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ME/CFS: Alltag mit chronischer Erkrankung und Barrierefreiheit in der Pandemie

„I am here to crush stereotypes about chronic illness and disability“ - so liest sich die Instagram Bio der Bloggerin Rea Strawhill, auf deren Social Media Kanälen sich alles um chronische Erkrankung und Behinderung dreht.

Von Aischa Sane

Nach einer Infektion mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber und Jahren der Erschöpfung und starker Schmerzen erhält Rea die Diagnose ME/CFS. Die Myalgische Enzephalomyelitis, auch Chronisches Fatigue-Syndrom genannt, ist eine Erkrankung des Nerven- und Immunsystems.

Für Betroffene stellen alltägliche Tätigkeiten wie Zähneputzen eine große körperliche Belastung dar. Das äußert sich in der anschließenden Post-Exertional-Malaise, die auch umgangssprachlich als Crash bezeichnet wird. Zu den Symptomen eines Crashs zählen beispielsweise starke Erschöpfung, Schmerzen am ganzen Körper und auch erhöhte Licht- und Lärmempfindlichkeit. Rea berichtet aus eigener Erfahrung: „Wenn man in so einem Crash ist, kann man nicht viel tun außer in einem dunklen Zimmer liegen und ausruhen.“

Nicht alle Erkrankten sind im selben Ausmaß durch die Erkrankung eingeschränkt, das betont die Bloggerin im Interview. Schätzungen zufolge können aber mehr als 60% der ME/CFS-Patient*innen keinem Beruf mehr nachgehen. Das zeigt eine 2014 in dem Journal „Fatigue: Biomedicine, Health & Behavior“ erschienene Studie.

So geht es auch Rea. Um den langen Weg zur Diagnose und auch den Alltag mit der schweren chronischen Erkrankung zu verarbeiten, beginnt die ehemalige Lehrerin zu bloggen. „Für mich war es irgendwie in einer hilflosen Situation etwas Sinnvolles, was ich machen konnte.“ Rea greift mit Social Media Posts Themen wie Intimität mit schwerer Krankheit als auch Ableismus auf. Auf ihrem Blog, oder manchmal auch woanders, schreibt sie unter anderem über toxische Positivität, Selbstbewusstsein, oder auch über mentale Gesundheit mit chronischer Erkrankung.

Ihr ist es vor allem wichtig, Aufmerksamkeit auf die Thematik unsichtbarer Erkrankung und Behinderung zu lenken. Denn: „Sehr viele Menschen die chronische Krankheiten haben, die man einem nicht ansieht, leiden unter denselben Vorurteilen und haben dieselben Erfahrungen.“

Vor allem die Pandemie habe gezeigt, dass den meisten Menschen das Wissen darüber fehle, was ein Leben mit chronischer Erkrankung oder Behinderung bedeutet. In der Diskussion um den Umgang mit Risikogruppen kämen chronisch kranke oder behinderte Menschen, die alltäglichen Verpflichtungen nachgehen, kaum zur Sprache. „Die Leute haben nicht am Schirm, dass viele chronisch kranke Menschen junge Menschen sind - Menschen, die auch arbeiten müssen, die ein Leben haben und die auch ein Recht haben auf Teilhabe.“

Teilhabe ist für Betroffene ein wichtiges Stichwort. Die Pandemie macht Arbeiten, Studieren und Leben auf räumlicher Distanz zwangsläufig zu einer Selbstverständlichkeit. Ein Beweis dafür, dass Barrierefreiheit im Alltag keine Utopie sein muss: „Sachen wie Home Office und Distance Learning. Das sind so Dinge, die sich Menschen mit chronischen Krankheiten oder mit Behinderungen schon seit Jahren gewünscht haben.“

Ganz selbstverständlich am Leben teilnehmen zu können, auch wenn das Haus zu verlassen gerade keine Option ist. Ohne sich erklären oder dafür kämpfen zu müssen. Das ist es, was Rea und andere Betroffene sich in Zukunft wünschen, selbst wenn Social Distancing kein Thema mehr ist.

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