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Yungblud

Franz Reiterer

FM4 Frequency Festival 2019, Tag 2: Bands to watch

Die up and rising Stars am zweiten Abend des FM4 Frequency Festival 2019: Mavi Phoenix, Yungblud und Easy Life. Außerdem: Kehrt Rockmusik zurück?

Von Lisa Schneider

Ein Festival besucht man - hoffentlich - wegen der guten Musik. Und im besten Fall, um die neue Lieblingsband zu entdecken. Vom gestrigen, zweiten Abend im Greenpark St. Pölten könnten das diese drei Acts hier sein:

Mavi Phoenix

2014 ist Mavi Phoenix mit ihrer Musik in die Welt und in den FM4-Kosmos eingetreten, das Motto, das nach wie vor weiterlebt, lautete: „Make The Phoenix Fly“. Wie sie sich und ihre Musik in der Zwischenzeit entwickelt hat, liest sich wie ein modernes Pop-Märchen. Hier erzählt sie uns ihre Geschichte in Form von fünf Schnappschüssen.

Single nach Single, EP nach EP erspielt sie sich ein größeres Publikum, steckt Autotune mal an, mal aus, rappt, singt, ist einfach Mavi Phoenix. Und das ist nicht so dahingesagt: Ihr Status als weibliches Role Model ist nicht zu unterschätzen; darin ist sie Billie Eilish, dem Star des heurigen FM4 Frequency Festival, gar nicht so unähnlich. Gerade erst hat Mavi Phoenix ihre aktuelles, sehr persönliches Video zur Single „bullet in my heart“ veröffentlicht, in dem sie über Gender Dysphoria spricht. Und davon, dass man sie von nun an mit jedem Personalpronomen ansprechen kann.

Ein großer Schritt für sie, aber auch ein großer Schritt für die Menschen, die sich mit ihr und ihrem Weg identifizieren. Es ist das gute Gefühl, das sich auch hier beim FM4 Frequency Festival ausgebreitet hat: Die Leute sind jung und offen, sie sind mit den gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre auf- und mitgewachsen. Viele sind so jung, sie wissen gar nicht, wie ein ähnliches Video wie das von Mavi Phoenix vor zehn, vor zwanzig Jahren gewirkt hätte. Es ist schön, dass zumindest das Publikum hier am FM4 Frequency Festival ein offenes ist. Es ist aber auch weiterhin unbeschreiblich wichtig, dass es Menschen wie Mavi Phoenix gibt. Die von der Bühne aus - mit Breitenwirksamkeit - für Diversität einstehen.

FM4 Frequency Festival

Von 15. bis 17. August im Greenpark St. Pölten und auf Radio FM4. Mit Trettmann, Billie Eilish, Alligatoah, Mavi Phoenix, Yungblud, Sookee, Macklemore, The Offspring, Charli XCX, Fil Bo Riva uvm.

Wie immer in den letzten Monaten prangt bei Mavi Phoenix’ gestrigem Gig ein Screenshot ihres englischen Wikipedia-Eintrags auf der Bühnenleinwand. Damit hier mal klar ist, wer da spielt: Eine 22-jährige, großartige Künstlerin, die sich mit Musik auseinandersetzt, seit sie denken kann. Die Pop in ganz eigener Art neu denkt. Wie Mavi Phoenix referenziell zwischen plakativer Popkultur und Statements für Toleranz und Akzeptanz hin- und herstreift, ist immer wieder verblüffend.

Eine kleine Anmerkung: In eben diesem Wikipedia-Eintrag am Bühnenhintergrund ist auch zu lesen, dass Mavi Phoenix je 2017 und 2018 für einen Amadeus Austrian Music Award nominiert war, aber noch nie einen erhalten hat. Das ist so nicht ganz richtig: Den FM4-Amadeus-Award hat sie heuer mit nach Hause genommen.

Yungblud

NME schreibt 2017 nach einem Konzert des britischen Musikers: „We might have seen the future, and it looks like Yungblud.“ Die Zukunft sieht demnach aus wie eine Emo-Rock-Inkarnation irgendwo zwischen Ezra Furman und Fall Out Boy. Und das ist nicht so schrecklich, wie es sich anhört.

Yungblud als „Geheimtipp“ zu bezeichnen, wäre im besagten Jahr 2017 noch durchgegangen - das „geheim“ muss man mittlerweile weglassen. Er versammelt mehr Leute vor der Bühne, als es die ihm direkt nachfolgenden Acts tun werden (ähnlich wie Billie Eilish am Donnerstag Abend, sie stand um 18.25 auf der Space Stage).

Ein schräger Vogel, das ist Yungblud, der all seinen sich offenbar überschlagenden Emotionen freien Lauf lässt. Schmerz und dessen Darstellung sind die großen Themen hier am FM4 Frequency – wir haben es in den Texten von Billie Eilish oder, noch expliziter, in denen von Twenty One Pilots gehört. Musikalisch ist der gerade 22 Jahre alt gewordene Musiker von Letztgenannten gar nicht so weit entfernt: Auch er wagt das Experiment, das zuletzt vor gut zehn Jahren vor allem auch im deutschen Sprachraum kommerziell gut funktioniert hat: Rock meets Hiphop (Gerard, OK KID).

Das entspricht auch der Gesamtkonzeptionierung des heurigen Festivals: Wo Cloudrap letztes Jahr noch stark vertreten war, findet man heuer fast nichts vom letztjährigen Super-Hype-Genre. Der Rock’n’Roll schleicht sich langsam wieder zurück. Aktuell stecken wir in einer Zwischenphase - und die, die es gut machen, heben das grausame Wort „Crossover“ aus dem Grab.

Easy Life

Man weiß, dass man richtig liegt, wenn die Schlange vor der Halle lang ist. Auf magische Weise ist es drinnen dann doch aber ziemlich leer. Es ist einmal mehr die Rede von der Weekender Stage, einer oft leider zu wenig besuchten Bühne, auf der schon sehr gute Künstler*innen (Courtney Barnett!) aufgetreten sind. Aber, Easy Life aus Leicester, UK locken ihre kleine, aber überzeugte Fanschar am gestrigen Nachmittag mit Situationskomik: „Hey, I think we need more securities here. There’s so many people, I’m fearing for my life!“

Für alle Fans guter Band-Selbstbeschreibungen: Easy Life machen es euch einfach, sie zu mögen. Darüber, wie ihre Musik klingt, sagen sie selbst: “Your favourite old jazz record mixed with the dirty wonders of modern production techniques. Shit bangs”. Man könnte auch sagen: unaufgeregt cool.

Funk, Jazz, Rap, Punk. Saxophon, Trompete und Downbeat-Grooves. Könnte Jamie T gefallen. Auch das freche, smoothe Schulhof-Feeling, das da mitschwingt: Das sind die Jungs, die in der hintersten Reihe Papierflieger basteln, sich nach dem Nachsitzen in einer beliebigen Garage treffen und an ihren Songs basteln. Aus Spaß und ohne Druck.

Und schon die erste Single von Easy Life - „Pockets“ - war so gut, dass sie beim britischen Label Chess Club gezeichnet haben. Dieses zeichnet sich seit über zehn Jahren mit gutem Gespür für die undergroundig angehauchte, eklektische Art von Pop aus, die man nicht auf jeder beliebigen Playlist findet (Anspieltipps: Yaeger, Alfie Templeman).

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