FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Avec Portrait

(c)KidizinSane

Neues Album von Avec: Heimat und Identität in hoffnungsvollem Pop

Nach zwei wunderschönen Alben und einem Amadeus Music Award hat die junge Oberösterreicherin AVEC sich ihren Wurzeln zugewandt. Mit „Homesick“ sucht sie ihr Zuhause und findet es durch die Konfrontation mit ihren dunklen Seiten ein Stück weit in sich selbst.

von Andreas Gstettner-Brugger

Miriam Hufnagl liebt es, in ihrer Heimat Vöcklabruck zu sein und genießt die Natur bei langen Spaziergängen. Als AVEC hat sie natürlich auch die andere Seite des Musikerinnen-Daseins. Viel auf Tour, Reisen in andere Länder und Städte. Insofern ist für die junge Oberösterreicherin die Frage, wo denn ihr Zuhause ist, nicht leicht zu beantworten.

Mit der ersten Single „Home“ ihres neuen Albums „Homesick“ gibt sie uns schon ein bisschen einen Hinweis darauf, worum sich das gesamte Werk dreht. Geht es um das Gefühl der Geborgenheit und des sich Zuhause-Fühlens, selbst wenn es heißt, loszulassen. Unterstützt wird diese zwiespältige Gefühlslage durch kraftvoll produzierten Pop, der sich mit viel Liebe zum Detail, verwobenen Soundflächen und Mitsing-Refrain zum absoluten Ohrwurm entwickelt.

Zurück zu den Wurzeln

Das Thema Heimat findet sich auf verschiedensten Ebenen dieser Produktion. Nachdem das letzte Album „Heaven / Hell“ mit Thomas McLaughlin in einem Studio in Irland entstanden ist, hat AVEC den Schritt gewagt, mit ihrem langjährigen Freund, Wegbegleiter und Gitarristen Andreas Häuserer in einem alten Bauernhaus im heimischen Oberösterreich aufzunehmen.

AVEC: „Es war schon immer unser Traum sagen zu können: Das hier ist so ganz unser Baby. Wenn man in dem ganzen Prozess immer dabei ist, überall seine Hände mit im Spiel hat, jeden einzelnen Ton kennt und alles selbst mitgestaltet hat, dann fühlt sich das schon ganz anders an. Und auf das Ergebnis sind wir sehr stolz“.

Albumcover Avec "Homesick"

Earcandy Recrodings

Es kann sich auch wirklich hören lassen. Während AVEC auf „Heaven / Hell“ noch viel mit neuen Sounds und Elektronik experimentiert hat, so ist diese Entwicklung zu einem schönen Stilmix gereift. Die luftigen Singer/Songwriter-Songs sind mit souligem Pop erweitert worden. Die elektronischen Klänge sind mittlerweile so in das Soundgewand integriert worden, dass sie nicht mehr herausstechen. Einzig die große Liebe von AVEC für die Musik der achtziger Jahre ist stärker herauszuhören denn je.

AVEC: "Ich bin mit - für mich zumindest - sehr guter Musik aufgewachsen, dank meiner Mutter. Wie Phil Collins oder Culture Club’s „Karma Chameleon". Ich liebe die Achtziger. Es war ja eigentlich die Zeit meiner Mutter, aber ich habe mir schon oft gewünscht, früher auf die Welt gekommen zu sein. Ich weiß nicht was es ist. Vielleicht diese Synthie-Sounds oder der Klang der Snare-Drum. Ich steh einfach darauf.“

Am deutlichsten ist dieser Einfluss bei dem Song „With Me“ herauszuhören. Während er ganz reduziert mit Klavier und Stimme anfängt, entwickelt sich dieser Track zu einer strahlenden Pophymne über die Liebe, garniert mit funkelnden Synthies und Gitarren. Im Kontrast dazu steht zum Beispiel das balladeske und ruhige Stück „Fire“, das fast ausschließlich mit Gitarre, Gesang und schönem Chor auskommt.

Sich den eigenen Gefühlen stellen

Es ist schon sehr bezeichnend, dass AVEC ihr Album mit dem Titel „Runaway“ eröffnet. Geht es doch in dem Song darum, dass wir immer wieder gerne flüchten, uns in andere Welten träumen und vor unseren Problemen davonlaufen. Etwas, das wir Menschen alle im Laufe unseres Lebens immer wieder machen. Auch für AVEC ist es ein schwieriger und schmerzhafter Prozess, sich ihren Gefühlen zu stellen. Schon auf der letzten Platte hat sich die junge Sängerin mit dem Song „Under Water“ ihren Depressionen gestellt. Bei „Homesick“ war es vor allem ein Monat in Berlin, während dem sie mit verschiedensten Songwriter*innen an ihrem Album gearbeitet hat. In diesen vier Wochen sind über zwanzig Songs entstanden, von denen sechs für „Homesick“ übriggeblieben sind.

Avec Portrait

(c)KidizinSane

Es war für AVEC eine extrem intensive Zeit, um in sich zu gehen und sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen. Der Abschlusstrack des Albums „Heavy On My Mind“ thematisiert genau diese Grenzerfahrungen in der deutschen Bundeshauptstadt.

AVEC: "Als es mir in Berlin nicht gut gegangen ist, habe ich sehr viel über mich selbst gelernt. Über das Mental-Health Thema, also über Depressionen, Angstzustände und Panikattacken muss man wirklich reden. Ich habe für den Song „Under Water“ so viel schönes Feedback bekommen, von Menschen, die mir dann ihre Geschichte erzählt haben. Das hat mich bestätigt darin, vermehrt darüber zu reden, gerade in der Musik, wo es immer noch ein Tabu ist. Das finde ich so schade. Es ist ja bei mir kein Geheimnis, wenn man sich meine Texte durchliest. Bei „Heavy On My Mind" geht es zum Beispiel genau um meinen Umgang mit Depressionen, um Angstzustände oder Panikattacken. Es ist ein langer und schwieriger Weg, aber man darf nie aufhören, an sich zu arbeiten, in seinen innersten Schmerz zu gehen und daraus etwas zu machen. Sonst bleibt man stehen und entwickelt sich nicht weiter.“

Die Heimat in sich finden

Trotz der Schwere dieser Themen ist „Homesick“ ein doch hoffnungsvolles Album geworden. Denn die Frage nach Identität und dem Zugehörigkeitsgefühl, die Frage nach der eigenen Heimat und dem eigenen Zuhause, führt einen zu oft unterschiedlichen Antworten, die sich nicht ausschließen müssen, sondern im schönsten Fall ergänzen. So ist „zuhause sein“ für AVEC nicht nur ihr Geburtsort in Oberösterreich, sondern auch das Gefühl, auf der Bühne zu stehen oder bei den Menschen zu sein, die sie liebt. Ihre Live-Band bestehend aus Andi Häuserer, Veronika Sterrer, Thomas Gieferl und Fabian Möltner ist zu ihrer kleinen Familie geworden, bei der sie sich geborgen fühlen kann, egal an welchem Ort sie gerade ist.

AVEC live in Österreich!

Die Veröffentlichungstour vom April ist vorerst auf folgende Dates verschoben worden:

  • 04.7. Stadttheater, Gmunden
  • 18.9. Kultur Quartier, Kufstein
  • 19.9. Spielboden, Dornbirn
  • 26.9. Kulturlabor Stromboli, Hall in Tirol
  • 27.9. Rockhaus, Salzburg
  • 29.9. Dom im Berg, Graz
  • 30.9. Arena, Wien

So trägt wahrscheinlich jeder Mensch zum Teil die „Heimat“ in seinem Inneren mit sich. Desto mehr wir uns mit unseren Gefühlen und Problemen beschäftigen, desto wahrscheinlicher ist es, Frieden zu schließen und „nach Hause zu kommen“, unabhängig eines spezifischen Ortes. Und in gewisser Weise dreht sich unser Leben doch immer um Beziehungen, in Kontakt sein mit anderen, in der Gemeinschaft und dem Verbunden-Sein. So tritt AVEC mit ihren neuen Songs mit uns in tiefen Kontakt und versucht auch, uns Hoffnung zu transportieren, selbst wenn wir mit der Sängerin in die dunklen Täler der Seele hinabsteigen. Denn es gibt immer einen Weg nach draußen, eine Handlungsalternative. Wir haben immer eine Wahl. Der Song „Way Out“ wird so zu einem Appell, sich nicht unterkriegen zu lassen, sondern wieder aufzustehen und weiter zu machen, wie AVEC es ausdrückt. Und so gipfelt das Lied in einem furiosen Schlussrefrain mit lautem Schlagzeug, Gitarrenwänden und orchestralem Chorgesang, der signalisiert: Du bist nicht allein.

mehr Musik:

Aktuell: