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Der Song zum Sonntag: Vague - „Waters“

Vague aus Wien veröffentlichen mit „Waters“ ein Lied wie den Soundtrack zum Oktober und es ist sehr, sehr gut. Das dritte Album der Band wird 2021 erscheinen.

Von Christoph Sepin

Jetzt, im Herbst, können wir an dieser Stelle auch wieder einmal vermehrt Lieder vorstellen, die man sich am besten daheim anhört, während es draußen kalt, dunkel und regnerisch ist. Lieder bei denen auch schön melancholische Stimmungen entstehen dürfen, wenn man aus dem Fenster rausschaut. Wie passend und gut also, dass die Gruppe Vague vor wenigen Tagen ihren „Waters“ betitelten Oktober-Soundtrack rausgebracht hat, gerade rechtzeitig zum Monat, in dem traditionell tausende Studierende aus den Bundesländern nach Wien ziehen und irgendwie ein neues Leben beginnen.

Das kommt auch thematisch alles gut zusammen, der Neuanfang in der Stadt und das Lied, in dem das titelgebende Wasser nur als Metapher dienen darf: So einigen passiert es gleich zu Studienbeginn, zumindest in „normalen“ Jahren, dass der neue Lebensort in den ersten Monaten zu einem großen Teil in der Nacht entdeckt wird: Dank Mischung aus neugefundener Freiheit und Selbstständigkeit, urbanem Überangebot und nach abgeschlossener Schulzeit notwendiger Prokrastination verbringt man schon einmal das erste (oder zweite oder dritte) Semester weniger in öden Hörsälen als in spaßigen Bars - und dort könnte auch irgendwie der Schauplatz von diesem Herbstlied sein.

In einer Bar, kann man sich gut vorstellen, arbeitet die Protagonistin des Songs, in den Lyrics einfach „my friend“ genannt, eine Freundin, die dort irgendwo hinter einer Theke stehen könnte: „My friend works at night“, lautet Zeile Nummer 1 des Songs. „She sees the day from time to time“. Und wie bei den erwähnten Studienbeginner*innen ist so eine alternative, nächtliche Wahrnehmung der Stadt schon in Ordnung, weil „all she wants to be is out at night and seize no daylight“. Auch dieses Lied könnte gut spätnachts in Kneipen gespielt werden.

Hold on to the waters, we are around town

Das letzte Album der Gruppe Vague namens „Land“ ist im Jahr 2018 erschienen, Platte Nummer 3 ist gerade in Produktion und soll 2021 rauskommen. Als Produzent taucht hier auch wieder einmal der Name Wolfgang Möstl auf, was man in „Waters“ vor allem am Stone-Roses-esken, schön repetitiv-psychedelischen Finale des Songs hören kann.

Die Geschichte geht mit einem Snapshot aus dem Leben eines weiteren Freundes weiter, der nicht so happy-go-lucky, wie die Freundin aus Vers 1 ist: „He serves the pain from 9 to 5, he’s quite grumpy“, aber auch er ist gern in der Nacht unterwegs: „All he wants to be is out at night and seize no daylight“. Schöne Betrachtungen der Alltäglichkeiten, die so richtig wunderbar im Herzstück des Songs kulminieren, einem liebevoll zusammengebauten Refrain, in dem Observation zum Durchhalteratschlag wird: „Hold on to the waters, we are around town at night, take in everything“. Eigentlich alles ganz simpel, aber so ist es eben oft am besten.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

„Waters“ ist ein Lied, das man sich zum spät Heimgehen oder verkatert Aufstehen anhören kann, zum Planen einer Reise nach Manchester oder bevor man sich Ondi Timoners Dokumentation „Dig!“ anschaut, in der doch ein ganz ähnlicher Soundtrack zu hören ist. Einflüsse aus der Vergangenheit der Musikgeschichte sind groß, aber das passt schon alles so. Hier wird nicht einfach von den Besten, wie den im Pressetext erwähnten Talking Heads kopiert, sondern mit Liebe Inspiration gefunden.

Eine Aufgabe dieser Kolumne ist es, Songs zu überanalysieren, wer das alles überspringen möchte, bekommt hier eine Zusammenfassung: Dieses Lied ist sehr, sehr gut. Davon können sich eine handvoll Leute in wenigen Tagen auch live überzeugen: Am 1. Oktober spielen Vague eine platzmäßig streng limitierte Single-Release Show im fluc in Wien. Bis dahin: „Hold on to the waters“. (Update: Leider muss das Konzert im fluc verschoben werden. An einem neuen Termin in naher Zukunft wird gearbeitet).

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