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William Minke + Laurent Noichl

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Marteria reist mit seinem neuen Album in die fünfte Dimension

Egal, was er macht, Marteria holt einen ab, und zwar immer da, wo man gerade steht. Mit seinem fünften Soloalbum („5. Dimension“) veröffentlicht der Rapper aus Rostock und Berlin eine Platte für und über den Rave.

Von Alica Ouschan

Für mich als Grenzgängerin zwischen Millennials und Gen Z ist es aktuell spannend zu beobachten, wie die Rapper, die Helden meiner emotionalen, rebellischen und chaotischen Teeniezeit, älter werden und sich alle früher oder später an einem Punkt befinden, wo sie und ihre Musik entweder fad oder einfach nur cringe werden. Oder sie vollbringen das Wunder und bleiben cool, authentisch und mit dem, was sie machen, voll am Puls der Zeit. Marteria gehört zum Glück eindeutig in die zweite Kategorie.

Cover 5. Dimension

William Minke + Laurent Noichl

„5. Dimension“ ist am 15. Oktober bei Four Music erschienen.

Auf seinem jetzt erschienenen Album „5. Dimension“ vereint Marteria seine musikalischen Ursprünge mit aktuellen Trends, ohne dass das gewollt wirkt. Er findet, wie schon so oft, das richtige Maß an Tiefe im Inhalt und Storytelling in den Texten, ohne platt zu wirken. Wie auch immer er das macht, er macht es auf jeden Fall richtig: „Ich habe oft an die Leute gedacht, die jetzt Anfang zwanzig sind, und was in diesem Alter für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig ist. Für diese Leute hab ich das Album geschrieben, aber es ist auf jeden Fall auch eine erwachsene Platte geworden“, sagt Marteria im FM4 Interview.

„Einfach eine Rave-Platte“

Nach seinem letzten Release, dem Collabo-Album „1982“, das er gemeinsam mit seinem Kollegen und Weggefährten Casper gemacht hat, wurde es wieder einmal eher still um Marteria. Von ihm ist man es aber gewohnt, dass er mehrere Jahre an seinen Alben arbeitet, sie nicht vorschnell rausschießt, sondern sich und dem Prozess Zeit gibt: „Ich bin nicht nur Musiker, ich habe auch noch andere Interessen und mache noch andere Dinge“, sagt Marteria, der vom Nachwuchsprofifußballer zum Model in New York und Schauspielstudenten wurde und über Umwege zur Musik fand. Sein Weg und seine Positionierung waren in seiner Musik immer schon Thema, auf dem neuen Album geht es vor allem um die musikalischen Anfänge: „Diese Platte wollte ich irgendwie schon immer machen. Ich bin bis zu meinem Ursprung zurück und sehr viele neue Wege gegangen.“

Marteria live in Wien

Am 29. November 2022 wird Marteria im Rahmen seiner „Vollkontakt“-Tour in der Wiener Stadthalle zu sehen sein!

Für „5. Dimension“ hat Marteria mit seinem Produzententeam, bestehend aus der Legende DJ Koze, Siriusmo und seinen langjährigen Freunden und musikalischen Partnern The Krauts, einen ganz neuen Sound entwickelt, der stark an seine ersten Releases erinnert. Während Marteria auf seinen letzten beiden Alben eher auf einer poppigen Indie-Schiene unterwegs war, schlägt er mit „5. Dimension“ Töne an, die minimalistischer, elektronischer und vor allem basslastig sind.

„Es ist einfach eine Rave-Platte“, sagt Marteria. Die Musik sollte zum Inhalt passen. Der erzählt vom Feiern, vom Entdecken der elektronischen Clubszene und vom Erleben des Raves: „Es geht darum, wie ich angefangen hab Musik zu machen, wie ich nach Berlin gekommen bin, als neunzehnjähriger Mann. Solche Städte, also Berlin natürlich, aber auch Wien, das sind Städte mit elektronischen Wurzeln. Um so eine Stadt richtig zu lieben und richtig kennenzulernen, muss man einfach auch feiern gehen. Man muss sich in einen Strudel reinsaugen lassen und wo der dich dann ausspuckt, da kann alles passieren. Da muss man sich reinziehen lassen, um diese Nacht, die Ekstase und die Abenteuer wirklich hundertprozentig zu genießen. Von oben gesehen schaut der aus wie ein Strudel in eine andere Dimension. Deswegen auch die ‚5. Dimension‘“, erklärt Marteria.

Als „5. Dimension“ wird auch der Zustand bezeichnet, in dem man voll im Hier und Jetzt lebt, sich mit allem verbunden fühlt, vollkommen fallen lassen kann und den Moment genießt – zum Beispiel, wenn man die ganze Nacht im Club am Tanzen ist. Genau dieses Gefühl kommt beim Hören der Platte stellenweise auf, ein Gefühl, das Marteria musikalisch einfangen konnte: „Ich bin das Ganze, zugegeben, ein bisschen plump angegangen. Ich wollte eine Nacht beschreiben, von Anfang bis Ende. Vorglühen mit den Kumpels und Freund:innen, dann weggehen, zu lange dableiben. Das Böse daran, das Gute daran. Dann habe ich erst gemerkt, dass es um mehr geht, dass da viel mehr passiert und was es mit mir macht.“

Erkenntnisse sammeln

Die letzten Jahre und auch die Entstehung dieser Platte waren für Marteria ein einziger Erkenntnisprozess: „Man erfährt immer mehr über sich. Im Leben geht es nie zurück, immer nach vorne. Deswegen hab ich auch einen Song auf der Platte, der ‚Zug der Erkenntnis‘ heißt. Da geht’s darum zu merken, dass man viele Dinge vor fünf Jahren noch ganz anders gesehen hätte, jetzt aber weiß, was einem eigentlich wichtig ist.“ Marteria geht es um Kunst und um die Musik und dafür will er antreten. Nicht dafür, auf einem Album zwölf krasse zweieinhalb Minuten lange Tracks zu packen, sondern den Songs die Zeit zu lassen, die sie brauchen, auch wenn vielleicht der Hit-Faktor auf der Strecke bleibt.

Vielleicht ist es genau das, was die Songs so authentisch wirken lässt wie nie zuvor: „Ich hab erkannt, dass man irgendwann aufhören muss, in seinem Leben auf andere zu hören und es anderen recht machen zu wollen. Man muss es sich selbst recht machen. Das war für mich ein wichtiger Punkt und dann ist das Leben auch viel entspannter. Dann kannst du den Menschen auch etwas Positives zurückgeben, aber du musst erstmal bei dir selbst arbeiten. Das fand ich die letzten Jahre sehr wichtig, diese Erkenntnis zu sammeln.“

Marteria Fotos

William Minke + Laurent Noichl

Carpe-diem-Vibes

„5. Dimension“ ist keine blinde Glorifizierung von Exzess, sondern feiert das Leben und die Ziellosigkeit, das Gefühl des Sich-treiben-Lassens und erkennt Feiern als mehr an als bloßen Eskapismus. Für Marteria zählen vor allem die Learnings, die er aus diesen Zeiten mitnehmen konnte und die bis heute nicht abreißen: „Wenn man jung ist, sollte man unfassbar viele Fehler machen. Und man sollte damit nicht aufhören, wenn man alt wird.“ Auch wenn das Leben oft kompliziert und nicht immer schön ist, sollte das Leben nicht von Angst bestimmt werden, findet Marteria. Gerade in Zeiten wie diesen, sollte man versuchen, sich auf die schönen Seiten des Lebens zu fokussieren: „Das Leben muss genutzt werden.“

Man kann die Welt nicht verändern. Die Erkenntnis tut weh. Doch überall sollte stehen, so lange man kann, so viel wie geht.

Der Song „Zug der Erkenntnis“ wird zum Sinnbild von Marterias gedanklicher Reise und sticht hervor als einer der sinnreichsten Songs des Albums. Dazu gesellt sich „Neonwest“, ein Track über Marterias Wahrnehmung der Ereignisse von 1989. Er versucht darin seine Kindheitserinnerungen einzufangen, die ersten Gedanken und Erlebnisse nach dem Fall der Berliner Mauer: „Es ist für mich so ein wichtiger Song. Es gibt manchmal Lieder, die schreibt man schnell weg und andere, die schreibt man nur einmal in seinem Leben. Das ist genau so ein Moment. Ich bin in der DDR groß geworden. Als die Mauer weg war, bin ich mit meiner Mama, meinem Vater und meiner Schwester rüber nach Westberlin gegangen, von Friedrichshain nach Kreuzberg.“

Historische Tracks mit aktuellem Bezug

Hier tut sich eine neue Bedeutung der „5. Dimension“ auf, in der es um so viel mehr geht als um den Rave: „Für mich als kleinen Jungen mit knapp acht Jahren war das halt auch eine fünfte Dimension. Reinkommen, Farben, Neonlicht, Werbung, Haribo und Fahrräder mit Gangschaltung. Aber auch die andere Seite mit Nadeln und Spritzen, Obdachlosen, Sexkinos.“ Marteria, der sich gern an Elementen des Storytellings in seinen Songs bedient, macht dies auf diesem Album in beinahe jedem Song konsequent und erzählt in „Neonwest“ diese wahre Geschichte: „Wir sind rübergegangen und da war ein alter Mann, der uns weinend umarmt hat. Dann sind wir in seinen alten Mercedes gestiegen und er ist mit uns zum Ku’damm gefahren und meinte: ‚Kauft euch, was ihr wollt!‘ Ich habe mir Lego gekauft und Schuhe, die geleuchtet haben. Das war für mich so verrückt, ich weiß das alles heute noch, weil das so ein wichtiger, einprägsamer Tag für mich war“, sagt Marteria.

„Ich fand es einfach wichtig, so einen Song zu schreiben. Auch wenn man sich vielleicht denkt, dass das keinen mehr interessiert, weil es 30 Jahre her ist, aber mein Sohn, der ist 14, der liebt dieses Lied auch total. Da denke ich mir, jetzt kann man das auch vielleicht anders sehen. Was ist, wenn man heute geflüchtet ist oder in ein neues Land kommt.“ Marteria lässt sich inspirieren, von Menschen, die Risiken eingehen, die etwas wagen und die trotz aller Schwierigkeiten die Angst nicht gewinnen lassen: „Für diese Menschen schreibe ich meine Musik. Auch wenn die Themen manchmal durchaus hart sind, auch wenn es manchmal wehtut. Ich versuche immer etwas Wichtiges, Positives mitzunehmen.“

Das ist vermutlich auch das, was Marteria, seine Musik und ihre Essenz ausmacht und warum all das genauso ehrlich und aufrichtig rüberkommt wie am ersten Tag. Und warum er mich, genauso wie die älteren Millennials und jüngere Gen Z gleichermaßen abholt. Man merkt einfach, dass er das lebt, worüber er schreibt, dass er die Musik fühlt, die er macht: „Das ist das, was ich mit der Marteria-Musik machen will. Ich will den Leuten etwas Positives mitgeben, vor allem, wenn die Zeiten grad härter sind.“

Tickets gewinnen!

Am 29. November 2022 wird Marteria im Rahmen seiner „Vollkontakt“-Tour in der Wiener Stadthalle zu sehen sein!

Wir verlosen 5x2 Tickets für dieses Konzert. Dafür musst du uns folgende Frage richtig beantworten:

Mit welchem Fußballverein ist Marteria schon seit seiner Jugend und immer noch eng verbunden?

Die richtige Antwort schick bitte per Mail an game.fm4@orf.at. Einsendeschluss ist der 2. November 2021, 12 Uhr mittags. Deinen Namen nicht vergessen!

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