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Lil Nas X

Tanima Mehrotra

„That’s What I Want“ ist der Song zum Sonntag von Lil Nas X

Ego als Mittelpunkt und Vermissung im Fokus in der Anti-Einsamkeits-Hymne „That’s What I Want“ von Lil Nas X. Das langerwartete Debütalbum „Montero“ ist am Freitag erschienen.

Von Christoph Sepin

Es sind die Nächte, die am schlimmsten sind. Tagsüber kann man sich ablenken, mit Freund*innen, mit Draußensein, mit Arbeit. Aber am Abend wartet dann doch die leere Wohnung und die Einsamkeit. Da könnte man dann ins Handy hineinschreiben, in Richtung Expartner*innen oder Booty Calls, oder man macht das wie Lil Nas X, schreibt ins Notizbuch und macht ein Lied und damit Geld mit den schweren Gefühlen.

Scheiß Emotionen. Es wäre doch so viel leichter ohne. Bis dahin fühlen sich Dinge nicht richtig an: „It doesn’t feel right when it’s late at night“, singt Lil Nas X in seinem „That’s What I Want“. „When it’s late at night and it’s just me and my dreams“, wenn nur die Träume da sind und Gesellschaft leisten. Scheiß Emotionen.

Lange hat die Welt gewartet, jetzt ist es also da, das Debütalbum „Montero“ vom mit „Old Town Road“ zum Superstar gewordenen Montero Lamar Hill. Ein waschechtes Emo-Album hat Lil Nas X da in die Welt geboren, zwischen Selbstironie, Selbstzweifel, Selbstkonfrontation und Selbstfindung. Slowe Songs zum Weinen mit Elton John am Piano oder Miley Cyrus an den Vocals, weirde Songs zum Ablenken mit Doja Cat und Megan Thee Stallion. Und dann eben schon fast anbiedernde Songkonstrukte wie sein „Es ist Nacht, ich bin einsam“-Manifest „That’s What I Want“.

Die Gitarre begrüßt, als ob es sich hier um das glücklichste Lied der Welt handelte (obwohl, sind eh Moll-Akkorde, C#m, G#m und B, falls man das mitspielen möchte). Im Musikvideo Lil Nas X, der als Football-Star/Alien auf den Planeten Erde zuzischt und wenig später mit Gitarre in der Hand als Braut vor dem Altar zusammenbricht. „I want someonе to love me, I need someonе who needs me“ dazu seine Forderung.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Das Ego steht hier im Mittelpunkt, die Wörter „I“, „Me“ and „My“ kommen insgesamt 54-mal vor. Es geht um den Wunsch, die ganze Nacht umarmt zu werden, gewärmt zu werden wie vom Sonnenlicht. Er braucht jemanden, der ihn anstarrt, mit dem man streiten kann, den man anlügen kann. Ja, Lil Nas X kennt die Komplikationen und die Abgeklärtheit der Liebe im 21. Jahrhundert.

Menschen, die man sich ins Leben holt, nur um das eigene Ego ein Weilchen zu verlängern. Weil man weiß, dank all der Bilder, Slides und Textchen, die am Handybildschirm vorbeizischen, eh schon alles, zumindest theoretisch.

„Jemanden brauchen“ als Steigerung von „jemanden wollen“, Erwartungen, die man an die Welt nicht richten will, sondern richten muss. Tausende kurze Momente im Internet, eine vernetzte Welt, in der gefühlt alle permanent gemeinsam miteinander sind. Dann aber doch das kalte Bett und das nächtelange Anstarren der Wände. Der Wunsch nach echter Verbundenheit in den Zeilen dieses Songs, die Hoffnung, das durch Erfolg zu erreichen, in der eingängig durchstrukturierten Instrumentierung dieses Popsongs.

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