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Song zum Sonntag: Mira Lu Kovacs - „Pull Away“

Abstand halten, weitermachen, optimistisch in die Zukunft blicken: Mira Lu Kovacs veröffentlicht mit „Pull Away“ ein Lied über persönliche Veränderung und hoffnungsvolle Schritte nach vorne.

Von Christoph Sepin

Manchmal steckt man so tief in den eigenen Emotionen drin, dass man sich in zwei Menschen teilt: Einerseits weiß man eh, dass das mit dem (gebrochenen) Herzen ein Ding ist, das vorüber geht. Dass Gefühle sich irgendwann wieder ändern können. Dass Liebe, unerwidert oder nicht, ein temporärer Zustand sein und von Person zu Person wandern kann.

Innen drin, im Kopf, in der Brust, toben aber Stürme, die nicht einfach durch Vernunft vertrieben werden können und wollen. Objektiv betrachten versus subjektiv befangen sein - wenn das doch alles so einfach wäre, ist es aber nicht. Zeit hilft immer, und ein Lied darüber zu schreiben oder zu hören ebenso. Und kann die schweren Gefühle sogar in schönste Melancholie verwandeln.

„Pull Away“, der neueste Song von Mira Lu Kovacs (z.B. 5K HD oder My Ugly Clementine) ist ein höchstpersönlicher Schauplatz, es geht ums Ich und ums Du. Eine zerbrechliche Situation also, der man sich bedächtig und ruhig annähern muss. Zum Glück ist Mira Lu Kovacs eine Meisterin des Minimalismus, Akkorde und Stimme in ihren Liedern sind immer pointiert, andererseits auf das Notwendigste, die Essenz des Songs reduziert. Alles was in „Pull Away“ drin sein muss, ist drin zu finden, alles was drin sein soll auch.

Wenn man im gemeinsam mit den anderen My Ugly Clementine-Mitgliedern betriebenen Podcast hört, dass sich ihre ersten Kompositionen um simple Sachen, wie den Garten daheim, drehten, dann ist das keine Überraschung. Alltägliche Momente, allgemeingültige Emotionen werden beobachtet und werden klug und durchdacht zu Liedern. „Ich kann mich erinnern, dass ich mir etwas selber vorgesungen habe, wenn ich mich trösten wollte“, sagt sie im Podcast über ihre musikalischen Anfänge. Irgendwie ist das auch im neuesten Lied so.

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„Pull Away“ zwei Wörter, die aus mehreren Perspektiven interpretiert werden können: Du musst Abstand halten, oder: ich muss mich von dir distanzieren, damit ich glücklicher werde, damit du glücklicher wirst. Hier wird aus Erfahrung gesungen, man weiß eh, was gut ist, was man machen sollte und machen wird: „But I pull myself away, I put it out the way, you be still, don’t say! I gotta pull away from you“.

It’s better this way

Wie passend, dass Mira Lu Kovacs, nachdem sie Musik nicht mehr unter dem Projektnamen Schmieds Puls, sondern unter ihrem eigenen veröffentlicht, jetzt ein Lied der persönlichen Veränderung veröffentlicht. Wenn sie die Straße zum ihr bekannten Haus besingt, die sie entlang wandert, dann könnte das auch ihre eigene Straße sein. Wenn sie „all I want is rushing over to you“ singt, dann könnte das auch einfach eine frühere, vertraute Version von ihr selbst sein, zu der sie manchmal gerne zurück wollen würde - aber weiß, dass das nicht gut ist: „So wie meine Songs, die ich vor fünf Jahren geschrieben habe, heute in einer anderen Sprache zu mir sprechen, so spreche ich in ‚Pull Away‘ mit mir über fundamentale Veränderungen im Jetzt“, so Kovacs.

Simpel wie sein Inhalt, ist auch die Komposition von „Pull Away“ gewesen: Noch einfacher als ein klassisches Piano ist das alte Keyboard-Pendant von Casio, das oft sogar eine eigene Funktion hat, um Akkorde mit nur einer Taste zu spielen. Dass daraus ganz wunderbare Songkonstrukte entstehen können, kennen wir von zum Beispiel Liedern der Wiener Musikerin Monsterheart - und auch Mira Lu Kovacs hat ihren neuesten Track damit geschrieben: „Für mich macht es einen Riesenunterschied, welches Instrument ich zum Schreiben eines Songs benutze. Und wiewohl ich selten mit Tasteninstrumenten arbeite, entstand dieser Song, als ich mit einem uralten Casio-Keyboard herumzuspielen begann“, sagt sie dazu.

Vertraut, warm, behaglich bleibt alles an diesem Lied, eben wie die besungenen vertrauten Emotionen. Ein Abschiedslied in Richtung Vergangenheit, mit Respekt und Liebe zu ebendieser in jeder Note. Und ein versöhnlicher, vorausblickender Schlusssatz am Ende der drei Minuten: „It’s better this way“. Es ist besser so. Und wenn man ganz genau hinhört, sind im Hintergrund die Wellen und das Meer, wohl als Metaphern für Hoffnung und Veränderung, zu hören.

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