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Weihnachtsmütze und Osterei

C00

MARC CARNAL

Wie toll wäre „Weihnachten und Ostern zusammen“ wirklich?

Achtung, Spoiler Alert: „Weihnachten und Ostern zusammen“ hätte Vorteile, aber auch Nachteile.

Eine Kolumne von Marc Carnal

Findet man ein Ereignis ganz besonders geil, sagt man, es sei “wie Weihnachten und Ostern zusammen”. Ein besonderes Faible für Weihnachten und Ostern haben beispielsweise Schokolade-Fabrikant*innen, Lehrer*innen oder christliche Fundamentalist*innen. Für diese Bevölkerungsgruppen passt die Redewendung auf den ersten Blick sehr gut. Doch den meisten Menschen sind Weihnachten und Ostern insgeheim verhasste Events, die mit Strapazen, Streit, Stress und Strangulierungsfantasien einhergehen, um nur vier Beispiele mit Str zu nennen. „Wie Weihnachten und Ostern zusammen“ ist also für die Mehrheit ein scheinbar schiefes Bild, während es für die wenigen Fans dieser beiden Feste ganz trefflich klingt. Denkt man aber etwas genauer darüber nach, verhält es sich genau umgekehrt.

Geheimtipp: Am Sonntag, den 11. Juni, lesen Peter Waldeck und Marc Carnal als Warm-up fürs EM-Finale um 18.30 Uhr am Naschmarkt im Rahmen von Wien dreht auf. Da bleibt dir garantiert das Schmunzeln im Hals stecken!

Wer Weihnachten und Ostern schätzt, würde durch eine Zusammenlegung ja eines geliebten Festes beraubt. Christliche Fundamentalist*innen müssten gleichzeitig die Geburt und den Tod von Gott junior feiern. Schokolade-Fabrikant*innen könnten den Markt nur noch drei statt sechs Monate pro Jahr mit ihren hohlen Figuren sättigen. Und Lehrer*innen hätten noch (!) weniger Ferien. Die Redewendung müsste für Anhänger*innen von Weihnachten und Ostern also etwas negatives bedeuten:
“Ich Vollidiot hab mir ausgerechnet zwei Stunden vor dem Polo-Turnier einen Termin für eine Vintage-Koloskopie bei meinem Ex-Freund ausgemacht.”
“Oh Gott, das ist ja wie Weihnachten und Ostern zusammen!”

Osternachten

Für “unsereins”, die wir keinem der beiden Feste besonders viel abgewinnen können, wäre es dagegen ganz praktisch, sie zusammenzulegen. Mir würde es jedenfalls vollends reichen, des Heilands nur einmal pro Jahr zu gedenken. Wie man dieses Kombi-Fest am besten nennt, weiß ich nicht so recht. Sowohl “Weihstern” als auch “Osternachten” klingt ziemlich doof, aber nehmen wir zweiteres, das hat wenigstens einen pseudo-skandinavischen Charme.

Osternachten muss man sich als Worst-of der beiden ohnehin schon seltsamen Anlässe vorstellen. Was man da warum genau feiert, wüsste endgültig niemand mehr. Dennoch würden alle wochenlang die Begegnungszonen fluten und Paketboten ins Burnout treiben, um möglichst viel Kunststoff unterm Osternachtsbaum anzuhäufen, eine mit goldenen Eiern und Lebkuchen-Lämmern behangene Birke, die irgendwo im Haushalt versteckt wird. Diese Brauch-Kombi wäre neben teuren Geschenken und vererbten Ländereien ein weiteres Zuckerl für Kinder aus gutem Hause, denn in der 40m²-Gemeindewohnung ist so eine Birken-Suche nicht allzu aufregend, während die privilegierten Gschrappn im liebevoll renovierten Landsitz mit dreißig Zimmern schon eine Zeitlang beschäftigt wären. “Was, du hast den Osternachtsbaum noch immer nicht gefunden?! Hast du schon im Turnsaal nachgesehen, Hans-Sittich?”

Naja und nach der Baumsuche gibt es das traditionelle Mandarinen-Lamm, dann folgt das heitere Glaskugel-Pecken, bevor der Abend wie gewohnt mit Streit, Gewalt und Alkoholvergiftung ausklingt. Irgendwie so oder so ähnlich halt.

Plot Twist

Leider habe ich gerade die Lust an diesem Text verloren. Ich könnte mir jetzt noch lustige Osternachts-Filme und ein Äquivalent zu Christkind (gütiges Kaninchen mit riesigen Flügelohren?) und Weihnachtsmann ausdenken (der Ostermann - ein rauschebärtiger, greiser Hasenmensch?), das ideale Datum finden (Stichwort Birkenblüte), ein paar Osternachts-Lieder skizzieren (“Oh Birkenbaum”, “Es ist ein Has entsprungen”) und zum Drüberstreuen die biblische Backstory elegant kombinieren (geht ein gekreuzigtes Jesuskind zu weit?).

Aber das ist mir jetzt zu viel Arbeit. Ich werde schließlich dafür bezahlt, Redewendungen zu hinterfragen und nicht, um mir bis ins letzte Detail neue Feiertage auszudenken, die dann ja sowieso nicht umgesetzt werden. Es wird ja doch wieder einmal alles so bleiben, wie es ist. Um auszudrücken, dass sich etwas nicht verändert, hab ich mir wenigstens eine neue Redewendung ausgedacht: “Wir fahren heuer schon wieder zum Tontaubentöpfern nach Fugging auf Betriebsausflug? Boah, jedes Jahr dasselbe! Das ist ja wie Weihnachten und Ostern getrennt!”

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