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Wie queer ist die Spieleindustrie?

Was vor wenigen Jahren noch weitgehend eine Anstrengung von Vereinen und Zusammenschlüssen war, ist mittlerweile auch für große Unternehmen Thema: So treten nun auch Games-Konzerne für die Sichtbarkeit der LGBTIQA-Communitys ein. Ist das Opportunismus, um neue Märkte zu erschließen oder nachhaltige Solidarität und Teil eines neuen gesellschaftlichen Selbstverständnisses?

Von Robert Glashüttner und Christian Stipkovits

Wir sind mitten im Pride-Monat, wo wir auf FM4 queere Communities feiern und über die Lebensrealitäten von LGBTIQA-Personen sprechen. Viele davon spielen oft und gerne Computerspiele, aber in deren Storys und Gemeinschaften ist Queerness immer noch ein Randthema.

Seit ein paar Jahren gibt es allerdings mehr und wachsende Initiativen, einerseits aus dem Indie-Games-Bereich, andererseits teilweise auch direkt aus der Industrie. Von den drei großen Spielkonsolenkonzernen Nintendo, Playstation und Xbox setzt sich vor allem letztgenanntes Unternehmen schon seit einigen Jahren stärker für queere Communities und allgemein Inklusion in Games ein als die Konkurrenz - mit eigenen Merchandise-Produkten, virtuellen Skins, Figuren und Gegenständen oder auch eigens kuratierten Spiele- und Filmsammlungen. All dies passiert aber nicht nur während des Pride-Monats, wie Maxi Gräff, zuständig für die Marketingkommunikation bei Xbox im deutschsprachigen Raum, im Interview mit FM4 betont:

„Das geht natürlich übers ganze Jahr hinweg. Deswegen gibt es etwa auch Aktionen am International Coming Out Day. Bei der Spieleentwicklung (in den Xbox-Studios, Anmerkung) wird immer wieder darauf geachtet, wie Repräsentation aussieht - und das passiert nicht nur im Pride-Month, sondern dann, wenn die Spiele in Entwicklung sind.“

Die Industrie wird diverser

Das ist natürlich auch Marketing und das Erschließen neuer Zielgruppen, aber dennoch eine erfreuliche Entwicklung, sagt der freie Journalist Matthias Kreienbrink im FM4-Interview, der bereits viel zum Thema queere Repräsentation in der Gameskultur recherchiert hat:

„Solche symbolischen Gesten sind nicht unwichtig. Es ist zwar alles Marketing, aber für queere Menschen kann es ein schönes Zeichen sein, wenn ein großer Konzern sich auf diese Weise sichtbar macht. Auf der Entwickler*innenseite geht es natürlich einerseits ebenfalls um Geld, aber dann gibt es auch die andere Seite: Wir haben es hier mit einem Medium zu tun, wo unglaublich kreative Menschen arbeiten und versuchen, ihre Vision umzusetzen - das tun sie teilweise in Indie-Studios, aber auch in großen Triple-A-Studios. In den letzten circa zehn Jahren wurde diese Industrie viel diverser.“

Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Knife Sisters"

Transcenders Media

„Knife Sisters“ (Teil des „Queer Games Bundle“ 2021)

Wer erzählt diese Geschichten?

Dennoch werden queere Settings und Geschichten in Games nicht immer von Menschen gestaltet und geschrieben, die selbst aus LGBTIQA-Communitys stammen. Ist auch nicht nötig, sagt Kreienbrink, doch es besteht dann die Gefahr, dass Lebensrealitäten verzerrt oder falsch abgebildet werden. So werden in queeren Games und auch Filmen etwa öfter als vielleicht notwendig, recht tragische Geschichten erzählt - eines von mehreren queeren Stereotypen, mit dem treffenden Namen „bury your gays“.

Queere Spieletipps:

Darüber hinaus gibt es weiterhin das Problem des sogenannten Queerbaiting, wo mit inhaltlichen Andeutungen versucht wird, Personen aus queeren Gemeinschaften anzulocken. Diese Andeutungen werden in den jeweiligen Geschichten und ihren Charakteren schließlich aber nicht eingelöst, um nicht zu riskieren, das „normale“ heteronormative Publikum abzuschrecken. Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass: Dieser inkonsequente Zugang wird glücklicherweise immer öfter als das entlarvt, was er ist - auch in der Games-Industrie, wo Spiele mit klar identifizierbaren etwa homosexuellen oder Transgender-Personen oft als Positivbeispiele herangezogen werden. Dazu zählen - abseits des Indie-Bereichs - etwa „The Last of Us“ (2013) oder „Tell Me Why“ (2020).

Konservativer Widerstand

Doch obwohl sich in Sachen Diversität und Sichtbarkeit von queeren Personen auch in der Gameskultur viel zum Besseren verändert hat und weiterhin stark verändert, ist gleichzeitig auch viel bleibender Widerstand spür- und sichtbar, wie Maxi Gräff von Xbox bestätigt:

„Wenn wir unser Logo (auf Regenbogenfarben, Anmerkung) ändern, bekommen wir auch viele Hassnachrichten. Das war die letzten Jahre über immer so, es hat sich nicht verändert. Es gibt das positive Feedback unserer Core-Community, wo die Leute sich bedanken. Dem entgegen steht die andere Seite. Doch von diesen Gegensprechern lassen wir uns nicht beirren, sondern wollen trotzdem, dass alle Spieler sich bei uns wohlfühlen. Und wenn dann jemand deshalb zur Konkurrenz gehen will: Bitte schön.“

Figuren aus dem Computerspiel "Tell Me Why"

Dontnod Entertainment / Xbox Game Studios

„Tell Me Why“

FMqueer Spielekammerl-Show

Michaela Pichler und Robert Glashüttner werden sich in der aktuellen FM4 bzw. FMqueer Spielekammerl-Show (Donnerstag, 17. Juni) durch queere Games wühlen. „Tell Me Why“ wird am Programm stehen, aber auch das ulkige Monster-Dating-Game „Monster Prom“, das wunderbar stylishe „Sayonara Wild Hearts“ und die Visual Novel „A Nightmare’s Trip“ aus dem oben verlinken Queer-Bundle.

Schaut zu und chattet mit! Wir sind - wie jeden Donnerstag - live von 17 bis 21 Uhr auf twitch.tv/radio_fm4 und auf fm4.orf.at/spielekammerl.

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