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„Ändert sich nichts , ändert sich alles“

Katharina Rogenhofer ist Initiatorin des Klimavolksbergehrens, studierte Umweltmanagerin und hat Fridays for Future in Österreich mitbegründet. Jetzt ist ihr neues Buch herausgekommen, das sie zusammen mit Florian Schlederer geschrieben hat.

Das Buch trägt den Titel „Ändert sich nichts , ändert sich alles“ und - man ahnt es schon - es ist ein dringendes Buch, das Versuche zeigt, wie wir heil aus der Klimakrise rauskommen. Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer waren heute zu Gast in der FM4 Morning Show.

Nina Hochrainer: Katharina, das Klimavolksbegehren ist mitten im Pandemie- Jahr 2020 über die Bühne gegangen, wo alle Medien nur noch über Corona berichtet haben. Wie war das Jahr für die Umweltbewegung und für dich als Mit-Initiatorin?

Katharina Rogenhofer: Es war auf der einen Seite sicher ein ruhigeres Jahr. Auf der anderen Seite haben wir eigentlich durch das Pandemie-Management auch ein Krisen-Management mitbekommen das eben nicht immer so gut gelaufen ist. Das heißt, wir haben daraus gelernt, dass wir uns auf Krisen eigentlich gut vorbereiten sollten. Ich hoffe, dass ein bisschen etwas von dieser Kraft mitgeht für die Klimakrise. Das Thema ist ja schon seit 30 Jahren da. Wir wissen, was wir zu tun haben, aber es ist noch nichts umgesetzt. Unsere Emissionen sind z.B. in Österreich noch nicht gesunken. Das heißt, wir sollten jetzt wirklich was tun. Und darauf zielt auch das Buch ab.

Dave Dempsey: Dein Buch „Ändert sich nichts, Ändert sich alles“ beschäftigt sich nicht nur mit verschiedenen Lösungen, wie wir der Klimakrise Herr werden, es zeigt auch deinen ganz persönlichen Weg dorthin, der Vielen vielleicht als Vorbild dienen kann. Du beschreibst, wie die Arbeit fürs Klima dein Leben verändert hat, sehr inspirierend. Wie schaffst du es eigentlich selbst, nachhaltig zu leben? Schaffst du es überhaupt und wenn ja Kostet dich das viel Zeit und Geld?

Katharina Rogenhofer: Ja, es ist sehr, sehr sehr schwer, das muss man schon ehrlich sagen. Ich habe z.B. in England studiert, aber bin immer mit dem Zug hingefahren. Das ist viel teurer, kostet viel mehr Zeit. Was nachhaltig ist, ist meistens nicht die Norm. Wir müssen uns dafür entscheiden, weil es teurer ist, weil es umständlicher ist. Und das muss sich tatsächlich politisch ändern. Weil das ist nicht nur meine persönliche Auswahl im Supermarkt, z.B. ob ich die Bio Tomaten nehme oder nicht, sondern es ist auch tatsächlich eine Frage von Rahmenbedingungen: Kann ich mir das überhaupt leisten? Fährt in meinen Ort überhaupt ein Zug? Kann ich umsteigen? Und das ist etwas, wofür ich dann zu kämpfen angefangen habe, weil ich gemerkt habe: Ein nachhaltiges Leben geht sich nicht für jeden und jede aus.

Nina Hochrainer: Wie ist es bei dir, Florian, wie es dein Zugang zur Nachhaltigkeit.

Florian Schlederer: Eine der Messages im Buch ist eigentlich, dass das Individuum mit all den Dingen, die es tun kann im Alltag, diese Klimakrise nicht mehr löst. Es ist wichtig, dass man das tut, dass man nicht so viel fliegt, dass man vielleicht auf pflanzliche Ernährung umsteigt. Aber im Großen und Ganzen müssen die großen Hebel umgelegt werden, von der Politik, von den EntscheidungsträgerInnen.

Dave Dempsey: In deinem Buch plädierst du für einen “Green new deal”: UmweltaktivistInnen fordern, dass auf Nachhaltiges, Ressourcen schonendes Wirtschaften umgestellt wird – dazu gibt es auch viele theoretische Ansätze, an Wissen fehlt es wohl nicht, alles scheint von UmweltwissenschaftlerInnen gut geplant und durchgerechnet. Was hindert uns, das umzusetzen? Wo liegen die größten Hindernisse?

Katharina Rogenhofer: Zu den größten Hindernissen gehört, dass PolitikerInnen die Dringlichkeit der Krise nicht zu verstehen scheinen. Dazu gibt es noch eine große Anzahl AkteurInnen im Ganzen Feld des Klimas, die alles daran setzen, die nötigen Aktionen zu verlangsamen, wie Öl- und Gas-Firmen, die „grünes“ Öl oder Gas bewerben und Unternehmungen, die in Richtung Nachhaltiger Energie gehen, ausbremsen. Um diese Aktionen voranzutreiben brauchen wir wieder eine große Menge an Grassroots-Bewegungen, wie Fridays for Future, wie das Klimavolksbegehren, wir brauchen Menschen, die sich wirklich für einen Wandel im Sinner der Umweltrettung erheben.

Buch: Ändert sich nichts, ändert sich alles

ZSOLNAY Verlag

„Ändert sich nichts, ändert sich alles. Warum wir jetzt für unseren Planeten kämpfen müssen“ von Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer erscheint am 26. Juli im Zsolney-Verlag.

Nina Hochrainer: Das wichtigste Dogma der Wirtschaft ist das Wachstum. Umweltforscher sagen aber, gerade dieses rasante, unendliche Wachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen sei das Problem – kann es ohne unser geliebtes Wachstum gehen? Schließlich wächst ja auch die Weltbevölkerung und will ernährt werden, wie geht sich das aus?

Florian Schlederer: Ja, das ist eine große Frage und wir haben lange darüber diskutiert, auch beim Schreiben des Buches, und sind zu dem Schluss gekommen: Wir sind agnostisch bezüglich Wachstum. Es ist nicht wichtig, ob es wächst oder nicht, sondern es ist eine Wirtschaft, die für den Menschen ausgerichtet werden muss, also egal, ob sie wächst oder nicht.

Katharina Rogenhofer: Wir brauchen eine Wirtschaft, die nachhaltig ist. Die grün ist und die für den Menschen eintritt und die eben diese planetaren Grenzen einhält. Weil wir haben ja so viele Umweltkrisen. Es gibt nicht nur die Klimakrise, sondern auch Übersäuerung der Meere, Umwandlung von Böden etc.. Wir sehen das jetzt auch mit den Überflutungen. Es wird so viel versiegelt. Eine Wirtschaft muss darauf ausgerichtet sein, weil das ist ja unsere Lebensgrundlage. Wirtschaft baut auf der Umwelt auf. Das heißt, wir müssen eine Wirtschaft kreieren, die die Umwelt und den Menschen in den Vordergrund stellt. Der große Ressourcenverbrauch ist das Problem. Wenn wir auf der einen Seite die Ressourcen abbauen und auf der anderen Seite schmeißen wir ganz viele Produkte weg, damit wir eben dieses Wachstum kreieren, dann haben wir auf beiden Seiten ein Problem. Dann haben wir Ressourcenübernutzung auf der einen Seite, Müllproduktion auf der anderen. Wir müssen mehr anfangen, in Kreisläufen zu denken und Produkte wirklich nachhaltig zu nutzen.

Nina Hochrainer: Gleich am Anfang deines Buches erzählst du aus deiner Kindheit und sagst, du hast dir persönlich immer gewünscht, dass wenn etwas schlimm läuft, jemand kommt und sagt „Alles wird gut“. Wenn wir alle versuchen, die vielen Lösungsvorschläge in deinem Buch zu berücksichtigen, können wir dann sagen, dass alles gut wird? Wie sieht die Zukunft des alles Guten aus?

Katharina Rogenhofer: Es wird sich auf jeden Fall was ändern. Ich glaube, so realistisch müssen wir sein. Wir sehen ja jetzt schon, dass sich auch in der Natur was ändert. Aber: Wir können tatsächlich eine schönere Zukunft schaffen, glaube ich, weil eben diese ganzen Lösungen dazu führen können, dass wir vermehrt Grünflächen in Städten haben. Wir haben das auch während Corona gemerkt: wir wollen rausgehen. Wir brauchen Kühlung, Abkühlung draußen, wenn es heiß ist in den Wohnungen. Wir können nachhaltig von A nach B kommen. Wir kriegen Sonne als Sonnenenergie, Windenergie, statt Öl und Gas zu verbrennen - das ist auch ein großer gesundheitlicher Vorteil, weil wir nicht mehr die Stadt verpesten. Wir können, glaube ich, tatsächlich eine Welt schaffen, die für unsere Kinder besser ist. Und das ist eigentlich das Ziel, wonach ich strebe, weil ich irgendwann auch meinen Kindern sagen will, dass Alles gut wird.

Dave Dempsey: Unlängst habe ich glesen, dass wir bereits am sogenannten Tipping Point leben, nicht 2030 oder 2050, sondern bereits jetzt. Dass es also, selbst wenn wir alles so machen, wie von euch vorgeschlagen, vielleicht schon zu spät ist um die Umweltkatastrophe aufzuhalten. Sind wir schon jenseits des Umkehrpunktes, ist es schon zu spät?

Florian Schlederer: Mit gewissen Veränderungen müssen wir bestimmt leben. Die Überflutungen, die wir jetzt sehen z.B., die werden wir jetzt nicht umkehren. Wir können uns adaptieren, wir können Präventionsmaßnahmen setzen, um das in Zukunft weniger drastisch ausfallen zu lassen. Ob die Tipping Points wirklich schon aktiv sind, das wird man dann, glaube ich, im Nachhinein retrospektiv sagen können. Aber wir sollten auf jeden Fall alles tun, damit wir sie hier nicht auslösen oder noch verstärken.

Katharina Rogenhofer: Und diese Kipp-Punkte sind tatsächlich das, wovor wir Angst haben sollten, weil sobald die ausgelöst werden, dann können wir ja fast nichts mehr tun. Das ist dann Runaway Climate Change, das wird nicht aufzuhalten sein, aber es ist wissenschaftlich mehr oder weniger Konsens, dass das ab 1,5 Grad passiert, das heißt die Pariser Klimaziele sind deswegen auch so wichtig: Wir dürfen die Erhitzung nicht über 1,5 Grad steigen lassen.

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