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Ein Fuchs streift durch das Laub

CC0 von Zdeněk Macháček auf Unsplash

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„Fuchs & ich“: ein Buch über die Umwelt, Isolation und Freundschaft

Die US-Amerikanerin Catherine Raven ist studierte Biologin, die sich immer ein wenig schwer mit Menschen getan hat. Sie hat sich eine kleine Hütte in den Rocky Mountains gebaut und ist dort einem Fuchs begegnet. Ihre autobiografische Erzählung „Fuchs & ich“ wurde in den Staaten ein Erfolg. Es ist eine wundersame Geschichte über den Menschen, die Umwelt, Isolation und Freundschaft.

Von Eva Umbauer

„‚Ich bin eine A-cappella-Sängerin, die in einer Jazzband gelandet ist‘, erklärte ich Fuchs, als ich wieder zuhause war.“

Ich geb’s ja zu: Ich füttere einen Fuchs, nicht in der Stadt, sondern am Land, obwohl die Füchse in der Stadt es vielleicht dringender brauchen würden. Der Fuchs, der immer gegen drei Uhr morgens in der Stadt unter meinen Fenstern vorbeiläuft, sieht recht wohlgenährt aus. Der am Land hingegen wirkte rupfig, jetzt sieht er schon besser aus. Ob er trotzdem ein langes Leben haben wird? Eher nicht. Ist nicht so, in der Natur, klärt uns die US-Autorin Catherine Raven beinhart auf, in ihren Erinnerungen an jenen Fuchs, der eines Tages ihre Hütte in den Rocky Mountains aufsuchte und mit dem sie dann so etwas wie eine „Freundschaft“ verband.

„‚Mit Füchsen reden?‘, fragte Jenna, während sie die Sandwiches in der Kühlbox mit Namen beschriftete. ‚Das machen normale Leute eigentlich eher selten.‘ Ich war gar nicht drauf aus, mich normal zu verhalten, ich wusste nur ganz gerne Bescheid, wie normale Leute so drauf waren.“

Auch wenn die Geschichte, die in „Fuchs & ich“ erzählt wird, wunderschön ist, gleich vorweg: Der Fuchs kommt schließlich um, so wie viele Tiere täglich, viel zu viele, wie, so meint Catherine Raven, es einem schon im Alltag auffällt, dass keine Vögel mehr am Himmel sind oder keine Schmetterlinge mehr in der Wiese, ganz zu schweigen von den Muscheln, Krebsen und Fischen im Bach. Es ist ein Artensterben, während wir so viele sind und täglich viel zu viele Ressourcen verbrauchen. Wir, das sind die Menschen. Das Letzte, was Catherine Raven wollte, war, ihren Fuchs - sie nannte ihn einfach „Fox“ - zu vermenschlichen, ganz im Gegenteil, sie sah sich als eine Art Tier, als sie ihn beobachtete, mit ihm kommunizierte, mit ihm spielte.

„Nature isn’t a mother, it’s a community.“

Catherine Raven ist mit „Fuchs & ich“ eine ungewöhnliche Autorin. Bisher hatte die Biologin ausschließlich wissenschaftliche Texte geschrieben. Sie hatte an der Universität unterrichtet, in einem US-National Park als Park-Rangerin gearbeitet und in einem anderen, dem Yellowstone National Park Besucher*innen durch den Park geführt. Nicht weit weg von diesem berühmten US-National Park: ihre kleine Hütte mit dem blauen Dach. Das Land, auf dem sie die Behausung errichtete, hatte sie gekauft, in einer Gegend der Rocky Mountains, genauer: auf einem Hochplateau im US-Bundesstaat Montana. Dort lebt(e) auch dieser junge Fuchs, an den sich Catherine Raven in ihrem Buch erinnert.

Buchcover von Catherine Ravens "Fuchs & ich"

Fischer Verlage

„Fuchs & ich - eine ungewöhnliche Freundschaft“ von Catherine Raven heißt im Original „Fox & I - An Uncommon Friendship“ und wurde von Eva Regul für den S. Fischer-Verlag ins Deutsche übersetzt.

Hier gibt’s eine Leseprobe.

„Und jetzt, sechs Jahre nachdem ich von der Uni in die Wildnis zurückgekehrt war, lernte ich etwas wirklich Wildes kennen: einen Fuchs. Der Fuchs faszinierte mich, er zog mich magisch an. Aber das Timing war ungünstig. Ich hatte mich in letzter Zeit immer öfter gefragt, ob dieses abgelegene Tal in den Bergen der richtige Ort für mich war. Ein Job an der Uni bot nicht nur ein geregeltes Einkommen und eine Krankenversicherung, sondern auch die Gemeinschaft mit anderen Menschen. (…) Jetzt, im zweiten Sommer, in dem ich Exkursionstermine leitete, keimte in mir der Verdacht, dass die Tür zu sozialer Akzeptanz sich vielleicht doch für mich öffnen würde, wenn ich nur leise und beharrlich weiter anklopfte. Doch dafür musste ich Fuchs und die Berge zurücklassen.“

Schon als junge Frau war Catherine Raven etwas einzelgängerisch unterwegs. Sie deutet in „Fuchs & ich“ familiäre Probleme an, zieht deshalb bereits mit fünfzehn aus, ohne Highschool-Abschluss findet sie einen College-Platz, wohnt in einem Zimmer am Campus. Ihr Überraschungserfolg „Fuchs & ich“ ist ein „Memoir“, eine autobiografische Erzählung. Catherine Raven hat dabei absichtlich ein paar Dinge etwas anders erzählt als sie tatsächlich waren, aus Rücksicht auf einige Menschen, wie sie sagt.

Gerüchte besagen jedoch, sie würde öfter „flunkern“ in ihrem Buch, so stimme etwa ihr Weggehen von der Familie mit fünfzehn nicht. Aber eigentlich ist das komplett egal, denn „Fuchs & ich“ ist superschön geschrieben - in der ersten und in der dritten Person, auch Fuchs selbst bekommt also eine Stimme. „Fuchs & ich“ ist poetisch und wunderschön, auch wenn Catherine Raven einen dazwischen immer weder etwas rausreißt, etwa wenn wir erfahren, dass ihr Vater gewalttätig war.

„Fuchs & ich“ ist nicht einfach eine charmante Story von der Begegnung einer jungen Frau mit einem Fuchs, sondern sie ist philosophisch, weise, leicht exzentrisch, ja manchmal etwas neurotisch, aber insgesamt wirklich reichhaltig, aufschlussreich, ja, magisch und meditativ, niemals aber manipulativ - und auch nicht kitschig, selbst wenn Catherine dem Fuchs aus dem französischen Buchklassiker „Der kleine Prinz“ vorliest. Es geht um den Menschen im Einklang mit der Natur, anstatt gegen sie und über sie herrschend. So wohnt eine Spinne mit Catherine Raven in ihrer Hütte - eine Schwarze Witwe -, es gibt rebellische Wühlmäuse - Fuchs hat sie zum Fressen gern, und es fliegt eine matriarchalische Elster um die Behausung.

Die Umwelt, die Isolation und die Freundschaft. „Fuchs & ich“ von Catherine Raven ist einzigartig.

„Ich versuche nicht mehr, mich unsichtbar zu machen. In dieser Beziehung waren der Fuchs und ich grundverschieden. Er suchte die Verbindung zu anderen. Er wollte für andere wichtig sein. Er hatte gerne jemanden an seiner Seite, wenn er einen Spaziergang im Mondschein machte oder auf einem warmen Stein in der Sonne lag, einfach nur, weil es sich besser anfühlte als allein zu sein.“

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