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Amena Karimyan mit einem Fernglas, sie schaut in den Himmel

Amena Karimyan

Weiter Kritik an Blockade des Visums für afghanische Astronomin

Amena Karimyan wurde von mehreren akademischen Einrichtungen zu einem dreimonatigen Forschungsaufenthalt in Österreich eingeladen. Doch die afghanische Astronomin und Aktivistin für Frauenrechte sitzt nach der hochriskanten Ausreise aus Afghanistan in Pakistan fest, weil das österreichische Außenministerium eine ursprünglich schriftlich gegebene Zusage für ein Visum nicht einhält. Ohne finanzielle Mittel kann die Frau weder vor noch zurück.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Derzeit befindet sich Amena Karimyan in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Ihre körperliche Sicherheit sei im Moment zwar gewährleistet, sagt Alexander Pollak von SOS Mitmensch, doch psychisch gehe es ihr nicht gut: „Weil sie dort festsitzt, kein Geld hat und überhaupt keine Perspektive. Auf dem Weg nach Pakistan wurde sie von den Taliban verhaftet und geschlagen, dann aber zum Glück wieder freigelassen. Und sie versteht nicht, warum die Visums-Zusage jetzt auf einmal null und nichtig sein soll.“

Karimyan hat in Afghanistan nicht nur ein Astronomie-Institut gegründet, sondern auch in Schulen Mädchen und Frauen unterstützt. „Man muss bedenken: Auch in Österreich sind die technischen Fächer noch immer eine Männerdomäne. In Afghanistan ist das noch viel mehr der Fall. Insofern ist Karimyan also eine Pionierin: Sie hat Technik studiert, das Astronomie-Institut gegründet - unter schwierigsten Bedingungen und als Frau. Die meisten Länder der Welt wären stolz, so eine Frau bei sich zu Gast zu haben oder aufnehmen zu können.“

Das Außenministerium, sagt Pollak, müsse jetzt die Zusage einhalten, der Frau ein Visum auszustellen - für einen Forschungsaufenthalt, der schon längst komplett organisiert ist: „Die Österreichische Akademie der Wissenschaften, die Universität Graz, das Forum Stadtpark in Graz - das sind große Einrichtungen. Es ist völlig unverständlich, dass ihr zuerst gesagt wird, dass das geht, und erst nachdem die Frau eine lebensgefährliche Reise hinter sich gebracht hat, gesagt wird: Nein, das geht nicht, es gibt kein Kommen nach Österreich.“

Das Außenministerium schreibt in einer Stellungnahme heute, Österreich habe Amena Karimyan einen sogenannten „Schutzbrief“ ausgestellt, damit sie über die geschlossene Grenze Afghanistans ausreisen konnte. Die Frau verfüge auch über ein langfristiges Visum für Pakistan.

Die Stellungnahme des Außenministeriums im Wortlaut:
Österreich hat nach der Machtübernahme der Taliban hunderte Menschen aus Afghanistan evakuiert, neben Österreicherinnen und Österreichern auch afghanische Staatsangehörige mit aufrechtem Aufenthaltstitel. Um diesen Menschen die Ausreise über die geschlossenen Landgrenzen zu ermöglichen, wurden ihnen sogenannte „Schutzbriefe“ ausgestellt.
Auch Frau K. erhielt von der Österreichischen Botschaft Islamabad einen solchen „Schutzbrief“ , um in einer akuten Krisensituation in ein sicheres Drittland zu gelangen. Sie verfügt aktuell auch über ein langfristiges Visum für Pakistan.
Rechtlich ist es nicht möglich, ein Visum vor Prüfung des Antrags zuzusagen. Frau K. hat erst vier Wochen nach ihrer Einreise nach Pakistan an der Österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf ein kurzfristiges Besuchsvisum (Visum C) gestellt.
Wo sich bei Prüfung eines Antrags zeigt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, darf das Visum nicht erteilt werden. Kriterien für die Erteilung eines Visum C sind u.a. die Glaubhaftmachung des Zwecks der Reise und die gesicherte Wiederausreise aus Österreich bzw. dem Schengen-Raum.
Jedem Visawerber/Jeder Visawerberin steht es offen, gegen einen negativen Bescheid binnen vier Wochen ein Rechtsmittel einzulegen.

Daraufhin hat auch SOS Mitmensch eine neue Stellungnahme zu dem Fall veröffentlicht:
Als Reaktion auf die Stellungnahme des Außenministeriums, wonach der afghanischen Forscherin Amena Karimyan eine Einreiseerlaubnis nach Österreich nicht vorab zugesagt wurde, veröffentlicht SOS Mitmensch die schriftliche Visumszusage der österreichischen Botschaft in Islamabad. Darin sei wortwörtlich zu lesen, dass für Karimyan „ein Visum zur Einreise nach Österreich abholbereit in der Botschaft liegt“. SOS Mitmensch fordert die Einhaltung der Visumszusage.
Die Visumszusage sei in einem so genannten „Letter of protection“ festgehalten worden, so die Menschenrechtsorganisation, die den Originaltext veröffentlicht: „The Austrian Embassy in Islamabad certifies that Mrs. Amena Karimyan is Afghan citizen. A Visa for entry into Austria is ready for collection at the Austrian Embassy Islamabad. The said person and his property-rights and interests are under protection of the Austrian Embassy.“

Das sei eine eindeutige Visumszusage, sagt Alexander Pollak. „Als es in der Botschaft dann plötzlich hieß, ihr Visumsantrag sei abgelehnt worden, ist die junge Frau aus allen Wolken gefallen. Man hat Karimyan zwar den Grenzübertritt ermöglicht, sie dann aber in einer höchst prekären Lage im Stich gelassen. So geht man nicht mit Menschen um.“

Auf der Website von SOS Mitmensch gibt es einen öffentliche Petition an das Außenministerium. Mehr als 5.000 Menschen haben bisher für die Ausstellung eines Visums an Amena Karimyan appelliert.

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