FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Moor Mother

Moor Mother

Moor Mothers „Black Encyclopedia of the Air“

Camae Ayewa, alias Moor Mother, wird in Reviews zu ihrem neuen Album gelobt, eine mit glasklarer politischer Intelligenz ausgestattete Poetin der Apokalypse zu sein. Mit der inflationären Verwendung des Wortes „Apokalypse“ ist Moor Mother allerdings nicht glücklich, sie selbst sagt, nicht alle seien auf dem Weg in die biblische Apokalypse und hätten ihre afrikanische Geschichte vergessen. Sie selbst interessiert sich mehr für alternative Konzepte von Geschichte.

Von Natalie Brunner

„Black Encyclopedia of the Air“, das neue Album der Poetin, Musikerin und Aktivistin aus Philadelphia ist genau das, was der beim ersten Hören abstrakte Titel besagt: ein Paradox. Der Versuch einer kompletten Bestandsaufnahme von etwas kaum Erfassbarem: die Komplexität von Leben zwischen realen, aber apokalyptisch anmutenden Szenarien technokratischer Beherrschung und Unterdrückung und Entwürfen von afrofuturistischer Politik und Aktion.

Musikalisch kombiniert die Dichterin, MC und Musikerin Lärm, rollende Trommeln, Flüstern, Lagen von Echos. Die Beats und Klanglandschaften, die sie mit ihrem Producer Olof Melander zusammengestellt hat, sind das bis jetzt zugänglichste Terrain, das Moor Mother geschaffen hat. Low-fi, Dark Rap, Chill Step, Blk Girl Blues, Witch Rap, Coffee Shop Riot Gurl Songs, Southern Girl Dittys, Black Ghost Songs, so die Genrebezeichnungen, die sich Moor Mother für ihre Musik überlegt hat.

Auf „Black Encyclopedia of the Air“ lässt sie sich mehr Zeit und Raum. Es gibt weniger Attacken von dichtem, dröhnendem Lärm, Kreischen, Schreien und Stöhnen. Es ist mehr ein Innehalten im Auge des Orkans.

Nach wie vor zieht Moor Mother stimmlich viele Register. Sie wechselt zwischen Rap Flows, Spoken Word Performances, elektronisch verfremdeten Geisterstimmen, die uns, fühlen wir uns kurz in Sicherheit, in einen neuen Wendekreis des kosmischen Abgrunds purzeln lassen.

Albumcover

Moor Mother

Afrofuturistische Negation von simplen apokalyptischen Konzepten

Die Nummer „Clock Fight“ verwebt sehr intensiv Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinander und wird zu einer Anklage der von Kolonialismus und Sklaverei geprägten Geschichte der letzten Jahrhunderte.

Es sind 13 hypnotisierende Tracks über Erinnerung und Trauma wie auch die Möglichkeit, diese zu überwinden und selbstbestimmt in die Zukunft zu gehen. „Black Encyclopedia of the Air“ ist ein Album, das einen fordert, streckenweise überwältigt und fasziniert zurücklässt. Moor Mother hat uns beängstigende Einblicke in ihren auf historischen Realitäten basierenden Kosmos geschenkt.

Aktuell: