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Mitarbeiter bei der Chip Produktion in einem Reinraum

APA/GERT EGGENBERGER

Erich Moechel

USA holen die Halbleiterproduktion aus Asien zurück

Zwei neue Gesetze stellen in einer ersten Tranche 37 Milliarden Dollar für Subventionen an internationale Unternehmen bereit, die in den USA Fabriken für Hochleistungsprozessoren errichten. Chinesische Firmen sind davon ausgenommen.

Von Erich Moechel

Die jüngsten Sanktionen gegen Huawei, die den chinesischen Konzern vom Zugang zu Hochleistungsprozessoren abschneiden sollen, sind nur der sichtbare Teil eines weit größeren, strategischen Zugs der USA. Im Juni kamen zwei neue Gesetzesentwürfe in den US-Senat, die zusammen etwa 37 Milliarden Dollar an Investitionszuschüssen für den Bau von Halbleiterfabriken in den USA versprechen.

An einer schnellen Verabschiedung bestehen kaum Zweifel, denn beide Gesetze werden von Senatoren beider Fraktionen unterstützt. Die Initiative dafür geht weniger auf Präsident Trump, sondern auf die Militärs zurück, die seit Jahren immer dringlicher vor dem Wegbrechen der Industriebasis im Verteidigungssektor warnen. Die erste Zusage liegt bereits vor, der weltweit führende Auftragsfertiger von Chips, TSMC hat angekündigt ein erstes Werk in den USA zu errichten.

Extreme ultraviolet lithography tool

Public Domain

Die Schlüsseltechnologie für die Fertigung superschneller Prozessoren heißt „extreme Ultraviolettlithographie“ - hier auf einem Foto aus den Lawrence Livermore Labors - sie wird für die Herstellung moderner Chips im 10-Nanometer-Design & kleiner benötigt. Sowohl im Chip-Design wie auch bei solchen Lithografiemaschinen, die in allen Chipfabriken stehen sind die USA seit jeher führend, bei den Fertigungsstrecken selbst - also bei der Produktion - fällt man im Mobilbereich immer weiter hinter Taiwan und Südkorea zurück. (siehe unten)

„Vorherrschaft beim Design absichern“

Beide Bills lassen schon im Namen keine Fragen offen. Der Anfang Juni eingereichte „Creating Helpful Incentives to Produce Semiconductors Act“ (CHIPS) der Senatoren John Cornyn Cotton (R) und Mark Warner (D), fördert über die Bundesstaaten, die solche Hochtechnologiefirmen hereinholen wollen, Produktionstätten, die vom Pentagon für seine aktuellen Programme benötigt werden. In den ersten Jahren sind Zuschüsse in Form von Steuernachlässen von bis zu 40 Prozent pro Jahr vorgesehen, die dann langsam sinken. Die Stellungnahme von Senator Warner zum Gesetzestext wirkt wie eine Antwort auf alle diesbezüglichen Beschwerden der US-Militärs der letzten zehn Jahre. Zwölf Milliarden Dollar sind dafür bereitgestellt.

„Dieses Gesetz soll die Ansiedlung von modernen Fertigungsstätten für Halbleiter in den USA stimulieren und die Versorgungskette und unsere Vorherrschaft beim Design absichern“, sagte Warner. Ebenso werde damit der US-Abhängigkeit von den Produktionslinien anderer Staaten bei modernen Hochleistungschips entgegengewirkt und damit die nationale Sicherheit gestärkt. So ziemlich alle diese Punkte entsprechen den langlährigen Forderungen der Militärs, die 2018 mit einem Untersuchungsbericht zur bröckelnden Industriebasis des US-Militärs öffentlich und laut Alarm geschlagen hatten.

Screenshot aus Dokument

Public Domain

Der Creating Helpful Incentives to Produce Semiconductors Act abgekürzt als CHIPs und der begleitende American Foundries Act.

Der Bericht des Pentagon zur Industriebasis des Militärs zeichnete 2018 ein alarmierendes Bild des Niedergangs im Produktionsbereich, Verlust von Know-How und kaum noch wettbewerbsfähigen Zulieferfirmen.

Der Weg zu 5 Nanometer-Chips

Vorhaben Nummer zwei, der „American Foundries Act“ (AFA) - was übersetzt „Gesetz für amerikanische Halbleiterfabriken“ heißt - ist mit etwa weiteren 25 Milliarden Dollar dotiert. Die Bill wird von Tom Cotton (R), Chuck Schumer (D), Kirsten Gillibrand (D) und einer Reihe weiterer Senatorinnen und Senatoren aus beiden Lagern unterstützt. Gefördert werden nicht nur die Neuansiedlung bzw. die Modernіsierung kommerzieller Chip-Fabriken, fünf Milliarden sind allein für die Forschungsförderung bestimmt, zwei Milliarden davon gehen an die militärische Forschungsagentur DARPA.

Beide Gesetzesvorhaben ergänzen einander. Wahrend CHIPS den einschlägigen Projekten des Pentagon unter die Arme greifen soll, ist der AFA Act auf die Produzenten kommerzieller Chips ausgerichtet und da ist man natürlich an Prozessoren der obersten Leistungsklasse interessiert. Die neuesten Hochleistungsprozessoren der 5-Nanometer-Klasse können derzeit nur TSMC und Samsung produzieren. Intel ist mit dem Umstieg auf von 10 auf 7 Nanometer-Fertigung ebenfalls auf dem Weg dorthin, allerdings mit einem großen Unterschied. 2019 ist Intel mehr oder weniger ganz aus dem Mobilfunksektor ausgestiegen, die ersten fortgeschrittenen 5G-Chips werden daher diese beiden Firmen produzieren.

Cover eines Berichts des Pentagon

Pentagon | Public Domain

Der Bericht der Task Force des Verteidigungsministeriums forderte dieselben Schritte um möglichst viele der ausgelagerten Fertigungsprozesse in die USA zurückzuholen. In den Jahren davor waren periodisch solche Berichte erschienen, die den laufenden Zerfall der US-Industriebasis in immer drastischeren Worten schilderten.

Viel Lärm um wenige Prozessoren

Im Bereich Mikroelektronik ist der Weltmarktanteil der USA seit 1998 von 25 auf 5 Prozent geschrumpft, die Industriebasis erodiert parallel dazu. In Folge gibt es im Zivilbereich immer weniger Ingenieure und Facharbeiter, mit den Fabriken verschwindet auch das Know-How. In erster Linie wird daher die Frage sein, woher die USA Fachpersonal und Techniker nehmen werden, wenn diese Branche während einer Generation um 80 Prozent geschrumpft ist.

Die Ankündigung von TSMC, ein Werk für 5-Nanometer-Prozessoren in Arizona mit dem Ziel aufzubauen, dort ab 2024 zu produzieren. In vier Jahren seien solche Chips bestenfalls noch Mittelklasse, sagte Jan-Peter Kleinhans, Experte für Halbleiterlieferketten zu ORF.at und verwies auf die Ankündigung der Firma, ab 2022 mit der Prduktion in der 3-Nanometer-Klasse zu beginnen. Die geplanten 20.000 Chips pro Tag seien eine eher lächerliche Menge, wenn man sie mit den 2,5 Millionen Chips der gesamten Tagesproduktion vom TSMC vergleiche. Ein wirklich großer Deal sei das also nicht, sagte Kleinhans, denn einem solchen stünden die gegenüber Taiwan weitaus höheren Produktionskosten in den USA entgegen.

Vorläufiges Fazit

Trotz der gewaltigen Summen, die aufgewendet werden, um die Elektronikproduktion in den USA mehr oder weniger neu anzusiedeln, ist es also keineswegs ausgemacht, dass die USA damit bedeutende Teile der Industrieproduktion wieder an Land ziehen werden.

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