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Pressekonferenz der Regierung mit Anschober, Kurz, Nehammer und Kogler

APA/ROLAND SCHLAGER

Blumenaus 20er-Journal

Die Krise ist Männersache

Die Krisenkommunikation obliegt Männern. Weil die Geschlechter-Parität in der Regierung eben nur eine scheinbare ist. Was aber macht das mit den Frauen, was mit der angeblich schon fixierten Gleichstellung?

Von Martin Blumenau

Ja, eh, dumm gelaufen. Zwei wichtige Ministerinnen, die zuletzt diverse Diskurse anführten (Zadic beim Thema Justiz, Gewessler bei der Klima-Krise) sind grade out of focus. Und als Gesundheitsministerin war auch lange eine grüne Frau (Hebein) im Gespräch.

Nur: Zufall ist das keiner.
Dass die Macher in der Krise jetzt ausschließlich Männer sind: Kurz, Kogler, Anschober, Nehammer sind (in dieser rituellen Reihenfolge) die Kommunikatoren, die Musketiere, die zur Rettung von Mylady Österreich antreten.
Denn allem paritätischen Gerede zum Trotz: Frauen haben nur am Rande, tendenziell in weicheren Bereichen ihre Führungsaufgaben. Wenn’s ans Eingemachte geht, sind die Herren der Schöpfung unter sich. Und es hinterfragt auch keiner (oder habt ihr irgendwo eine mediale Debatte drüber vernommen? Ich nicht) - der Krisenmodus ist Männersache, da fährt die Eisenbahn des Mansplainings drüber. Auch die öffentlich auftretenden Gesundheitsexperten und Virologen: zu 95% Männer.

Dabei wäre die politisch höchstrangige Expertin, eine Epidemiologin, eine Parteichefin und ehemalige Gesundheitsministerin für den Job einer zentralen Krisenmanagerin, die der Bevölkerung die Dinge nicht nur strategisch schlau und mit guten Marketing-Schmähs, eindringlichen Bildern und unterschwelligen Spins, sondern in vollumfänglicher Kompetenz erklären kann, vorhanden. Sie darf aber aus taktischen Gründen keine Spielfläche bekommen, sondern muss als co-kommentierende Expertin außen zusehen und lächelnde Miene zu einem Match machen, das sie deutlich besser verstünde. Das ist so als ob Guardiola Hasenhüttl analysieren müsste.

Es war bei einer Veranstaltung, wo man eigentlich hinter die Oberflächen und Schlagzeilen schauen soll, beim FM4-Protestsong-Contest als (von Seiten des Moderators) die Frage auftauchte, ob es denn nicht langsam genug wäre mit den Kampf gegen das Patriarchat, weil doch eh eine offensichtliche Gleichheit herrschen würde - wie in der damals noch ganz fischen Regierung sichtbar. Solange sich der öffentliche Diskurs mit Alibi-Aktionen vom Wesentlichen (etwas ganz Simplen: der tatsächlichen Gleichberechtigung) ablenken lässt und Behauptungen aufstellt, die beim allerersten Ernstfall wie das lächerliche Kartenhaus, das sie sind, zusammenbrechen, ist klar. Ja, lieber Kollege O., es ist noch lange nicht genug.

Eine klarere Geschlechterteilung als in der aktuellen Krise ist gar nicht möglich: die Männer leiten die Krisenstäbe und die Krankenhäuser, die Frauen die Supermarktkassen und die Pflege- und Krankenbetten. Und die Ministerinnen sind dafür zuständig zu schreiben wie unglaublich gut der Kanzler nicht ist. Und nicht nur darin spiegelt sich das konservative (bis reaktionäre) Gesellschaftsbild von Rechts-Parteien wider. Fast alle neue Regeln sind dezidiert auf die klassische Kern-Familie abgestimmt, Scheidungs- oder gar Patchwork-Modelle wurden ebenso wenig mitgedacht wie etwa die Situation von Singles. In gesellschaftspolitisch deutlich liberaleren Deutschland ist etwa eine einzelne andere Person aus einem anderen Haushalt als Kontakt erlaubt.

Man kann das (aus gesundheitspolitischer Sicht) schon alles so handhaben, darf aber den Blick auf die Tatsache, dass die Handschrift des Händlings dieser Krise eine rein männliche, patriarchal denkende ist, nicht verstellen. Ich muss jetzt nicht einen Nazi wie Carl Schmitt und seinen dieser Tage erstaunlich oft zitierten Satz über den Souverän im Ausnahmezustand zu Hilfe holen, um die Folgen dieses männlich und konservativ determinierten Krisenmanagements auf die Gleichstellungs-Diskussion oder womöglich sogar für die ganz banale, österreichische Zukunfts-Praxis des Feminismus als katastrophal einzuschätzen. Auch weil sich in den Gefühligkeiten der jungen, mit dieser Krise sozialisierten Generation wieder Muster verfestigen können, die eigentlich schon deutlich weiter weg waren.

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