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Mit dem Austrofred durch die Vierteln Österreichs

Florian Wörgötter

FM4 Im Viertel

Der Austrofred bringt Österreich wieder auf Schiene

In FM4 Im Viertel #9 geht es ums große Ganze: Österreichs allergrößter Popstar, der Austrofred, führt durch die Viertel Österreichs. Unterwegs im Zug erklärt der High-Performer, wo der Austrofred auf Freddy Mercury getroffen ist, wie er als Ministrant seine scharfe Predigt gelernt hat und welchen Sound of Music unsere Spitzenpolitiker*innen hören.

Von Florian Wörgötter

Zum Staffelfinale von FM4 Im Viertel fühle ich mich geehrt, dass mir der Austrofred höchstpersönlich eine Audienz gewährt. Jeder kennt ihn als die Inkarnation von Freddy Mercury, der Austropop-Lyrik auf Queen-Melodien vollendet. Als Schriftsteller („Ich rechne noch in Schilling“) und TV-Reporter („Willkommen Österreich“), als Rockstarmacher („Austrofred Academy“) und Selbsthilfe-Coach („Frag den Fred“). In all dem, was der Austrofred macht, performt er auf höchstem Pegel.

Sein Schnauzer im knallgelben Cape ist zu stattlich, als dass er uns nur ein einziges Viertel präsentiert. Der Austrofred zeigt uns gleich alle Viertel dieses Landes – zumindest jene entlang der Westbahn-Zugstrecke. Denn eine Stilikone wie er spaziert nicht – er wird gefahren.

FM4 Im Viertel: Eine Reportagereihe

In der Radioreihe FM4 Im Viertel spaziert Florian Wörgötter mit österreichischen Musiker*innen durch ihr Wohnviertel. Beim Flanieren durch spannende Gegenden erfahren wir, wie die Künstler*innen leben, wie ihr Grätzl klingt und wie sich dieser Sound in ihrer Musik wiederfindet.

Bundesbahn Blues

„Ich bin der einzige Popstar, der mehr Kilometer auf Regionalstraßen macht als auf der Autobahn“, sagt der „Champion“ darüber, dass er auch gerne in kleinen Häuseln am Land spielt, wo hohe Kultur wie die seine kein Geschenk ist, sondern erst von wackeren Veranstaltern erkämpft werden muss. Viele seiner Reisen, aber auch seiner Schreibstunden verbringt er heute im Zug („meine Heimat, mein Grätzl“).

Wer so viel auf Reisen ist, kann auch Bewegendes erzählen: Der Austrofred berichtet von einer gläubigen Pensionistin und ihrer orgiastischen Begeisterung im Speisewagen, als sich vier junge Pfarrer an ihren Tisch setzen, und wie der Austrofred überlegt, ob er sich als der fünfte Pfarrer vorstellen soll, es dann aber lieber lässt, sonst hätte die Dame einen Herzinfarkt bekommen.

Weiters erzählt der Austrofred, wie er sich am Behindertenklo entledigt, weil aber der Schließmechanismus (der Toilettentüre) nicht funktioniert, überrascht plötzlich ein Wildfremder den Champion beim großen Geschäft und wünscht sich trotz (oder wegen) der nackten Tatsachen ein Autogramm, das ihm der Champion auch gewährt (nach Geschäftsabschluss).

Und das große Gipfeltreffen am Bahnhof von Attnang-Puchheim: Auf dem einen Bahnsteig wartet der Austrofred, auf dem anderen steht die deutsche „TV-Diva“ Thekla Carola Wied, bekannt aus Filmen und Serien auf den VHS-Kassetten von Mama und Oma. „Doch hier in Attnang-Puchheim“, blickt der Austrofred bedeutungsschwanger aus dem Fenster, „ist auch sie nur ein Mensch. Wenn wir uns im Umgang mit Mitmenschen öfter vor Augen halten, dass auch sie ein Mensch sind, und auch sie einmal hier am Bahnsteig von Attnang-Puchheim stehen könnten, dann wäre unser Zusammenleben ein positiveres“. Wort.

Hansdampf in allen Vierteln

Der Austrofred kommt gerade aus München, wo er seine zweite Residenz aufgeschlagen hat. Ob Österreichs größtem Popstar Österreich zu klein geworden ist? (= Germanofred?) „Nö, aber der Austrofred-Style wird auch in Bayern sehr geschätzt“. Außerdem ist die Stadt an der Isar auch ein bequemes zweites Standbein, mit dem man nicht weit springt zu den vielen Gigs im Westen Österreichs. Und in einer Stadt, die auf den Werten der Braukultur fußt, fühlt sich der Austrofred immer wohl – im Gegensatz zum Mostviertel, dessen Fruchtikus ihm schon weniger mundet. Schließlich bezieht er seine Nährstoffe seit frühen Kindheitstagen aus dem Flascherl mit Gerstensaft.

„Das Grätzl Österreich klingt wie ein Loop vom ‚Nana-Nanana‘ von ‚Live is Life‘: richtig gmiadlich. Darüber das doppelt schnell gepitchte ‚Dritter Mann‘-Thema: richtig nervig“

Bei rauchtauglichen Zwischenstopps vertreten wir uns kurz die Turnpatscherl am Bahnhof. Der Austrofred kommentiert das Trainspotting mit wertschätzenden One-Linern: „In Salzburg steht ein Railjet, noch ein Railjet. Herrlich“. „In Linz fährt eine Latte an Anschlusszügen weg; dableiben wollen die wenigsten“. Und: „In St. Pölten ist es ganz sauber, weil keine Leute da sind. Für was auch.“

Mit dem Austrofred durch die Vierteln Österreichs

Florian Wörgötter

Zum Hausruckviertel hat er wenig zu sagen. Im Mühlviertel wohnen „die Burgenländer Oberösterreichs, landschaftlich ist es aber das schönste Viertel“, sagt der Austrofred, dem menschenverachtendes Verhalten fern steht, doch ein guter Mühlviertler-Witz geht immer.

Dann endlich erreichen wir das „einzig relevante Viertel Oberösterreichs“: das Traunviertel, jener Herrgottswinkel, wo der Austrofred vom Himmel gefallen ist. Genauer gesagt im ländlichen Waldneukirchen, unweit von Steyr, am Tor zum Nationalpark-Steyrtal. Zur klassischen Landjugend gehöre auch das jahrelange Ministrieren. Was er damals als Ministrant für seine heutige Bühnenperformance gelernt hat? „Eine scharfe Predigt. Die Showtechniken der katholischen Kirche sind meisterhaft“, sagt der Austrofred. „Kennst du einen besseren Performer als mich? Sänger gibt es in der Klassik schon noch zwei, drei bessere, aber Performer?“. Keine Widerrede dem hohen Priester des Konzertevangeliums.

Hail to the Queen

Als Jugendlicher verbrachte er viel Zeit in den acht Plattenläden von Wels. „Diese Zeit hätte ich gerne wieder zurück“, bilanziert der Musikliebhaber. Sein größter Fund damals: seine erste Schallplatte von Queen namens „Hot Space“ (1982). Das Album mit seiner meisterhaft produzierten Mainstream-Musik war wegweisend für ihn, weil sie ihm erstmalig Chöre, Rhythmuswechsel und gefinkelte Arrangements zeigte. Und: „Hot Space“ setzte den Grundstein für die Karriere des extravagantesten Freddy Mercury-Doubles aller Viertel dieses großen Landes.

Mit dem Austrofred durch die Vierteln Österreichs

Florian Wörgötter

Wie sein Geistesvater, Kreisky-Frontmann Franz Adrian Wenzel, auf die glorreiche Idee gekommen ist, Austropop-Texte über Queen-Melodien zu singen? „Eine klassische Schnapsidee, eigentlich totaler Mumpitz, aber auf einer Party fanden es alle ulkig“, so der Austrofred über seinen ersten Gig. „Die im Pop höchstmögliche Theatralik von Queen bricht die Erzählhaltung des Austropop, dass ein Ambros, Fendrich oder Steinbecker neben dir sitzt und eine Geschichte erzählt“. Daraus entstanden Mashups wie „Schifoan“ von Wolferl Ambros über „We will rock you“, „Fürstenfeld“ von STS auf „The Show Must Go On“ oder „Märchenprinz“ von der EAV meets „Bohemian Rhapsody“.

Der Austrofred vereint diese scheinbaren Widersprüche auf schier logische Weise, die ungestellte Freundlichkeit des Bauernhofs mit der großen Pose von Freddy Mercury („drei Viertel Macho, ein Viertel Ballerina“). Die wichtigste Eigenschaft des zu früh verstorbenen Sängers hat er in gerade einmal zwei Stunden Rollenstudium analysiert: „Der Mix aus Schlackern und Gib ihm-Faustmove, die Balance zwischen Antauchen und Aushauchen.“

Dass Remy Malek für seine Impersonation mit einem Oskar gewürdigt wurde und nicht der Austrofred, nimmt er sportlich: Schließlich sei der Oscar eine Auszeichnung stellvertretend für alle Freddy Mercurys dieser Welt, also auch für ihn, worauf er ein bisserl stolz ist.

Quo vadis, tu felix Austria

Seinen Hauptwohnsitz hat der Austrofred noch immer im Wiener Grätzl Meidling. „Ich habe dort schon oft den Sebastian Kurz joggen gesehen – und als er frisch aus der Schule zum Aussenminister wurde, hat er dort mit seiner Mama einen reisetauglichen Koffer gekauft. Das war süß.“

Wie beurteilt der Austrofred die Leistung unserer Führungsetage im Jahr 2019: Der Kanzler, ein Studienabbrecher mit den falschen Freunden? Sein Vize, ein Strandverkäufer der österreichischen Interessen? Und der „Kaiser“ macht Werbung für den JÖ-Club und seine Datensammelwut? „Die Gage vom Jö-Club hätte ich auch gerne“, so der Austrofred lapidar und bedankt sich für die „schöne Insel Ibiza“, denn noch einmal Schwarz-Blau würde ihm „keinen Steifen“ bereiten und prognostiziert: „Kurz wird jetzt Klima-Kanzler. Nachdem er die Balkan-Gschisti-Gschasti geschlossen hat, rettet er jetzt den Planeten“.

Mit dem Austrofred durch die Vierteln Österreichs

Florian Wörgötter

Ein bisschen leid tue es ihm um die Grünen und was aus ihnen als Regierungspartner werden könnte. Einen Tipp, wie Österreich wieder auf Schiene kommt, will er Werner Kogler aber nicht geben, sonst würde der ihm noch sagen, wie er singen soll. Da entbrennt ein lustiges Zugfahr-Ratespiel, mit dem wir ins Herz der Politik vorstoßen: Was hören eigentlich Österreichs Politiker für eine Musik? Oder: Austrias real Sound of music.

Die Kurzfassung: Was hört der Ex-Kanzler? „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sebastian Kurz sich an Musik erfreut“. Was hört Grünen-Chef Werner Kogler? „Canned Heat – On the Radlstreifen again“. Die FPÖ-Halbspitze Norbert Hofer: „Einen gehobenen oder weniger gehobenen Schlager“. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner: „Nora Jones – bissl nobliger, aber noch was fürs Herz“. Und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: „Die wurde sozialisiert mit der Kelly Family und das ist ihr geblieben“.

Der Koloss von Austros

Der größte Hit des Austrofreds ist die Motivationshymne „Eich Dodln gib I Gas“. „Der Bruder einer Bekannten hat ein zwölf-Stunden-Radrennen lang nur diesen einen Song in Endlosschleife gehört. Das motiviert!“. Wer im Lande Österreich noch Extra-Gas brauchen könnte? „Ich selbst“, gesteht der Tausendsassa. „Wenn du alles gemacht hast und alles erreicht hast, dann ist es im Olymp egal, ob du fünf oder sechs Bücher geschrieben hast“, sagt ein zweifelnder Austrofred, der sein Vermächtnis noch nicht in Stein gemeißelt sieht.

Mit dem Austrofred durch die Vierteln Österreichs

Florian Wörgötter

„Das ganz große Austrofred-Kunstwerk steht noch aus“. Was das sein könnte? Ein großes Album? Ein großes Buch? Nein. „Eine große Statue! Die Kreisverkehre Niederösterreichs haben noch genug Leerraum für ein g’scheides Austrofred-Denkmal“. Die Beine sollen aber nicht einfach in der Mittelinsel stehen, sondern „breithaxat" über der Kreisfahrbahn wie ein „Arc de Triumph“, und die Hand streckt sich in 60 Meter Höhe zum Himmel. „In Niederösterreich kannst du gleich eine ganze Terra-Cotta-Armee von Austrofreds aufstellen“.

Die Schlussfrage im Tunnel vor dem Wiener Hauptbahnhof: Wäre das Grätzl Österreich ein Musikstück, wie würde es klingen: „Stell dir vor, du sampelst den Anfang von ‚Live is Life‘ von Opus – das Schlagzeug (‚Brmbrm-tsch-n-tsch-n-tsch‘) und den Gesang (‚Nana-Nanana‘) – richtig gmiadlich. Dann kommt dazu das Thema vom ‚Dritten Mann‘ – hochgepitcht und doppelt so schnell – richtig nervig.“

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