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Der Song zum Sonntag: La Femme - „Foreigner“

La Femme aus dem französischen Biarritz haben vor Kurzem ihr drittes Album „Paradigmes“ veröffentlicht. Darauf zu finden ist auch der Heartbreak-New-Wave-Song „Foreigner“.

Von Christoph Sepin

„One day or another, we all end up feeling like a foreigner“, sagen La Femme zu ihrem neuesten Song und öffnen damit eine Welt der Interpretationsmöglichkeiten. Was bedeutet es, foreign, fremd zu sein? Wie definiert man das für sich selbst, wie definieren das andere? Foreign ist man natürlich nicht nur an Orten, sondern auch mit Menschen - damit beschäftigt sich die Band, gegründet 2010 im französischen Biarritz, in diesem Track. Der „Foreigner“ hier, das ist das gebrochene Herz.

La Femme werden oft als Psychedelic Rock beschrieben, dann manchmal als Punk, sind aber in allen möglichen Genres daheim: Das klingt einmal nach Dream Pop, einmal nach Soft-Goth-Romantik, dann wieder nach New Wave oder Beat-Basteleien à la Avalanches. Songs wie „Septembre“ und „Tatiana“ vom zweiten Album „Mystère“ aus dem Jahr 2016 sind mittlerweile Rock’n’Roll- und Spätnachts-in-der-Bar-Auflegen-Evergreens.

Wie schön also, dass dieses Konzept von retroaffiner Psychedelia und Lo-Fi-Synth-Pop jetzt auf der neuen Platte „Paradigmes“ fortgeführt wird - dazu kommt auf Album Nummer 3 eine Freude am Reisen im Kopf. Wenn das schon in echt nicht möglich ist, dann hört man hier zumindest Samples, die klingen wie abhebende Flugzeuge und Lieder, die das Gefühl von jetzt noch ferneren Orten wiedergeben. Da passt ein Songtitel wie „Foreigner“ eh auch sehr gut in diesen Mix.

Wären La Femme ein Film, dann wären sie wohl „Plan 9 from Outer Space“ - oder wenn schon nicht der, dann wenigstens Tim Burtons Bio-Pic über Ed Wood, den wohl legendärsten Filmemacher dieses als Trashkino bekannten Genres: eine Persiflage auf das Verschroben-Seltsame und Charmant-Gute, eine Band, bei der man nicht genau weiß, wo der Spaß beginnt, der Ernst aufhört und was da überhaupt genau wie gemeint ist. Der wolkig-verzerrte Psychedelic-Signature-Sound der Gruppe trägt sein Übriges zur allgemeinen Orientierungslosigkeit bei. Aber das kann eben auch sehr schön sein, nicht genau zu wissen, wo man ist in einem Lied und wo es jetzt als nächstes hingeht.

Auf dem neuen Album „Paradigmes“ gibt es Lieder über Vampire („Le sang de mon prochain“), Lieder, inspiriert von Orten in den USA („Cool Colorado“ und „Pasadena“) und ein Lied, in dem die Band auf Englisch singt, „Foreigner“, zu dem vor wenigen Tagen ein Musikvideo veröffentlicht wurde, in dem La Femme touristisch durch Paris cruisen. „This is cheesy as can be because it feels good when it feels foolish!“, sagt die Band dazu.

Ganz aufgeregt, nervös und außer sich beginnt „Foreigner“ mit Synthesizer und Drums, dann öffnet sich all die Schwere des Herzschmerzes: „Yesterday you broke my heart“, was für ein Drama und dann: „Before I was like your lover, but today I’m a foreigner.“ Wir gehörten mal zusammen, jetzt sind wir uns fremd, aus der Popwelt kennt man dieses Motiv sehr gut, selten wurde es so zappelig thematisiert wie von La Femme. „Like a lover in the night, I’m looking back and I don’t know why now I’m a foreigner“.

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Es geht um bekannte Bilder, um Dinge, die man bereut („Oh, I’m sorry baby, I’m giving to you a radio silence“), um Erinnerungen an alle schönsten Zeiten („Yesterday we were together, you and me like dreamers“), um Eifersucht und Gefühlsachterbahnen („I got a ticket for the love rollercoaster“). Das klingt alles so überspitzt kitschig, da hat wohl auch ein ironischer Zugang zur Heartbreak-Thematik beim Songwriting eine große Rolle gespielt.

Denn zum Ende hin suhlt sich dieses Lied noch einmal in der „Foreigner“-Metapher: Da wird vom Reisepass für das Herz gesungen, wärst du ein Gebäude oder ein Land, dann würde ich dich gerne besuchen, so geht’s weiter und: „I want the stamps for the magic ride, in the mystery train of love“. Das gebrochene Herz kann eben manchmal auch so klingen: Hektisch und ruhelos, absurd und verwirrend. Und wenn es das tut, dann spielen La Femme den passenden Rhythmus dazu.

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