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UG-Novelle: Viel Kritik nach Begutachtung

An den Universitäten rumort es gewaltig. Die Bundesregierung hat eine große Unireform angekündigt. In der Begutachtungsphase der UG-Novelle kommt allerdings Kritik von allen Seiten. Studierende und wie Lehrende befürchten Einsparungen und sinkende Qualität in der Lehre.

Von Paul Pant

Es soll die größte Unireform seit knapp zwei Jahrzehnten werden. Betroffen sind alle zentralen Bereiche von Studien- über Organisations- bis zum Personalrecht. Entsprechend groß ist auch die Kritik. Mehr als 380 Stellungnahmen sind bis zum Ende der Begutachtungsfrist des Gesetzesvorhabens im Parlament eingegangen. Studierende, Lehrende und auch viele Interessensvertretungen können wenig Gutes an den Reformvorhaben finden.

24 ECTS Mindeststudienleistung

Eine der zentralen Neuerungen sieht vor, dass StudienanfängerInnen in den ersten vier Semestern mindestens 24 ECTS-Punkte erreichen müssen. Schafft man das nicht, soll man für das Studium 10 Jahre gesperrt werden. Kritik daran kommt von der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH): „Durch diese Maßnahme wird einerseits verhindert, dass sich Studierende eingehend mit dargebrachten Studieninhalten in einem jeweils individuellen Lerntempo auseinandersetzen können, andererseits werden die Lebensrealitäten der Studierenden mit Berufstätigkeit, Betreuungspflichten, psychische Konstitution und soziale Absicherung vollkommen außer Acht gelassen“, heißt es in ihrer Stellungnahme.

Das Universitätsgesetztes (UG) ist erstmals am 1. Oktober 2002 in Kraft getreten. Die Universitäten wurden damit in die Autonomie entlassen. Seit 2002 gab es einige mehr oder weniger große Reformen, oftmals begleitet von Protesten der Studierenden.

Clara Ebner, Studentin der Translationswissenschaft an der Uni Graz sieht in der geplanten Mindeststudienleistung eine massive Verschlechterung der Situation für Studierenden, die sich ihr Studium selbst finanzieren müssen. Sie befürchtet, dass Menschen aus Einkommens-schwächeren Familien gar nicht mehr versuchen werden, neben dem Arbeiten ein Studium anzufangen. Denn, wenn der Anspruch gestellt wird, dass man sich auf ein Vollzeitstudium voll konzentrieren müsse, dann ginge das nur, wenn man auch ein Dach über dem Kopf habe, sagt Clara.

Leistungsdruck

Der Leistungsdruck steige aber auch für jene Studierende die Vollzeit studieren können, sagt Clara. Möchte man zum Beispiel zwei Studien gleichzeitig beginnen, müsse man laut dem Vorschlag in beiden Studienrichtungen die 24 ECTS-Punkte in zwei Jahren absolvieren. Dazu sollen die erlaubten Prüfungsantritte ebenfalls reduziert werden. Für Clara Ebner ein klarer Widerspruch mit der Zielsetzung des Gesetzesvorschlages, mehr Studienabschlüsse zu bekommen.

Mehr Studienabschlüsse

Das erklärte Ziel der Gesetzesnovelle sei einerseits die Verkürzung der Studiendauer und andererseits, dass die Anzahl der Abschlüsse steige, heißt es im Begleitschreiben zum Gesetzesvorschlag aus dem Wissenschaftsministerium. „Unterstützungsleistungen von Seiten der Universitäten sollen den Studierenden helfen, ihr Studium von Beginn an gut zu planen“, heißt es weiter. Wie das konkret aussehen soll, bleibt vage. Derzeit schließen nur sechs Prozent der Studierenden das Bachelor-Studium in der normalen Studienzeit ab.

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Auch die - aus Professoren, Mittelbau, Studierenden und allgemeinem Personal bestehenden - Senate lehnen die Mindeststudienleistung ab. Begrüßt wird sie dagegen vor allem von den Rektoraten: Die Universitätenkonferenz (uniko) sieht damit eine langjährige Forderung umgesetzt - vereinzelt kommen aber auch Bedenken. Das Rektorat der Musik-Uni Wien will etwa die Kunstunis davon ausnehmen: Dort gebe es einerseits ohnehin schon eine hochselektive Zulassungsprüfung und andererseits genug Mechanismen, um einen ausreichenden Studienfortschritt sicherzustellen. Auf jeden Fall zu weit geht auch der uniko die in der Novelle vorgesehene Sanktion einer zehnjährigen Sperre bei Nichterreichen der Mindestleistung - zwei Jahre seien ausreichend.

Kettenverträge

Auch viele Lehrende im sogenannten universitären Mittelbau haben zahlreiche kritische Stellungnahmen verfasst. Sie kritisieren vor allem die Neuordnung der „Kettenverträge“. Denn für viele Lektoren gibt es an den Unis keine unbefristeten Anstellungen, sondern in der Regel auf ein Semester befristete Arbeitsverträge - an manchen Unis betrifft das bis zu 85 Prozent der Lehrenden. Diese Kettenverträge sollen auf maximal sechs Jahre begrenzt werden. Christoph Ebner, Lektor am Institut für Translationswissenschaft in Graz, sieht darin eine große Gefahr für die Qualität der Lehre. Denn es bedeute defacto ein Berufsverbot nach sechs Jahren auf der jeweiligen Uni. Die Praxis zeige nämlich, dass Anstellungen von den Unis selten bis gar nicht vergeben werden, sagt Ebner.

Auf Unverständnis stößt in vielen Stellungnahmen auch der Zeitpunkt für diese Unireform. Viele Studierende haben seit Beginn der Pandemie keinen Hörsaal mehr von innen gesehen. Und das Distance Learning funktioniere alles andere als reibungslos, hört man von Studierendenvertreter*innen. In einem Interview der Tageszeitung „Der Standard“ sagt Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) dazu, dass Termine für Veränderungen oftmals unpassend seien. Er räumte allerdings ein, dass er sich diesen Kritikpunkt genauer ansehen will.

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