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Ausschnitt aus dem Cowboy Bebop Remake

Netflix

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Das Remake von „Cowboy Bebop“ verfehlt die Töne

Seit Jahren gibt es Gerüchte über eine Serien-Adaption des Anime-Klassikers „Cowboy Bebop“. Jetzt ist sie endlich da, aber nicht unbedingt das, was die Fans haben wollten.

Von Ali Cem Deniz

Ganz strenge Anime-Cineasten sagen über „Cowboy Bebop“, dass es das Lieblings-Anime von Leuten sei, die sonst kein Anime schauen. Die Serie aus dem Jahr 1998 taucht tatsächlich immer wieder in Alltime-Bestenlisten neben den ganz Großen wie „The Sopranos“, „Breaking Bad“ oder „Mad Men“ auf. Das ist nicht überraschend, denn kaum ein Anime sprengt so sehr die Grenzen des Genres wie dieses.

Eine wilde Mischung

Die Serie erzählt die Abenteuer einer Kopfgeldjägerbande, die im heruntergekommenen Raumschiff „Bebop“ durch das Universum irrt und Schurken jagt, in der Hoffnung, irgendwann das große Geld zu machen.

Alle, die im Musikunterricht aufgepasst haben, werden sich erinnern. Bebop ist eine ganz bestimmte Spielart des Jazz, die für Hektik und schnelles Tempo bekannt ist - Tugenden, die auch bei „Cowboy Bebop“ ganz oben stehen.

Ausschnitt aus Cowboy Bebop Anime

Sunrise Inc.

Musik spielt hier eine fast so große Rolle wie die Abenteuer der Raumschiff-Crew. So gut wie jede Szene wird mit Jazz, Funk und Blues untermalt. Visuell und erzählerisch lässt sich Shinichiro Watanabe von Spaghetti-Western, Film Noir und Sci-Fi-Visionen inspirieren. Das alles ergibt eine Mischung, die nicht nur in der Anime-Welt seinesgleichen sucht.

Anti-Held Spike Spiegel

Nicht nur visuell und akustisch schlägt der Regisseur eine ungewohnte Route ein. Sein Protagonist Spike Spiegel ist die Anti-These zu den berühmten Helden wie Son Goku aus „Dragonball“, die in den 80er und 90er Jahren außerhalb Japans für einen Anime-Hype gesorgt hatten.

Ausschnitt aus Cowboy Bebop Anime

Sunrise Inc.

Spike hat zwar auch übermenschliche Fähigkeiten im Kampf, aber er ist zudem Kettenraucher, trinkt manchmal zu viel, ist Zyniker und Melancholiker. Auch die anderen Mitglieder der Crew verstecken hinter ihrer Coolness und Geldgier Gefühle von Schmerz und Verlust, die in den 26 Folgen langsam an die Oberfläche treten. Dieser Mix aus Action, Komödie, aber auch Tiefgang macht die Serie zu einem ganz besonderen Stoff. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass es schon seit Jahren Gerüchte über eine Adaption gibt. Denn obwohl „Cowboy Bebop“ als Kult-Klassiker gilt, gibt es eben viele Menschen, die die Serie meiden, weil sie grundsätzlich keine Animes schauen.

Das Cover gelingt nicht

Kein Wunder also, dass Netflix sich an diesen Stoff wagt. Die Netflix-Version übernimmt die Charaktere, einige Handlungsstränge und natürlich den genialen Soundtrack. Doch es fühlt sich alles falsch an.

Das beginnt schon damit, dass die Schauspielerinnen und Schauspieler ihren Anime-Vorbildern weder ähneln noch eine besonders überzeugende Performance abliefern. Am besten schlägt sich Mustafa Shakir in der Rolle des Ex-Polizisten und Bebop-Kapitäns Jet Black, den er schon im Anime synchronisiert hatte. John Cho ist zwar charismatisch, aber mit seinen 49 Jahren wirkt er doch etwas zu alt für die Rolle von Spike, der in der Urfassung ein Mittzwanziger ist. Die spielsüchtige Faye Valentine tritt zwar nicht mehr wie in der Anime-Version stark sexualisiert als „Fan-Service“ auf, gleichzeitig wirkt aber ihr Charakter im Remake flacher und verliert an Nuancen.

Ausschnitt aus Cowboy Bebop

Netflix

Die gewalttätigen Action-Szenen aus der Anime-Version sind in der Adaption nicht stylish, sondern nur irritierend brutal. Irritierend sind auch viele Veränderungen im Drehbuch, die unnötig wirken und insbesondere Fans ärgern werden. Der subtilere Humor wird durch eine Endlosschleife aus One-Linern ersetzt. Gestrichen wurden dafür die vielen Zigaretten, die Spike, Jet und Faye im Original ununterbrochen rauchen. Dadurch geht etwas von der Ästhetik des Noir-Space-Westerns verloren. Insgesamt fühlt sich das Remake einfach an wie eine schlechte Coverversion.

See you space cowboy!

Shinichiro Watanabe hat mit dem Original eindrucksvoll bewiesen, wie kreativ man mit Anime Geschichten erzählen kann. Als Sci-Fi-Western ist das Remake dennoch unterhaltsam, nicht zuletzt, weil es in diesem Genre kaum Konkurrenz gibt. Die letzte vergleichbare Serie war „Firefly“, das ebenfalls von „Cowboy Bebop“ inspiriert wurde.

Zum Glück zeigt Netflix nicht nur das Remake, sondern auch gleich das Original. In diesem Sinne, see you space cowboy!

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