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Die zwei Mitglieder der Band Tennis auf einem Sofa

Luca Venter

Tennis verarbeiten mit „Swimmer“ Verlust und Trauer

Das US-amerikanische Dream-Pop-Duo Tennis veröffentlicht mit „Swimmer“ ihr fünftes Studioalbum. Was nach Sonne, Strand und Meer klingt, ist aus tiefer Trauer entstanden.

Von Michaela Pichler

Seit zehn Jahren machen Alaina Moore and Patrick Riley als verheiratetes Ehepaar unter ihrem Bandnamen Tennis Musik. Am Fuße der Rocky Mountains, in Denver, hat alles als DIY-Projekt begonnen, mittlerweile hat das Duo ein eigenes Label - Mutually Detrimental - und ein eigenes Studio. Dort ist auch das neueste Werk „Swimmer“ aufgenommen worden. Tennis haben dabei selbst produziert, das Mixing hat Claudius Mittendorfer übernommen, der auch schon für den Sound von Temples, Panic! At The Disco, Weezer oder Frank Turner verantwortlich war.

Es gibt Musik, die klingt, als wäre sie in Sonne getränkt worden. Das neue Album des Dream-Pop-Duos Tennis ist so eine. „As the sun slips over my shoulder, I can tell that I’m getting older“, singt Alaina Moore im Album-Opener „I’ll haunt you“, während Piano-Akkorde und Background-Vocals musikalisch einen großen Auftritt erahnen lassen. Das von der Sonne geküsste Album „Swimmer“ klingt nicht umsonst nach einer Extraportion Vitamin D. Die beiden Tennis-Mitglieder Alaina Moore und Patrick Riley haben einige der neun Songs nämlich während eines Segeltrips auf dem Pazifik geschrieben. Was für viele Musiker*innen eine ungewöhnliche Umgebung zum Songwriting wäre, ist für Tennis mittlerweile quasi schon Schreib-Tradition. Auch ihr Debütalbum „Cape Dory“ ist nach einem siebenmonatigen Segel-Turn entstanden.

Die zwei Bandmitglieder von Tennis im Sonnenuntergang

Mutually Detrimental

„Swimmer“ von Tennis ist am 14. Februar 2020 auf ihrem eigenen Label Mutually Detrimental erschienen.

Dieses Mal hatten Tennis auf dem Segelboot nur eine akustische Gitarre und eine Drum-Machine mit im Gepäck, gerade mal so viel, dass minimalistische Demo-Versionen entstehen konnten. Auch der titelgebende Track „Swimmer“ ist so entstanden. Der Song beschreibt das Auf und Ab, das die beiden Artists in den letzten drei Jahren erlebt haben. Diese waren nämlich geprägt von Krankheiten und einem Schicksalsschlag: Patrick Rileys Vater ist während einer Tennis-Tour verstorben. Verabschieden konnte sich der Musiker erst auf hoher See, denn das Pop-Duo hat die Asche des Vaters während ihrem Segeltrip beigesetzt.

In dieser schweren Zeit haben sich Moore und Riley gegenseitig gestützt - nicht nur als Bandkolleg*innen, sondern auch als Ehepaar. Die letzte Nummer des Albums, „Matrimony II“, verkörpert dies am besten. Alaina Moore hat den Titel zum 10. Hochzeitstag ihrem Mann gewidmet. „I wanted to write a love song that described deep-rooted companionship, where the spark of new love has been replaced by a gravitational pull“, schreibt die Musikerin via genius.com.

So schwer die Umstände beim Songwriting auch gewogen haben, umso erstaunlicher ist die Leichtigkeit des Albums. Wie zum Beispiel in „Late Night“, einem Indie-Song, der sich im Verlauf immer mehr zum Disco-Hit entwickelt:

I am the master of my ship
My ship the master of the sea
Through a rhetorical distinction
I think I’m finally feeling free
For the first time

Alaina Moore singt übers endlich frei Sein – mit einer Stimme, die an Kylie Minogue oder Gwen Stefani erinnert. Es kommen auch noch andere Popstar-Referenzen in den Sinn - beim Song „How To Forgive“ hatte Moore selbst eine frühe Madonna im Kopf, der Versuch ist ihr auch gelungen. Die Synthesizer glitzern währenddessen wie die Wasseroberfläche, kurz bevor die Sonne untergeht. Auf „Swimmer“ gibt es außerdem surfig-verträumte Gitarrenriffs und 80er-Jahre-Nostalgie. Tennis beweisen damit, wie sie sich von den Strömungen des Lebens auch nicht in den dunkelsten Stunden runterziehen lassen, sondern wie gekonnte Schwimmer auf der Wasseroberfläche dahingleiten – und das in funkelnden Pop-Nuancen.

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