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Frau mit VR-Brille von Blättern bedeckt

Andrea Macchia

Auf der Kunstuni Linz trifft VR auf Mode, Biochemie & interaktive Medienkunst

Neben Online-Streams und dem Campus der Johannes-Kepler-Universität findet am Ars Electronica Festival heuer vieles in und rund um die Kunstuni Linz statt: „The Wild State“ lockt mit VR-Spaß, Modedesign zwischen Innovation und Nachhaltigkeit und Deep-Space-Raumerlebnissen. Hier ein paar Highlights.

von Michaela Pichler und David Riegler

„In the Lab“ - Mode zwischen Schwarzen Löchern und Nachhaltigkeit

Wenn man durch die Tore der Kunstuniversität Linz schreitet, eröffnet sich die „The Wild State“-Welt - ein Experimentier-Garten aus den unterschiedlichsten Disziplinen, in dem während der Ars Electronica Festival-Woche gestaunt und ausprobiert werden darf.

Ins Auge sticht dabei eine kleine Ausstellung des Studienzweigs „Fashion & Technologie“: „In the Lab“ präsentiert drei experimentelle Arbeiten von Bachelor-Studierenden. Aaron Alvin Keller hat für seine Arbeit „IN_BETWEEN_SPACES“ einen neuen Stoff kreiert und gewebt, um den langwierigen Prozess eines simplen Kleidungsstückes wie eines T-Shirt zu vereinfachen: Der gewebte Stoff ist doppellagig, die gewünschte Form wird ausgeschnitten und das fertige, dreidimensionale Einzelteil entfaltet sich, ganz ohne Nähte.

Auch Melanie Nutz hat für ihr „In the Lab“-Projekt eine spezielle Hand-Webe-Technik verwendet. Mit „Material Matters“ widmet sich die Studentin auf nachhaltige Weise den Konzepten Zero Waste, Recycling und Upcycling. Für ihre Abschluss-Kollektion im Bachelorstudium sammelt sie Männerhemden auf Flohmärkten und in Secondhand-Läden, zerschneidet diese in kleinste Einzelteile und webt sie zu einer neuen Struktur zusammen.

Melanie Nutz betreibt dabei auch „Fashion Hacking“ - Knöpfe wandern durch die Webtechnik an andere Stellen und bekommen so eine neue Funktion, somit können die Einzelteile enger und weiter gemacht werden, individuelle Größen sind bei ein un demselben Stück damit möglich. Melanie Nutz bleibt in ihrer Kollektion ihrem eigenen Motto treu und verwertet jegliches „Abfall“-Material, was im herkömmlichen Modebetrieb alles andere als Status Quo ist.

Mode Beispiele

Melanie Nutz

Das wohl futuristischste Werk im Mode-Lab heißt „INVERT“ und stammt von Tania Pérez-Hernandez. Inspiriert vom Weltall und von Schwarzen Löchern stellt sich die Mode-Studentin die durchaus brutale Frage, welche Kräfte im luftleeren Raum auf einen menschlichen Körper wirken könnten. Was in Sci-Fi-Filmen à la „Interstellar“ nach purer Horrorvorstellung klingt, verwandelt Pérez-Hernandez in der 3D-Fashion-Design-Software CLO in deformierte Körper, die aufeinanderprallen und völlig neues entstehen lassen.

Im Virtuellen Raum erschafft die Studierende damit Formen und Gestalten, die nur wenig mit menschlichen Körpern zu tun haben. Um diese digitale Transformation auch wieder in die analoge Welt zu bringen, produziert Tania Pérez-Hernandez dreidimensionale Abbildungen. Für die Ausstellung am Ars Electronica Festival entstanden durch diesen Prozess im Raum schwebende, rote Plexiglas-Installationen.

Mode Beispielbild

Tania Pérez-Hernandez

Mode zum Schmecken

Die Ausstellung „In The Lab“ ist ein kleiner Auszug aus dem Studienfach „Fashion & Technology“, der seit fünf Jahren auf der Kunstuniversität Linz angeboten wird. Modedesigner Ute Ploier hat gemeinsam mit Designforscherin Christiane Luible-Bär den Lehrgang gegründet, am Institut treffen seither Mode und Designkonzepte auf Wissenschaft und Technologie. Mit dem Ziel, neue Wege in der Modewelt zu definieren, die viel mit Nachhaltigkeit zu tun haben als mit der derzeitigen Schnelllebigkeit und Kleidung als Wegwerf-Produkt.

Im Studienplan finden sich deshalb auch ganz andere Disziplinen, die nichts mit Stofflehre und Mode-Werkstätten zu tun haben, wie das Biolabor zum Beispiel.

„Dort arbeiten die Studierende zum Beispiel mit Pilzen und Bakterien, die werden als Co-Produzent*innen genutzt. Da färben die Bakterien die Textilien, denn die Färbeindustrie ist eines der größten Probleme in der Modeindustrie“, erzählt Studienleiterin Ute Ploier. Im Labor entstehen außerdem innovative Stoffe, wie zum Beispiel Fruchtleder aus Äpfeln und Himbeeren. „Das riecht und schmeckt auch sehr gut!“ Ganze Obstleder-Kleidungsstücke hat Ute Ploier allerdings noch nicht gegessen, bisher wurden nur kleine Stoffproben verköstigt.

„The Sound of Tea“ - Kombucha für die Ohren

Ähnlich biochemisch geht es auch in anderen Projekten auf der Kunstuni Linz zu: Wie beim fast schon magische Werk „The Sound of Tea“ zum Beispiel. Aus Kombucha-Bakterien, Zucker, Wasser, Mikroorganismen, ein paar Drähten und einem Magneten hat Robert Angerer einen Lautsprecher gebaut. Dafür hat der Studierende die Membran des fermentierten Tees hergenommen, die im trockenen Zustand an braunes Leder erinnert – und mit Angerers Konstruktion eindrucksvoll Sounds zum Erklingen bringt. Ein Kunstprojekt als chemisches Experiment: „Ich musste tatsächlich über ein halbes Jahr mit den unterschiedlichen Zuckersorten experimentierten. Es hat sich dann herausgestellt, dass sich Fruchtzucker am besten für mein Vorhaben eignet“, erklärt Angerer.

Gerät für das Geräusch von Tee

Robert Angerer

WWWORLDGARDEN: Ein knallbuntes VR-Festival Erlebnis

Drei Stages, bunte Laserprojektionen und freakige Visuals – so sieht das Festival WWWORLDGARDEN von Thu Trang Eva Ha aka DJ Shinsekai aus. Sie studiert Interface Culture auf der Kunstuni Linz und hat auf der Suche nach einer Alternative für die vielen abgesagten Festivals, eine virtuelle Festival-Welt erschaffen, in die man mittels VR-Brille und Headset eintauchen kann. Mit dem VR-Controller in der Hand geht man auf Entdeckungsreise durch das knallbunte Festival-Gelände und kann drei Stages entdecken, die entweder Mainstream-EDM, verspielten J-POP oder experimentelle IDM-Musik anbieten.

Visual WWWORLDGARDEN

Thu Trang Eva Ha

„Neugierig sein, die Augen offenhalten und Abenteuer erleben, das alles ist Teil eines Festivals und Teil des Menschseins“, sagt Thu Trang Eva Ha. Auf andere Festivalbesucher*innen hat sie bewusst verzichtet, denn nach Monaten von Online-Partys, Zoom-Calls und Virtual-Events, wollte sie bewusst einen Digital-Space schaffen, in dem man sich zurückziehen kann und die Umgebung und sich selbst in Ruhe wahrnehmen kann, ohne ständig abgelenkt zu werden. Es gibt ohnehin mehr als genügend Eindrücke in der liebevoll gestalteten Festival-Area von WWWORLDGARDEN.

Cooperative Aesthetics: Mit anderen im Deep Space interagieren

Unter dem Deckmantel „Cooperative Aesthetic“ präsentieren die Studierenden des Studiengangs “Zeitbasierte und Interaktive Medienkunst” an der Kunstuni Linz ihre Projekte, die sie für den Deep Space entwickelt haben. Die Grundlage ist ein Saal, der mit einem Lasertracking-System ausgestattet ist, der die Position und Bewegung der Personen im Raum erfassen kann.

Diese Technologie wird kombiniert mit Projektionen im Raum, die sich mit den Bewegungen der Menschen verändern. Die Studierenden haben mit den Studiengangsleiter Gerhard Funk 13 verschiedene Deep-Space-Projekte gestaltet.

Bild Hidden Garden

Hyelim Lee

Die Studentin Hyelim Lee hat diesen immersiven Raum genutzt um ein altes chinesisches Gleichnis „Die blinden Männer und der Elefant“ neu zu interpretieren. In ihrer Version namens „Hidden Figures“ stellen die Personen im Deep Space entweder Tänzer*innen oder Augen da. Wer allein den Raum betritt kann sich nicht als Ganzes erleben und tappt weitgehend im Dunkeln, darum braucht es mehrere Personen, die mit ihrer Anwesenheit die versteckten Bereiche im Raum erhellen. Gemeinsam sieht man mehr.

Holy Hydra 3.0: Clubkultur trifft Religion

Zum dritten Mal wird das Ars-Electronica-Festival durch die Holy Hydra ergänzt, eine Veranstaltungsreihe in einer einzigartigen Location: Der Stadtpfarrkirche Urfahr – Jugendkirche Grüner Anker. In der Kirche selbst wurde eine kunstvolle Rauminstallation eingebaut, die durch Projektionen an den Wänden ergänzt wird. Statt Kirchenbänken gibt es am Boden markierte Bereiche, wo man mit Abstand zu den anderen die Performances genießen kann. Hinter der verwandelten Kirche steht der Verein „Die geile Hydra“, deren Mitglieder sich dafür einsetzen, dass Leerstand und freie Räume genutzt werden.

Kirche Projektion

Lima Mike

Das Programm zeigt die Vielfalt der lokalen Kultur- und Kunstszene und reicht von Tanzperformances, über experimentelle Orgelmusik bis zu Clubkultur, bei der elektronische Musik auf heilige Räume trifft. Für Amanda Augustin vom Verein „Die Geile Hydra“ soll das Projekt die Schnittstellen zwischen Clubkultur, Spiritualität und Religiösität aufzeigen: „Die Faszination, die Ekstase, etwas anhimmeln und in einer anderen Welt sein.“

Im Rahmen der Ars: Dalia’s Late Night Lemonade – Radio Show in VR

In die Area for Virtual Art wird am Samstag, 21 Uhr Dalia’s Late Night Lemonade übertragen. Eine Radioshow auf virtual Reality. Dazu wird es Live Auftritte der lokalen Musikerinnen Adaolisa und Farce geben. Radio- und Live Musik wird da also in die Area for Virtual Art gebeamed und zeitgleich hier auf fm4.orf.at gestreamed, im FM4 Twitch Channel der FM4 Spielekammerl Show übertragen und als Teil des Ars Electronica Streams gesendet.

Zu hören und zu sehen auf FM4 und fm4.ORF.at am 12. September ab 21 Uhr!

Alle Infos dazu gibt’s hier

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