FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Spitzenkandidatin der FLÖ bei der ÖH-Wahl 2021 Gabriele Urban

radio FM4/Jan Hestmann

ÖH-Wahl

Die FLÖ präsentieren sich als unabhängige Alternative

Die 23-jährige Gabriele Urban ist Spitzenkandidatin der Unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) bei der ÖH-Wahl 2021. Das Alleinstellungsmerkmal der FLÖ ist ihre parteipolitische Unabhängigkeit, die Forderungen teilt sich die Fraktion aber mit anderen Fraktionen.

Von Philipp Emberger | Video: Pauline Binder & Michael Troll

Die Fachschaftslisten sind die einzige kandidierende Fraktion bei der ÖH-Wahl, die keiner Partei nahesteht und von keiner Partei finanziert wird. Ein Umstand, den die diesjährige Spitzenkandidatin Gabriele Urban möglichst oft betont: „Unser erstes Ziel, das alle anderen umfasst, ist, dass wir eine parteipolitisch unabhängige Alternative in der ÖH bieten wollen.“ Gabriele Urban ist 23 Jahre alt und studiert Technische Chemie an der TU Wien. Sie setzt gemeinsam mit ihrer Fraktion in diesem Wahlkampf drei Schwerpunkte: Qualität im Studium, finanzielle Sicherheit und Praktika.

Qualität, Sicherheit, Praktika

Unter Qualität im Studium verstehen die FLÖ ausreichende Prüfungsplätze für Studierende, Rechtssicherheit und eine Verbesserung der Lehrqualität. Als Wissenschaftsministerin würde Gabriele Urban „sofort mal das Studienrecht aufmachen“ und dort Regelungen für prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen betreffend Anwesenheitspflicht und Prüfungswiederholungen festlegen. Eine Anwesenheitspflicht von 100 Prozent hält Urban für nicht sinnvoll.

Unter der Überschrift der finanziellen Sicherheit fordert die Fraktion, die sich aus Fachschaften von verschiedenen Universitäten gegründet hat, den Ausbau des Beihilfensystems hinsichtlich Anspruchsdauer und Höhe. Das vergangene Jahr habe vor allem die Studierenden hart getroffen, so die Spitzenkandidatin. Der dritte Fokus der Fachschaftslisten liegt auf der Forderung nach ausreichender Bezahlung von Studierenden-Praktika. Das sind alles Forderungen, die sich so oder in leicht abgewandelter Form auch bei anderen Fraktionen im Wahlprogramm finden.

Von 18. bis 20. Mai findet die ÖH-Wahl 2021 statt. Studierende wählen die Bundesvertretung, die Hochschulvertretung und die Studienvertretungen.

Auf fm4.ORF.at stellen wir alle acht bundesweit antretenden Fraktionen vor.

Mehr Privatsphäre bei Onlineprüfungen

Mit der Leistung der Hochschulen in der Coronakrise ist die FLÖ-Spitzenkandidatin nicht wirklich zufrieden. Das Ausfallen von Lehrveranstaltungen auch Monate nach Ausbruch der Pandemie hält sie für problematisch. Den „Push“ in Richtung Digitalisierung sieht sie aber ebenso positiv wie die Tatsache, dass manche Lehrende nun doch gezeigt haben, dass sie ihre Lehrveranstaltungen digital abhalten können. Urban hofft, dass die vermehrte Digitalisierung auch nach der Pandemie als Ergänzung beibehalten wird. Ein positives Beispiel sei etwa die Abhaltung von Onlineprüfungen. Diese seien eine gute Ergänzung für Studierende mit Betreuungspflichten. Kritisch sieht Urban dabei aber den Umgang mit der Privatsphäre und fordert ausreichende rechtliche Regelungen, wenn Studierende bei Onlineprüfungen ihre „Kamera im Schlafzimmer“ einschalten müssen. Dass Prüfungen aufgezeichnet und gespeichert werden, geht für Urban und die FLÖ „überhaupt nicht“.

Wo stehen die Fachschaftslisten?

Während es bei den anderen Fraktionen aufgrund der parteipolitischen Nähe einfach ist, sie im politischen Spektrum einzuordnen, ist das bei den FLÖ nicht auf den ersten Blick klar. Angesprochen auf die wesentlichen Aufgaben der ÖH ergibt sich dann aber doch eine Einordnung in der linken Hälfte der Fraktionen. Die Grenze, was Aufgabe der ÖH sei und was nicht, ist für Gabriele Urban „sehr fließend“. Sie sieht die Österreichische Hochschüler*innenschaft in einer gesellschaftlichen Verantwortung und deshalb müsse sich die ÖH auch um Themen wie Wohnen, öffentlichen Verkehr oder Diskriminierung kümmern. Aufgabe der ÖH sei es nun mal, „Studierende zu vertreten“, und das sind Themen, die Studierende betreffen, so die Spitzenkandidatin, die sich damit für das allgemeinpolitische Mandat der ÖH ausspricht. Für die Einordnung spricht auch, dass die FLÖ in den letzten Jahren stets mit linken Fraktionen eine Koalition gebildet haben. Diese sind allerdings nicht ganz ohne Spannung, wie ein Blick in die letzte Funktionsperiode zeigt, abgelaufen.

Ein Blick zurück

In der vergangenen ÖH-Funktionsperiode waren die Fachschaftslisten eine Zeit lang Teil der „Studierendenregierung“, der Exekutive. Als besondere Leistung ihrer Fraktion in dieser Zeit hebt Urban die Förderung von Schulungen für Studierendenvertreter*innen hervor. Ein weiterer Punkt, auf den sie stolz ist, ist die Einführung des Corona-Härtefallfonds für Studierende in den von der Pandemie betroffenen Semestern. Ein Verdienst, den sich gleich mehrere Fraktionen auf die eigene Fahne schreiben.

Die Fachschaftslisten haben das Ende der vorigen Koalition von GRAS, VSStÖ und FLÖ ausgelöst. Urban dazu: „Wir haben im letzten Sommer einfach anerkennen müssen, dass die Zusammenarbeit in der aktuellen Version nicht mehr funktioniert hat und haben uns dann dafür entschlossen, die Exekutive zu verlassen und Weg frei zu räumen für eine neue funktionierende Zusammenarbeit.“ Diese Zusammenarbeit ist bis heute nicht zustande gekommen – derzeit gibt es eine Exekutive ohne Mehrheit im Studierendenparlament. Ein großer Kritikpunkt der FLÖ war, dass es mit den Koalitionspartner*innen nicht mehr möglich gewesen sei, die Politik der türkis-grünen Regierung zu kritisieren. Ein Seitenhieb, der sich vor allem gegen die grüne GRAS richtet, diese weisen die Kritik zurück.

Die Koalitionsfrage

Die Parteinähe der übrigen Fraktionen wird sich auch in einer zukünftigen Koalition nicht grundsätzlich ändern. Wer bleibt also als Koalitionspartner für die Fachschaftslisten übrig? Verhandlungsbereit zeigt sich die Spitzenkandidatin mit allen Fraktionen außer dem RFS. Auf die Frage, wer denn ihren Wähler*innen garantiere, dass die FLÖ die nächste Koalition nicht wieder auflösen, gibt sich die Spitzenkandidatin ausweichend: „Ich denke, man muss Streitereien auch mal in der Vergangenheit lassen und dann in die Zukunft blicken.“ Urban gibt sich zuversichtlich, dass es die FLÖ in der Zukunft wieder schaffen, mit den anderen Fraktionen zusammenzuarbeiten: „Prinzipiell glaube ich aber wirklich, dass es keinen Sinn macht die Probleme von der letzten Periode in die nächste mitzunehmen.“

Urban versteht, dass Studierende die ÖH kritisch sehen und gibt sich selbstkritisch, die ÖH habe in den letzten zwei Jahren keinen guten Job gemacht, sich nach außen hin gut zu verkaufen. Gleichzeitig merkt Gabriele Urban aber an, dass dieser Eindruck täusche und doch viele Dinge wie der Corona-Härtefallfonds oder das Beratungsangebot gelungen seien. Angesprochen auf ihr Wahlziel, würde sie sich freuen, wenn zu den derzeitigen fünf Mandaten „ein sechstes oder siebentes dazukommt“. Ob das Realität wird, entscheidet sich zur ÖH-Wahl zwischen 18. und 20. Mai.

Aktuell: