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Viel Kleidung hängt auf einem Ast auf einem Baum

inspektorin-gruen.at

Wieviel Greenwashing steckt in deiner Mode?

Die Modeindustrie lässt sich immer neue Öko-Schmähs einfallen, um uns zum Kaufen zu animieren. Wer blickt da noch durch?

Von Claudia Unterweger

Auch wenn wir am heutigen ‚Kauf-nix-Tag‘ aus Liebe zur Umwelt mal 24 Stunden dazu aufgerufen sind, nicht zu shoppen: Wir stecken mitten im ‚Black Friday‘-Rabattschlacht-Wochenende. Auch heuer wird zu Weihnachten schließlich ein ganzer Haufen Geschenke fällig - Lockdown hin oder her.

Wir shoppen also online. Unterhaltungselektronik, Sportartikel und Spielwaren sind jedes Jahr die Renner. Und Mode. Doch aufgrund von Horrormeldungen über die Textilindustrie als Klimakillerin und globale Umweltzerstörerin hegen immer mehr Konsument*innen ökologische Bedenken. Darauf antwortet die Modebranche mit sogenannten „nachhaltigeren“ Kollektionen und „Recycling“-Modellen. Saubere Sache oder nur grüne Slogans?

Inspektorin Grün kann da weiterhelfen. Ein junges Recherchekollektiv, das dem Greenwashing den Kampf ansagt und die Nachhaltigkeitsversprechen von Unternehmen in Österreich unter die Lupe nimmt. Schließlich fühlt sich jede*r Zweite zu diesem Thema zu wenig informiert.

Die schmutzigen Nebenprodukte von „fast fashion“

Manche Modeketten verkünden: „Bring uns deine alten Klamotten und wir recyclen das.“ Können wir darauf vertrauen und mit gutem Gewissen auf „buy“ klicken? Meine Frage lässt Matthias Schmid seufzen. Er setzt sich bei „Inspektorin Grün“ auch mit den großen Textilketten wie H&M, ZARA und C&A auseinander.

Matthias Schmid

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Matthias Schmid

„Man muss sich vergewissern, wie immens die Probleme sind, die die Textilindustrie verursacht. Die Branche verbraucht mehr CO2 als Luftfahrt und Schiffsverkehr zusammengenommen. Sie hat einen enormen Wasserverbrauch, und da reden wir noch gar nicht von den sozialen Problemen. Das alles kauft man als byproduct immer mit, wenn man fast fashion shoppt.“

Zweifelhafte „Recycling-Sneakers“

Für das Rechercheprojekt Sneakerjagd des Wochenmagazins DIE ZEIT wurden getragene Sneakers von Jan Delay, Joy Denalane und anderen Promis mit GPS-Sendern verwanzt und nachverfolgt, ob sie tatsächlich für Recycling-Turnschuhe Verwendung finden.

Auch als „Recycling-Sneakers“ oder ähnlich gebrandete Turnschuh-Modelle verursachen dem Greenwashing-Aufdecker Matthias Schmid Bauchweh. Massive Intransparenz umhülle die Frage, was mit unseren getragenen Schuhen aus Plastik und billigem Klebstoff passiert, nachdem wir sie in die Recycling-Box geben. Vieles lande da einfach bei Entsorgungsunternehmen.

Das zeigt auch die großangelegte Recherche Sneakerjagd von ZEIT Online. Diese hat etwa den Sportartikelkonzern Nike in des Teufels Küche gebracht. Der Konzern verspricht mit seiner Marke „Nike Grind“, gebrauchte Turnschuhe zu neuen zu verarbeiten. Schmid dazu: „Im Endeffekt hat sich herausgestellt, dass diese alten Sneakers nicht dafür verwendet wurden. Es wurde sogar der Vorwurf laut, dass systematisch neuwertige Retourware dafür verwendet wird.“

Expert*innen gehen davon aus, dass nur 1 Prozent der Kleidung tatsächlich recycelt wird. Die Gründe dafür sind vielfältig. Oft reicht die Qualität der getragenen Klamotten nicht aus. Oder es ist schwierig, Verbundstoffe wieder in einzelne Bestandteile zu trennen. Vieles von dem, was wir in die „Recycling-Boxen“ werfen, wandert schlussendlich in Länder Afrikas oder Südamerikas und landet dort dann auf dem Müll.

Von einem Umdenken der Moderiesen in Richtung Nachhaltigkeit lässt sich auch nicht wirklich ausgehen, wenn 1 bis 2 Mal pro Jahr sogenannte „Conscious“-Kollektionen in den Geschäften hängen. Selbst wenn diese Kollektionen in Einzelaspekten nachhaltig sein mögen, stelle sich die Frage, was den Rest des Jahres passiert, sagt der Greenwashing-Experte. "Am Kerngeschäft von Fast-Fashion-Marken ändert sich ja nichts. Das lässt sich getrost als Greenwashing bezeichnen.“

Wenn du dich vergewissern willst, ob die Winterjacke deiner Träume auch tatsächlich nachhaltig produziert wurde, dann bleibt dir eine Recherche abseits des Shopping-Vergnügens nicht erspart. Denn für Begriffe wie „nachhaltig“ oder „grün“ auf Etiketten in Kleidungsstücken gibt es keine rechtlichen Definitionen und damit auch keine Garantie, unter welchen Bedingungen das Teil hergestellt worden ist.

Selbst bei Gütesiegeln heißt es aufpassen. „Davon gibt es eine große Bandbreite, die unterschiedliche Standards anlegen. Doch es gibt Siegel, die die ganze Produktionskette im Blick haben und auch auf soziale Aspekte Wert legen“, sagt Schmid. Greenpeace etwa habe gut aufgelistet, welche Siegel einen ökologischen und sozialen Mehrwert bringen und welche nicht.

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