Also halt einfach wichtig. Wichtige Leute, die auch nur dadurch definiert sind, dass sie wichtige Leute sind. Und das ist etwas, was ich nicht mal per-se verurteile oder schlimm finde, aber es ist mir halt sehr aufgefallen. Und es ist etwas, dass ich, bevor ich nach Wien gekommen bin und da so ein bissl eingetaucht bin, auch nicht so kannte, also dass man wirklich so socialized und so ein „Socialite“ ist und immer weiß, wer wo hingehört und was er oder sie macht und für was er oder sie wichtig sein könnte und warum man die vielleicht kennenlernen muss. Darum geht der Song.

Das Hardcore-Netzwerken also. Nervig klingt das.

Farce: Ja, eh. Aber es kann auch ganz nett sein. Da sind wir wieder bei Leuten wie Marlene oder Rana oder Konzepten wie der Sorority. Das ist Hardcore-Netzwerken, aber mit einem gemeinsamen Ziel. Das ist Freunderlwirtschaft, aber für Feministinnen. Und sowas finde ich extrem toll. Und da kann socialising und ein Socialite sein extrem spaßig sein. Das muss überhaupt nichts Dreckiges sein. Das will ich auch mit dem Songtext überhaupt nicht suggerieren. Das ist einfach eine kulturelle Praxis, die ich für sehr spannend halte.

Farce über ihre Konzerte:

Reden wir noch übers Live spielen. Du stehst da alleine auf der Bühne mit deinen Geräten und singst. Aber was genau kann man sich da genau darunter vorstellen?

Farce: Laut. In erster Linie sehr, sehr laut. Und sehr hell, beziehungsweise sehr Stroboskop-getränkt. Ich mag es schon gerne, wenn es ein Spektakel ist. In letzter Zeit habe ich mich auch immer mehr davon wegbewegt, nur am Pult zu stehen, weil es dann sonst immer mehr zu der Verwechslung kommt, dass ich „nur“ eine DJ bin, die auch singt, und da hatte ich nicht mehr so Lust darauf. Das ist ja ein Konzert, und deshalb habe ich angefangen, mehr zu performen. Und jetzt ist es besten Falls ein Pop-Konzert, das einfach auch ein bisschen Theatralität hat.

Vielen Dank für das Gespräch!

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