„The Spark Within“ zeigt neue Facetten von Anna Gasser

Eine der bekanntesten Sportlerinnen Österreichs wird hierzulande oft nur einseitig als Contest-Seriensiegerin wahrgenommen. Die Doku „The Spark Within“ bringt neue Perspektiven.

Von Simon Welebil

Anna Gasser ist eine der bekanntesten Sportlerinnen Österreichs. Sie ist Olympia-Goldmedaillengewinnerin im Snowboard Big Air 2018, Seriensiegerin im Snowboard-Weltcup, zweifache Sportlerin des Jahres, und das ist nur ein kleiner Ausschnitt ihrer Erfolge. Neben den Wettkämpfen gibt es aber auch eine andere Seite von Anna Gasser, die in Österreichs Medien kaum Beachtung findet, nämlich wie fanatisch sie ihren Sport ausübt und ihn damit geprägt hat und weiter prägt.

Die Dokumentation „The Spark Within“ beginnt mit einem Rückschlag. Bei den X-Games 2020 versucht sie, als erste Frau in einem Contest einen Triple, genauer den Cab Triple Underflip 1260, bei dem sie dreimal über Kopf dreht. Sie stürzt bei ihren ersten Versuchen, aber anstatt den Trick aufzugeben, versucht sie es nochmal mit mehr Geschwindigkeit. Sie will lieber das Level im Snowboarden pushen, als sich mit einem sicheren Trick eine weitere X-Games-Medaille in ihrer Karriere abzuholen. Diesmal geht es aber schief.

Trickpremieren unter Rechtfertigungsdruck

Dabei hat Anna Gasser schon etliche Meilensteine im Snowboarden gesetzt. Sie hat als erste Frau einen Double-Flip gelandet, den Cab Double 9, mit dem sie dann jahrelang die Contests dominiert hat, als erste Frau dann auch den Cab Triple 12, fast nebenher, beim Training am Stubaier Gletscher, und dann hat sie als erste Frau auch noch einen Cab Double Cork 1260 gemacht.

Angetrieben hat sie dabei auch ein gewisser Rechtfertigungsdruck aus der Core-Snowboardszene, die ihren kometenhaften Aufstieg immer nur an ihrer Vergangenheit als Kunstturnerin festgemacht haben. „She’s spent her whole career kind of brake that stereotype down. [...] Anytime someone has doubted her, she’ shut that down“, bemerkt etwa die kanadische Snowboarderin Spencer O’Brien in der Doku.

Doch Spencer O’Brien ist nicht die einzige, die eine Lanze für Anna Gasser bricht. Nahezu alle, die in der Snowboard-Szene Rang und Namen haben, von Jamie Anderson über Travis Rice, Marko Grilc zu Mark McMorris, erweisen ihr in der Doku die Ehre, als eine derjenigen, die den Sport vorangetrieben hat.

„I feel like it really ended the days of ‚good for a girl‘. Her doing that trick was like ‚that’s just good for a snowboarder‘. That’s just sick“ (Spencer O’Brien)

Homestory zeigt ihre Leidenschaft

Fast klassisch für das Doku-Format geht „The Spark Within“ auch zurück bis in die Kindheit Anna Gassers, holt in Homestory-Manier ihre Eltern und ihre Schwester vor den Vorhang und streift die Beziehung mit Clemens Millauer, die weit über das Private hinausgeht. Chronologisch geht es von ihrem steilen Aufstieg als Snowboard-Spätstarterin, die erst einmal googeln musste, was die Weltspitze überhaupt drauf hat, bis zum Zittern im Olympia-Finale 2018 auf der Big-Air-Schanze in Südkorea, unterbrochen von zahlreichen Verletzungen, von denen sie sich nicht immer vom Snowboarden abhalten lassen wollte.

Die Doku zeigt Anna Gasser eben nicht nur nur als „Contest-Maschine“, die einfach ihre Tricks abspult, wie sie das österreichische Publikum kennt,geprägt von Medien, die nur Weltcups des Skiverbands FIS covern und die progressiveren Events außen vor lassen. Anna Gasser ist in „The Spark Within“ eine Getriebene, die vor allem das Snowboarden voranbringen will und dafür vieles in Kauf nimmt.

In Interviews in letzter Zeit hat Anna Gasser öfter gesagt, dass die Olympischen Spiele 2022 in Peking ihre letzten sein werden. Contests wird sie danach zwar noch weiter bestreiten, gegen Ende der Doku sieht man aber, wo es für sie in Zukunft vor allem hingehen soll. Wir sehen Anna Gasser in Street-Parts, vor allem aber im Backcountry dem „ultimate proofing ground“, um sich als „wahre Snowboarderin“ zu beweisen. Ihr erster Versuch bei Travis Rice’ Backcountry-Contest „Natural Selection Tour“ ist letztes Jahr in die Hose gegangen, aber spätestens nach dieser Doku weiß man, wie das bei Anna Gasser wohl enden wird: „Try and fail; try and fail; try and win!“