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AZE

Amelie Strobl

fm4 soundpark act juni

AZE sind unser FM4 Soundpark Act im Juni

Die Musik von AZE ist zum Heulen schön und zum Verlieben heiß. Unser FM4 Soundpark Act im Juni.

Von Lisa Schneider

Die Grundstimmung ist sad & sexy. Muss man mehr über den Sound einer Band wissen? AZE ist so ein österreichisches Duo der Stunde, das sich seit zwei Jahren den Weg vom Newcomer-Status nach oben schreibt. Gerade haben die beiden Musikerinnen eine erste kleine Tour absolviert, sie haben etwa für Lola Marsh in der Arena Wien den Eröffnungsslot gespielt. Läuft ganz gut.

Aber wie ist das so, wenn man erste Erfolge verzeichnen kann, wenn auch wieder die aktuelle Single („Sweet Talk“) die Stufen der FM4-Charts hinaufsaust? Verändert sich etwas daran, was man sich wünscht, für die eigene Karriere? „Think big“ sind zwei der Wörter, die AZE im Interview zwar nicht direkt aussprechen, die aber ihre offene, selbstbewusste Art im Gespräch unterstreichen. „Unsere Träume waren von der ersten Sekunde an so groß - wir halten sie auch crazy, damit irgendwas weitergeht“, sagt Beyza Demirkalp lachend, Ezgi Atas vergisst nicht, ebenfalls lachend, schnell noch eine wichtigste Vorbildfigur zu erwähnen: „Meine Mama hat mich mit 120 Prozent erzogen. Bei AZE fahren mir rein mit 180 Prozent, damit es eh was wird.“ Glauben an das, was man macht.

AZE

Amelie Strobl

Beyza und Ezgi sind Kindheitsfreundinnen, gemeinsam aufgewachsen in Oberösterreich, mittlerweile leben sie in Wien. Vor kurzem haben sie ihr 20-jähriges Jubiläum gefeiert, sie kennen und mögen! sich, seit sie drei Jahre alt sind. Viele unmöglich schöne Gedanken kommen da zusammen. Wie toll muss es sein, einen Menschen gefunden zu haben, der einen a) durchgehend erträgt und mit dem man b) aktuell auch noch Beruf und Berufung teilt? Die Stimmung im Studio ist locker, blödelnd, ausgelassen. Anglizismen und TikTok-Verweise bestimmen das Gespräch. Es ist eine schwesterliche Vertrautheit, die - und das tun die besten Geschwisterbeziehungen - zwischen purer Anbetung und leichtem Genervtsein hin- und herpendelt. Hier schreiben zwei Musik, die sich in- und auswendig kennen.

„There’s no such thing as common ground“ singt Ezgi Atas einleitend auf einer ersten AZE-Single „Common Ground“, zu finden auf der ersten EP „Dead Heat“ (2020). Die Musik ist hier ein Schutzschild gegen das Draußen, ein Festhalten an und Ruhen in sich selbst. Gleichzeitig erzählt sie von Zusammengehörigkeitsdingen, die so alt sind wie die Zeit. Wenn später im Song um dringenden Rückruf gebeten wird, weil die Sehnsucht trotz all der vorgegebenen Coolness doch zu groß ist. Oder wenn es in noch so einem besten Song im AZE-Katalog („We Move“) heißt: „I’m scared of falling out of grace / hold me tight in your embrace“. Da sind wir mittendrin im jungen Leben zwischen Liebe und Enttäuschung, die immer ein Gegenüber braucht, zwischen Selbstfindung und immer auch ein bisschen Selbstzerstörung.

AZE schreiben Musik für Menschen, die sonst gern Frank Ocean, FKA Twigs oder aber auch Lana Del Rey hören. Worin in den meisten ihrer Songs die Kunst liegt, ist, wie sanft und sacht sie eine nur scheinbar mäandernde Melodie anhand weniger Töne zum Ohrwurm machen. Hier knallt nichts extra laut, die Subtilität ist die Schönheit, man könnte manchmal sogar meinen, das funktioniert auch als Hintergrunduntermalung in überteuerten Kaffeehaus-Ketten. Die Band bestätigt das sogar, nicht beleidigt, sondern reflektiert: „Jede*r soll sich aus unseren Songs das mitnehmen, was er* oder sie* will“ - keine Details, viele Details, whatever works. Das ist auch eine Definitionsmöglichkeit der guten, leisen Popmusik: Sie verrät dir dann alles, wenn du genau hinhörst.

Am 24. 6. veröffentlichen Beyza und Ezgi ihr Debütalbum mit dem klinge(l)nden Titel „Hotline AZE“.

„Welcome to Hotline AZE, you are at just the right address for wallowing in self pity“

Und das ist nicht nur ein netter Spaß. Mit dem Album bekommen wir, im Booklet und auch als gesprochenes Intro, eine E-Mailadresse und eine Telefonnummer angeboten, bei der man sich melden kann: „We create solutions (or at least illusions that make things hurt less)“. Hinterlässt man also in welcher Form auch immer eine Nachricht, wird die in der „Sweet Talk“ Radio-Talkshow von AZE aufgegriffen und besprochen.

Das Album ist als musikalisches, vor allem aber auch als menschliches Miteinander gedacht und der Form nach als Konzept angelegt: Zwischen schon bekannten Singles stecken kurze Tracks und Interludes, die einmal etwa aus einer Voice-Memo von Ezgis Schwester bestehen. Wieso jetzt aber das erste Popalbum als Selbst- bzw. Hilfestatement veröffentlichen? „Weil ich finde, dass mental illness oft zu ernst angesprochen wird“, sagt Ezgi, „als Person mit mental illness hab’ ich’s satt, drüber zu heulen. I’m not sad anymore. Ich bin nicht beeinträchtigt, das ist eben ein Teil von mir, und der macht mich nicht zu einem schlechteren Menschen.“

Albumcover "Hotline AZE"

Amelie Strobl

Das Album „Hotline AZE“ erscheint am 24. Juni via Ink Music.

Wo sich Millenials und Prae-Millenials seit Jahren für eine Sensibilisierung bemühen, geht es ums Thema mental health in Leben und Popmusik, sind AZE als Gen-Z-Mitglieder schon einen Schritt weiter. Das ist weder arrogant gemeint noch problematisch, das ist ein individueller Lösungsvorschlag. In Albumform.

Was nämlich die Musik von AZE, aber viel mehr noch ihre Arbeitsweise prägt, ist Nonchalance. Man darf in dem Fall auch gern Schmäh dazu sagen. Und auch, wenn selten ein Wort weniger zum Genre „elegant-smoother R’n’B-Pop“ gepasst hat, lässt sich so eine authentische Brücke schlagen. Das Leben ist ab und an ein Arschloch, vor allem mit Anfang 20, wenn die Gefühle kaum erträglich intensiv sind. Es sind immerhin erste Male, durch die man Kopf und Körper manövrieren muss. Konfrontiert mit der eigenen Unzulänglichkeit, den eigenen Schwächen und immer wieder auch der Depression (die keine Schwäche ist), nehmen AZE zwar nichts auf die leichte Schulter, aber sich selbst nicht zu ernst. Und das ist in den häufigsten Fällen mehr, als man von Bühnenmenschen erwarten darf.

Stichwort Bühne: Demnächst könnt ihr AZE am 8. Juli am spectrum Festival in Villach, am 20. Juli bei ihrer Albumreleaseshow im Theater am Spittelberg in Wien, am 5. August beim Szene Open Air in Lustenau und am 7. Oktober beim 10 Volt Festival in Hallein live sehen.

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