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Band Hearts Hearts bei FM4 vor dem Studio

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Das große FM4 Gästezimmer mit Hearts Hearts

Hearts Hearts sind auch heuer wieder in der letzte Voting-Runde für den FM4 Amadeus Award gelandet. Zum vertiefenden Kennenlernen stellt uns die Wiener Artpopband hier die 11 Songs vor, die ihnen die (musikalische) Welt bedeuten.

Von Lisa Schneider

„Aretha Franklin! Beatles! ABBA!“ Daniel Hämmerle, Gitarrist der Band Hearts Hearts, ist eindeutig der, der die Bandplaylist im Tourbus mit den Klassikern der Musikgeschichte füttert. Auch wenn die kristalline, eher kühle Soundästhetik von Hearts Hearts das nicht beim ersten Mal hinhören verrät, ist das Wiener Quartett nicht nur Fan von querdenkenden, musikalischen Seelenverwandten wie Bon Iver oder Thom Yorke, sondern durchaus auch von großen Popstars wie Lana Del Rey oder Little Dragon.

Hearts Hearts sind heuer erneut unter den Top 5 Nominees im Rennen um den FM4 Amadeus Award gelandet, gemeinsam mit Cari Cari, Jugo Ürdens Kreiml & Samurai und Mavi Phoenix. Wer den Award schlussendlich gewinnt, entscheidet bis zum 22. März ihr.

Auf Basis oder einfach durch Inspiration der unten genannten Songs sind die ersten beiden, sehr guten Alben der Band, „Young“ 2016 und „Goods/Gods“ 2018 entstanden.

Und die aktuellsten, hier von Hearts Hearts’ ausgewählten Songs weisen vielleicht schon darauf hin, worauf man sich auf Album Nummer drei freuen darf.

„Let Down“ - Radiohead

David Österle: Ich habe allgemein das Gefühl, dass Radiohead ein ziemlich starker Einfluss für uns war. Wir sind erst letzthin beim Reden über Musik draufgekommen, dass wir jeder so ungefähr einenhalb Jahre hatten, wo wir NUR Radiohead gehört haben.

Ich persönlich bin mit „Amnesiac“ eingestiegen, aber „OK Computer" war für mich genauso wichtig. Es ist ein bisschen reduktionistischer in der Dramatik - die späteren Alben sind ein bisschen mehr into your face, was das Drama anlagt. Bei"Let Down“ ist so eine interessante Verdichtung da, von den Gitarrenzerlegungen, von der Stimme, wie sich alles gegen Ende hinsteigert und vor allem auch, wie der Raum ausgenutzt wird. Von allen Seiten schießen Stimme und Gitarre daher. Genau das war auch für unser erstes Album eine große Inspiration, die Frage, wie man den Raum in einem Song organisieren kann.

Und die Texte sind für mich immer sehr inspirierend gewesen, weil sie so ein Mittelding sind von hermetisch-komplex und doch einfach. So komplex, dass man sich wirklich hinsetzt und sich damit auseinandersetzt, was das heißen soll, weil man es oft auch gar nicht so gut versteht. Und gleichzeitig hat es eine Einfachheit in dem Sinn, dass man nur einen Wortfetzen aufschnappen muss, der sich dann richtig ins Hirn einbrennt. So ist es auch bei „Let Down", das wie auch das Thema des gesamten Albums eine Kritik von Mobilität zum Inhalt hat. Ein Song, auf einfache Phrasen heruntergebrochen.“

_"45"_ - Bon Iver

Daniel Hämmerle: Für mich war „22, A Million“ ein Album, das in seiner Kompaktheit sehr stark aufgetreten ist. Das mir auch völlig neue Perspektiven geboten hat: wie man Bläser gut einbauen kann, wie nahe die wirken können. Man hört jeden Hauch, fast jeden Atemzug.

Peter Paul Aufreiter: Es ist wirklich auch produktionstechnisch ein Highlight der letzten Jahre. Jedes Element wirkt wie dreimal neu bearbeitet und dann aber doch wieder fehlerhaft wie im Original. Als ob man das Tape wieder und wieder zerkratzen und bearbeiten würde. Es ist klanglich einfach ein wahnsinniges Erlebnis. Die Stimme steht im Vordergrund, die Stimme sind aber immer gefühlt zehntausend Stimmen gleichzeitig. Und Justin Vernon hat eine Mischung aus Harmonizer und Synthesizer verwendet, so ähnlich ist es auch bei der Nummer, dass das Saxophon so arrangiert ist wie sonst seine Stimme.

Daniel Hämmerle: Und in dem konkreten Fall ist das Album der Protagonist und der Song ist ein Snippet. Es gibt nicht diese „Single“, die das Album trägt, sondern das Album trägt sich selbst. Das find ich sehr schön.

„This Is How We Walk On The Moon“ - Arthur Russell

Peter Paul Aufreiter: Für mich war eine extrem wichtige musikalische Entdeckung Arthur Russell. Ich hab’ sogar meine Bachelorarbeit an der Uni über ihn geschrieben. In erster Linie war er Cellist, hat aber auch Komposition studiert, ist dann über indische Musik und übers Ausgehen in der Disko gelandet. Er hat aber parallel auch noch Folksongs, wunderschöne Popnummern und auch sphärische Tracks geschrieben.

In erster Linie hat er aber auch eine wahnsinnig schöne Stimme und tolle Texte. Und vor allem klingt seine Musik, obwohl aus den 70ern, extrem aktuell. Er ist leider sehr früh an Aids verstorben. Seine Musik galt lang als verschollen und wurde dann in den 2000er-Jahren re-released. Es ist auch unglaublich, mit wem er aller zusammengearbeitet hat: Talking Heads, Allen Ginsberg oder Bob Dylan.

Ich habe „This Is How We Walk On The Moon“ - eines der bekanntesten Stücke - ausgesucht, das glaube ich auch einmal von Diplo gesampelt wurde. Auch der Song klingt extrem aktuell, hat schon Drumcomputer im Einsatz, ist aber eigentlich ein relativ freier Cello-Jam inklusive Bläserpart und gepitchten Vocals - reduktionistische Disko könnte man sagen.

„Please Turn“ - Little Dragon

David Österle: "Die Nummer ist irrsinnig stark. Die gefällt uns so, weil sie so reduktionistisch ist. Das ist der Grund, wieso wir Little Dragon auch allgemein so schätzen. Es ist beindruckend, mit wie wenig Elementen man so tolle Musik machen kann. Man hat das Gefühl, es sind immer sehr bewusste Entscheidungen, die sie treffen. Es sind meistens sehr wenig Elemente, die den Song ausmachen, aber das sind dann auch die Protagonisten, die genau den richtigen Platz haben. Und was auch so spannend dran ist, dass es keine Teilung in Strophe und Refrain gibt. Ich erinnere mich, da waren wir kürzlich im Studio und haben es nicht hinbekommen, einen Refrain zu basteln und uns gefragt: Wieso nehmen wir nicht einfach den Little Dragon-Trick und führen einfach die Strophe cool weiter?

Und ich glaube, dass unser letztes Album, „Goods/Gods“ schon auch davon beeinflusst war. Von diesem Zugang, auf wenige Elemente zu setzen, auf Elemente, die letztlich kurze Signale haben, damit alles knackiger wirkt.

„This Is The Dream Of Win And Regine“ - Final Fantasy

Peter Paul Aufreiter: Mittlerweile macht Owen Pallett ja unter seinem bürgerlichen Namen Musik, nicht mehr unter Final Fantasy.

Ein extrem cooler Musiker aus Kanada, der sehr eng mit Arcade Fire verbunden ist, wie auch der Titel suggeriert, er ist dem Paar hinter Arcade Fire gewidmet. Er hat damals am ersten Arcade Fire-Album die Streicher-Arrangements geschrieben und war kurz darauf solo unterwegs. Ich hatte das Glück, dass ich ihn dreimal live erleben durfte, das erste Mal zufällig in Malmö, auf einem Gratis-Festival. Und was auch irrsinnig schön war - gemeinsam mit dem RSO im Radiokulturhaus.

David Österle: Ich habe ihn auch einmal live gesehen, das war in Montreal, Kanada, auch auf einem Festival. Und ich hab mich so gewundert, weil so wenige Leute da waren - also dass er da, wo er herkommt, gar nicht so eine große Nummer ist wie in Europa und überhaupt im deutschsprachigen Raum.

Ich find es auch so spannend, wie er sein Loop-Verfahren auf der Bühne handhabt. Er muss einfach so ein unglaublicher Musiker sein, das so präzise hinzubekommen. Wenn man an Streicherarrangements denkt, die man kennt, die eigentlich eher eine Größe suggerieren, Orchesteremotionalität auf die Bühne bringen - und er, der im Gegenteil so kleine Arrangements schreibt, fast schon Kammermusik.

Peter Paul Aufreiter: Es war auch ein sehr schöner Zufall, dass drei von uns auch seine Alben zuhause haben. Als wir dann auf Label-Suche waren, haben wir mal nachgesehen, wo die Musiker und Musikerinnen, die wir so mögen, unter Vertrag sind. Und die ersten zwei Alben von Owen Pallett sind eben auch auf Tomlab rausgekommen, wo wir jetzt auch schon zwei Alben veröffentlicht haben.

„I Am Only Sleeping“ - The Beatles

Daniel Hämmerle: Was wäre eine solche Liste an most influential Songs, wenn nicht die Beatles dabei wären? Wir haben uns für „I Am Only Sleeping“ entschieden. Ja, was soll man über die Beatles sagen, was nicht schon gesagt worden ist: Eine großartige Band, die mehr oder weniger das popkulturelle Geschehen erfunden hat (Einwurf von Peter Paul: „Sie haben die Musik erfunden!“).

Man kann gar nicht über einen einzelnen Song reden, man muss bei ihnen alle Songs als Gesamtpaket wahrnehmen. Und was ich so beeindruckend an den Beatles finde: Sie kombinieren Spaß und Innovation in jeder Hinsicht, technisch und musikalisch. Deshalb finde ich diesen Track auch sehr passend, er handelt tatsächlich von der Schlaflosigkeit John Lennons und kombiniert trotz allem diese leicht träge, melancholische Melodie mit extrem interessanten Reverse-Gitarrenspuren.

„In My Dreams“ - Kali Uchis

Peter Paul Aufreiter: Der Song ist ein ziemlicher Genre-Spagat zu unserer Musik. Kali Uchis ist eine US-amerikanische Musikerin mit Wurzeln in Kolumbien, die letztes Jahr ein großartiges Popalbum veröffentlicht hat, jeder Song ein Hit. Sie wird oft mit Amy Winehouse verglichen, aber ich finde, das stimmt bei zwei Nummern, dann wieder gar nicht. „In My Dreams“ ist eine Kollaboration mit Damon Albarn, bzw. mit Gorillaz, ein sehr schöner, introvertierter Track.

„Beautiful Boyz“ - Coco Rosie

Daniel Hämmerle: Ein großartiger Song und witzigerweise scheint das Malmö Festival ein Linking Point für die Band zu sein. Weil genau die Band hab ich auch dort live gesehen, und es war großartig.

„Venice Bitch“ - Lana Del Rey

Peter Paul Aufreiter: Lana Del Rey hab ich anfangs ein bisschen weird gefunden, muss ich zugeben. Ich hab den Hype nicht ganz verstanden. Erst mit der Zeit bin ich auf den Geschmack gekommen, vor einem halben Jahr hat sie mich total mit der Nummer „Venice Bitch“ überrascht. Ein orchestrales Riesenstück, wo man sich sofort vorstellt, in einem Studio hinter ihr steht ein komplettes Orchester, ein Typ, der ab und zu weirde Synths zuspielt, drei coole Gitarristen und so weiter... ein unglaubliches Erlebnis. Ich hoffe, es gibt von ihr bald noch mehr von ihr in diese Richtung zu hören.

„Tomorrow“ - Dives

David Österle: Ein super guter Song aus Österreich, der versprüht richtige Frühlingslaune - auch diesen Frühling wieder, obwohl er schon einenhalb Jahre alt ist. Großartig!

„I Say A Little Prayer“ - Aretha Franklin

Daniel Hämmerle: Ich freu mich sehr, dass wir unser FM4 Gästezimmer mit der Queen Of Soul abschließen - natürlich mit Aretha Franklin und „I Say I Little Prayer". Eigentlich ist es ein Cover, aber wunderschön. Ich verbinde damit die schönsten Sommer überhaupt. Das war auch die Musik, die meine Eltern immer gehört haben. Ungefähr dieses Szenario: Ich bin in Schweden, die Sonne strahlt und am Plattenteller liegt Aretha Franklin. Perfekt.“

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