FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

SBIDI - Steirische Breitbandinitiative

SBIDI - Steirische Breitbandinitiative

Erich Moechel

Erste steirische Glasfasernetze ab September in Betrieb

100 Mbit/sec symmetrisch als Einstiegsangebot, Richtpreis um die 40 Euro, skalierbar bis ein Gigabit/sec und höher. Herbert Jöbstl, Geschäftsführer der Steirischen Breitbandinitiative im Gespräch.

Von Erich Moechel

In der Steiermark gehen die ersten Netze in bisher mit Breitband unversorgten Gemeinden ab September 2020 in Betrieb. 135 Millionen Euro wurden in die ersten 26 Ausbauprojekte investiert, tatsächlich aber liege der Bedarf der Gemeinden um ein Vielfaches höher, sagte Herbert Jöbstl, Geschäftsführer der steirischen Breitbandinitiative (SBIDI) zu ORF.at.

Bis Ende Juni läuft noch die Ausschreibung für die Betreiberfirma der steirischen Netze, parallel wird bereits mit Internetprovidern verhandelt, denn auch die Steiermark setzt auf ein dreistufiges Modell. „Geplant sind 100 Mbit/sec symmetrisch als Minimumangebot, denn darunter fangen wir erst gar nicht an“, so Jöbstl, „Richtpreis dafür ist 40 Euro“. Wie sein Kärntner Kollege wünscht sich auch er eine deutliche Verbesserung der Breitbandkriterien des Verkehrsministeriums, die mittlerweile anachronistisch seien.

Layjet

SBIDI - Steirische Breitbandinitiative

Verlegt werden die Kabel in der Steiermark von einer solchen kombinierten Maschine der steirischen Firma Layjet. Ein Großtraktor mit 390 PS trägt vorne bis zu drei Trommeln, damit können bis zu sechs Leerrohre gleichzeitig verlegt werden, die wiederum zwei Dutzend Glasfasern aufnehmen können. Hinter dem Taktor hängt eine Kombination aus Fräse und einem Schalungsmechanismus, der das Straßenbankett während des Verlegevorgangs stabil hält. Auf geraden Strecken schafft das Gerät so bis zu drei Kilometer pro Tag.

Bauernhof mit Glasfaser, Kupfer im Industriegebiet

In Kärnten wurde im Mai mit dem Ausbau begonnen. Auch dort geschieht das mit selbstentwickeltem Gerät.

Derzeit gelten in Österreich alle Gebiete als mit Breitband versorgt, in denen im Festnetzbereich Download-Raten von 30 Mbit/sec bei einer Upload-Bandbreite von 5 Mbit/sec angeboten werden können. In der Steiermark sind das an die 75 Prozent der Gemeinden, die deshalb vorerst nicht mit Glasfaser erschlossen werden können. Die Vorgaben aus dem Ministerium lassen das nicht zu. „Wir bauen deshalb erst einmal dort aus, wo es derzeit rein gar nichts an Bandbreite gibt, nämlich weit draußen im Land. Das ist natürlich entsprechend teuer“, sagte Jöbstl, „ohne Förderung durch den Bund wäre das nicht machbar.“

So kommt es, dass in einer abgelegenen Gemeinde mit 1.200 Einwohnern wie St Nikolai im Sausal jedes Wohnobjekt und jeder Bauernhof inzwischen über einen Gigabit-fähigen Anschluss verfügt. In den dicht besiedelten steirischen Industriegebieten sind solche Anschlüsse weder jetzt noch in naher Zukunft verfügbar, ein Unding findet Jöbstl. In einem technologisch so hochentwickelten Land wie Österreich brauche es auch eine entsprechende hochentwickelte IT-Infrastruktur, allein schon für die Standortsicherung sei das unumgänglich. Deswegen werde die Anbindung aller steirischen KMUs sowie 60 Prozent der Privathaushalte bis 2030 von SBIDI angestrebt.

Layjet

Michael Pretterhofer

Verlegt werden die Rohre direkt neben dem Asphaltband, das Aushubmaterial wird über ein Förderband nach hinten transportiert, verfüllt und im selben Arbeitsgang wieder verdichtet. Die Rohre werden in einer Tiefe von 50 bis 70 Zentimetern verlegt. Die Glasfasern selbst werden erst dann mit Pressluft eingeblasen, wenn die Strecke „beleuchtet“ wird, also in Betrieb geht.

In Oberösterreich bauen insgesamt mehr als 20 Firmen Segmente des Glasfasernetzes aus, die abgelegenen Gebiete verbindet die landeseigene Fiberservice OÖ.

Der steirische Verlegebrauch

Den Ausbau besorgen - in einem der Zentren des österreichischen Maschinenbaus nicht ganz überraschend - selbstentwickelte steirische Verlege-Maschinen. Entwickelt wurden es zusammen mit der TU Wien und der Straßenbauabteilung des Landes Steiermark von der Firma Layjet über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren. Die lange Entwicklungszeit erkläre sich durch das Ziel, die Leerrohre für die Faser im Straßenkörper selbst und nicht daneben auf der grünen Wiese zu verlegen, sagte Rainer Dunst, Geschäftsführer der Firma Layjet. Das erspare langwierige Verhandlungen mit hunderten Grundstückseigentümern und allfällige Ablösezahlungen, sei aber entsprechend komplex.

Im Tiroler „Grassroots“-Modell wird das Glasfasernetz durch die Gemeinden ausgebaut. In Niederösterreich baut die Landesholding mit einem Großinvestor aus.

Um die straßenbauliche Genehmigung dafür zu bekommen, musste eine eigene Fräse samt Materialverdichter entwickelt werden, die das Bankett im Anschluss in seinen ursprünglichen Zustand versetzt. „Dazu befüllen wir den Schlitz wieder mit dem ausgefrästem Materіal, im selben Arbeitsgang wird es wieder in seinen Ursprungszustand verdichtet“, so Dunst, „Das ist ein total kritischer Arbeitsgang, denn bei Inhomogenität des Untergrunds droht die Gefahr von Straßenbrüchen, deren Reparatur enorm teuer kommt. Wir haben als einziges Unternehmen eine bis zu Bodenklasse sieben zertifizierte Technologie dafür.“ Bei Bodenklasse sieben handelt es sich um solides Felsgestein. Derzeit fräsen sich zwei dieser Layjets quer durch die Peripherie der Steiermark. Vier weitere Maschinen sind in anderen Bundesländern bzw. in Deutschland unterwegs.

Die Quarantäne und die Nachfrage

„Inzwischen haben wir uns bereits mit 70 Gemeinden akkordiert, von diesen hat praktisch jede Breitbandbedarf angemeldet. Seit dem Ausbruch des Coronavirus sind die Rückmeldungen deutlich angestiegen. In den Gemeinden, in denen wir bereits ausbauen, gab es Nachmeldungen für zusätzliche Anschlüsse“, sagte Jöbstl. Die durch die Coronaviruskrise bedingte Quarantäne hatte dazu geführt, dass plötzlich Bürobetrieb samt Videokonferenzen über schwachbrüstige DSL-Anschlüsse asbgewickelt werden musste, bei Familien mit Kindern lief darüber auch noch der Unterricht.

Herbert Joebstl

SBIDI Steirische Breitbandinitiative

Niederösterreich hat bereits reagiert, der Fördertopf wurde mit weiteren 100 Millionen Euro nachgefüllt. „Nun muss wohl langsam allen klar sein, dass der große Rückstand Österreichs auf das übrige Europa bei moderner Kommunikationsinfrastruktur nur mit großzügig bemessenen Förderungen - und zwar vom Bund - aufzuholen ist“, so Jöbstl abschließend. Der Geschäftsführer der steirischen Breitbandinitiative weiß, wovon er spricht. Davor war Jöbstl 25 Jahre lang im Management der A1 Telekom tätig, zuständig für den Netzausbau in der Osthälfte Österreichs. Im europäischen Glasfaser-Ranking der OECD liegt Österreich seit Jahren auf einem Abstiegsplatz.

Anfrage im Landwirtschaftsministerium

Damit ist nun die erste Runde der Glasfasertour durch alle fünf Bundesländer, in denen ausgebaut wird, absolviert. Aus so gut wie allen dabei befragten Landesgesellschaften kam mehr oder weniger offene Kritik an den Vorgaben des Verkehrsministeriums. Das aber ist inzwischen nicht mehr zuständig, da die Breitbandagenden nunmehr im Landwirtschaftsministerium angesiedelt sind. Und das hat Ministerin Elisabeth Köstinger bei ihrem Amtsantritt im Frühjahr dazu gesagt: „Die Agenden für den Breitband-Ausbau sind essentiell für den ländlichen Raum. Der Anschluss an hochskalierende Breitband-Netze entscheidet nicht nur über die Wettbewerbsfähigkeit ländlicher Gebiete, sondern ist auch für alle Bewohnerinnen und Bewohner in den Regionen unverzichtbar.“

Um zu erfahren, was das konkret für den weiteren Netzausbau bedeutet, wurde eine Anfrage an das Ministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus gestellt.

Es gibt wieder einen RSS-Feed für diesen Blog. Sachdienliche Informationen, Metakritiken et al. sind über dieses Formular verschlüsselt und anonym beim Autor einzuwerfen. Wer eine Antwort will, gebe tunlichst eine Kontaktmöglichkeit an.

Aktuell: