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Screenshots und eine Collage aus Linda Meixners Instagram-Profil

Linda Meixner

„Offtober“ mit der Influencerin Linda Meixner

„Jeder Berg oder jede Tour wird irgendwann zu deinem Bühnenbild und das wollt ihr einfach nicht mehr.“ Die Influencerin Linda Meixner geht im Oktober einen Monat offline. Und nicht nur sie. Der „Offtober“ wird mit einer wissenschaftlichen Studie mit 80 Teilnehmer*innen begleitet. Wir sagen dir, wie du daran teilnehmen kannst!

Von Zita Bereuter

Auf 1423m liegt Gargellen im Montafon. Gerade mal 110 Einwohner zählt das Dorf inmitten einer prächtigen Berglandschaft. Dort ist Linda Meixner aufgewachsen. Naheliegend liebt sie Berge und das Skifahren. Sie fotografiert diese große Leidenschaft und zeigt sie auf Instagram. „Outdoor&Happiness“ nennt sie das und trifft damit eine Sehnsucht von vielen. Über 100.000 Follower hat sie derzeit und verdient ihr Geld als Influencerin. Umso erstaunlicher, dass sie ein Offline-Institut gegründet hat und zum „Offtober“ aufruft – einen Monat offline sein.

Mitmachen kann grundsätzlich jede und jeder, von 80 Leuten werden die Daten in einer wissenschaftlichen Studie erfasst. Denn wie wichtig eine Offline-Zeit ist, hat Linda Meixner während ihres Studiums gemerkt. Aber der Reihe nach.

Screenshots und eine Collage aus Linda Meixners Instagram-Profil

Linda Meixner

Online sein

So um 2018 hatte Linda Meixner über 60.000 Follower, es gab immer mehr und größere Anfragen von Kooperationspartnerschaften. Ihr Account wurde zu ihrem Job. Ein aufregender Alltag: viele Reisen und Abenteuer, Berg- und Skitouren. Immer dabei: ihr Smartphone. Rund 60 Stunden war sie pro Woche damit beschäftigt: Vom Herstellen von Content, Bild- und Textbearbeitung, Kommunikation mit Kooperationspartner*innen und Community Management. Arbeitszeit ließ sich nicht mehr von Freizeit unterscheiden. Feierabend oder Wochenende gab es nicht mehr für sie. Und irgendwann ist ihr die ursprüngliche Lust auf die Berge vergangen.

Als ich gemerkt habe, dass die Berge nicht mehr meine Berge sind und ich mich verändere, hab ich auch begonnen, darüber nachzudenken, was das eigentlich alles mit mir macht als Person.

Linda bemerkte, dass sie nicht mehr gern unter Menschen ging. „Weil man halt unter dieser ständigen Bewertung steht.“ Likes sind letztlich das Ziel. Likes sind messbar. Likes machen das Gehalt aus. Irgendwann wurde ihr diese permanente Selbstdarstellung zu viel. „Jeder Berg oder jede Tour wird irgendwann zu deinem Bühnenbild. Und das wollt ihr einfach nicht mehr.“

Das spürte sie auch körperlich. Einerseits mehrere Bänderrisse am Sprunggelenk. „Für mich war das so ein bisschen: ich verlier den Boden unter den Füßen.“ Andererseits eine Lähmung des rechten Schulterblatts. „Was liegt immer in meiner Hand? Das war das Smartphone.“ Linda erkennt Zusammenhänge und fragt sich: „Was passiert mit mir, wenn ich das Gerät mal eine Zeit lang ausschalte?“

Bis heute war das für mich eine Lebensveränderung.

Eine Antwort darauf sucht sie in ihrer Masterarbeit für Kommunikationsdesign. Sie unternimmt einen Selbstversuch: „66 Tage ohne Smartphone“. Diese Zeitdauer ist notwendig, um ein Verhalten neu zu etablieren oder zu verändern. Linda hat immer wieder verlängert. „Das war ein Prozess ohne Anfang und Ende. Ich glaube, der Prozess geht noch bis heute.“

Auf Entzug sein

Gerade die ersten Tage offline waren die schwierigsten. Teilweise hat sich Linda auch sozial isoliert. „Ich habe eigentlich eine Sucht erkannt, die mir vorher nicht bewusst war.“

Gleichzeitig erkennt Linda, dass sie damit nicht allein ist. „Es ist ganz furchtbar, was um mich rum passiert und wie das Ganze zu einem richtigen salonfähigen Alltagsproblem geworden ist in unserer Gesellschaft.“ In ihrer wissenschaftlichen Arbeit erkennt sie, dass der offline-Entzug einem Drogenentzug ähnelt. „Und ja, das hat mich dann ganz schön oft schockiert.“

Die Entwicklung beschreibt sie aber nicht nur als steinig. „Es kommt dann die Zeit, wo die ganzen Ablenkungen von außen verschwinden.“ Wo man sich mit sich selbst beschäftigen muss und sich Fragen stellt wie: „Wer bin ich eigentlich ohne all dem Außen? Ohne diesen Vergleich, den wir jetzt tagtäglich auf den sozialen Netzwerken sehen?“ Ihre Sinne wurden intensiver, sie bekam ein anderes Zeitgefühl und „Ich bin endlich wieder in Tiefschlafphasen gekommen.“

Ihre Gedanken und Erfahrungen hält sie in einem kleinen Büchlein fest. „Offline-Manifest“ nennt sie das. Es ist Teil ihrer Masterarbeit und sie gewinnt auch einen Designpreis dafür. Viel wichtiger aber war ihr die Vision, die sie in der Phase ohne Smartphone entwickelt hat: „Ich wünsche mir einfach, dass auch unsere Kinder wieder mehr Glück in ihren Händen haben, anstatt nur das Smartphone. Und wieder mehr Lebenszeit anstatt Bildschirmzeit.“
Im Smartphone sieht sie eine Technik, „die fantastisch in ihrem Können ist und absolut unabdingbar in unserem Alltag, aber eine Technik, deren gesunden Umgang wir noch nicht erlernt haben und uns fehlt einfach eine Bedienungsanleitung.“

Offline im „Offtober“ sein

Für eine bessere Bedienung hat Linda Meixner schließlich das Offline-Institut gegründet. Ein erstes Projekt ist der „Offtober“ – Einen Monat lang offline sein. Im Vorjahr hat sie das auf die Schnelle durchgeführt. Heuer wird das ganze von der UMIT Tirol, einer privaten Universität, wissenschaftlich begleitet. Dabei wird genau untersucht, was mit dem Körper passiert, wenn man einen Monat lang nicht auf Social Media ist. „Also beim ‚Offtober‘ heißt es jetzt erst mal einen Monat ohne Social Media. Mit den Klassikern wie Facebook, Instagram, Tiktok, YouTube, LinkedIn.“
Dann wird man sehen, was mit dem Körper passiert, wenn 31 Tage lang keine Timelines und Storys gecheckt werden …

Das kann man natürlich einfach so machen, man kann sich dabei aber auch als eine oder einer von maximal 80 Teilnehmenden einer wissenschaftlichen Studie bewerben.

Für wissenschaftliche Daten kriegen die Teilnehmenden an der Studie ein kleines HRV-Gerät, das präzise wie ein EKG körperliche Daten misst. Von Stressmomenten über den Schlaf zu Entspannung. Dieses Gerät wird vor und nach der Studie je 72 Stunden getragen. „Das ist ganz unscheinbar. Das kann man auch unter der Bluse tragen und man bemerkt es nicht.“ Auch während des „Offtobers“ wird damit mehrmals für 72 Stunden gemessen. Ansonsten beinhaltet die Teilnahme an der Studie auch eine Betreuung. „Immer wieder kann man sich auch in Fokusgruppen äußern. Es gibt einen „Reflektierlink“ und Austausch mit anderen Leuten, die mitmachen.“

3 gratis Plätze für FM4-Hörer*innen!

Bewerben kann man sich noch bis 18. September. Für FM4 stellt Linda drei „Studienplätze“ gratis zur Verfügung. Dafür könnt ihr euch mit einem Mail bewerben. Schreibt uns einfach in ein paar Sätzen, warum ihr beim „Offtober“ mitmachen wollt. Und: Ihr solltet auch damit einverstanden sein, dass ihr dann auch uns im Radio von euren Erfahrungen berichtet. Euer Mail bitte bis 16. September 12 Uhr an game.fm4@orf.at

Alle Infos zum „Offtober“ (von Ablauf, den Teilnamebedingungen und den verschiedenen Teilnahmeoptionen) findet ihr unter www.offline-institute.at.

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