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Der Horror des Hudelns

„Remothered: Broken Porcelain“ könnte sympathisch altmodischer Survival-Horror sein - der wahre Schrecken liegt aber in seinen technischen Problemen.

Von Rainer Sigl

Wer es ernst meint mit seiner Begeisterung für große Kult-Horrorfilme, landet früher oder später in Italien. Dort entstanden ab den 70er-Jahren unzählige Filme, die Horrorfreunde auch heute noch in Ehren halten. Und das nicht immer, weil sie so besonders gut gemacht wären, im Gegenteil. An Italo-Schockern wie „Ein Zombie hing am Glockenseil“ oder „Das Haus an der Friedhofsmauer“ hat man fast 40 Jahre später deshalb Spaß, weil sie retrospektiv betrachtet wunderbarer Trash sind, der sich trotzdem auf Respekt abringende Art und Weise selbst ernst nimmt.

Auch das soeben erschienene Survival-Horrorspiel „Remothered: Broken Porcelain“ stammt aus Italien und stellt sich in diese Tradition - allerdings nicht ganz freiwillig. Die Ähnlichkeiten reichen vom klassisch britischen Gruselsetting, wie es auch in vielen italienischen Horrorfilmen zum Einsatz kommt, über das völlige Fehlen des andernorts oft schon penetranten selbstironischen Augenzwinkerns bis hin zum Spagat zwischen riesiger Ambition und technischen und budgetären Beschränkungen.

Eine wilde Geschichte

Die Geschichte, die in „Remothered: Broken Porcelain“ erzählt wird, ist kompliziert und verworren und das nicht nur, weil es die Story des ersten Teils mit dem Untertitel „Tormented Fathers“ fortführt. Es geht um dunkle Familiengeheimnisse, Geisteskrankheit, mysteriöse Nonnen, Experimente mit Psychopharmaka, Hypnose und Wahnsinn - die Aufzählung allein macht ebenso wie der am Beginn des Spiels stehende Rückblick auf den ersten Teil klar, dass dieser Mystery-Psychothriller sich inhaltlich viel vorgenommen hat.

Die Ausgangssituation ist dagegen recht simpel: In der Rolle des jungen Mädchens Jennifer muss ich in einem nächtlichen Gasthaus voller mordlüsterner Psychopathen und gruseliger Gestalten überleben. Das bedeutet hauptsächlich, nicht entdeckt zu werden, während ich nach Schlüsseln und relevanten Gegenständen suche. „Remothered: Broken Porcelain“ ist ein sehr klassisches Survival-Horror-Spiel, nur dass ich im Unterschied zu den Genreklassikern „Resident Evil“ und „Silent Hill“ meist völlig wehrlos bin und schleichen, mich verstecken und oft auch wegrennen muss.

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Fataler Frühstart

Hin und wieder schafft es „Remothered: Broken Porcelain“ durchaus, angenehme Gänsehaut und Angst zu erzeugen und mit seiner geheimnisvollen Geschichte für Spannung zu sorgen, doch leider weicht der Grusel ziemlich oft Kopfschütteln und Ärger. Die Lautstärke der Dialoge ist katastrophal durcheinander, manche Animation führen zu absurden Verrenkungen, einige Szenen hätten etwas mehr Überleitung vertragen, Videosequenzen starten nicht und und und.

„Remothered: Broken Porcelain“, entwickelt von Stormind Games, vertrieben von Modus Games, ist für PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch und Windows erschienen.

Was vielleicht wie der Vorgänger ein altmodisches, aber solides Horrorspiel sein könnte, ist im Augenblick noch voller Bugs, technischer Probleme und wackeliger Präsentation. Dass dieses Spiel offensichtlich unbedingt noch vor Halloween erscheinen musste, hat ihm sichtlich nicht gut getan.

Im jetzigen Zustand ist „Remothered: Broken Porcelain“ leider aus den falschen Gründen zum Fürchten. Das ist sehr schade, denn die Ambitioniertheit seiner Macher ist ebenso wie die Fortführung der italienischen Horrortradition durchaus bemerkenswert. Im jetzigen Zustand kann man dieses Spiel aber nicht empfehlen; das fieberhafte Nachreichen von Patch um Patch beweist, dass die Entwickler die Arbeit an ihrem Spiel noch längst nicht abgeschlossen haben.

Statt „Broken Porcelain“ sei deshalb an dieser Stelle aber „Remothered: Tormented Fathers“ empfohlen: Der Vorgänger ist für alle, die ihn noch nicht kennen, noch immer einen Horrorspiel-Abend wert.

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