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Soundpark

Die besten österreichischen Songs und Alben des Jahres 2021

Krachige Gitarren, mentale Gesundheit und vielseitige Rapperinnen: Das Jahr 2021 im Rückblick der Soundpark Redaktion.

Wie jedes Jahr fassen wir die vergangenen 365 Tage im heimischen Musikschaffen in einer fünfstündigen Radio-Sendung zusammen:

Hier folgend aber auch einige geschriebene Worte und vor allem Links zum Nachhören - viel Spaß damit!

Alex Augustin

2021 war gewissermaßen wie ein Eiswasserkübel, der einem mehrmals über den Kopf gekippt worden ist. Immer dann, wenn man sich in Sicherheit wiegte, dass diverse Konzerte und Festivals stattfinden dürfen, wurde die nächste Show auf den St. Nimmerleinstag verschoben und das nächste Festival komplett abgesagt. In meiner Schublade vergilben ein Konzertticket für Tocotronic in Hamburg zum Bandjubiläum, geplant und gekauft bereits im Februar 2020 - und dazu ein Ticket für das Primavera Sound in Barcelona. Verschoben auf unbekannt. Glücklicherweise haben viele heimische Artists heuer die kurzen Momente der Entspannung für gute Shows nutzen können. Ich erinnere mich an Modecenter, die ich in der Arena Wien sehen und dort mit Musiker und Voodoo-Jürgens-Produzent Wolfgang Möstl über die Liebe zur Musik und vergangene Tage sinnieren durfte. Ich erinnere mich an Land of Ooo, bzw. einen Teil des Trios, nämlich Leonie Bramberger, die nicht nur super Musik macht, sondern auch tolle Musikvideos u.a. für DEATHDEATHDEAT feat. ZINN, die sie heuer auf der abgespeckten Diagonale in Graz im dortigen Musikvideo-Special präsentiert hat. Und die hätte ich gerne gesehen: Die unfassbar großartige Conny Frischauf. Oder auch Paul Plut, der die halbe Tour zu seiner zweiten Platte „Ramsau am Dachstein nach der Apokalypse“ ebenso wieder einstampfen konnte. Und was sonst nicht passiert ist: Ich möchte 2022 auch die St. Pöltner Surf-Rock-Band Salami Sux sehen, die das graue St. Pölten besingen (in Zeiten der Pandemie wahrscheinlich noch weniger eine Augenweide als sonst schon nicht) und auch Gran Bankrott endlich wiedersehen: Der hat bei seinen Konzerten gerne mal Tonnen gefälschtes Geld mit dabei, das er voller Freude mit Hilfe zweier Ventilatoren über die Köpfe des Publikums verstreut. Eskapismus und Spielgeld, was wünscht man sich mehr? Noch ein großer Tipp: Das Duo Laut Fragen, das Ingeborg Bachmann-Texte in kraftvoller Art-Punk-Form neu interpretiert. Und das Beste kommt bekanntlich am Ende: Manche Musikerinnen hört man und möchte sie am liebsten sofort in einen Flieger nach Los Angeles setzen, damit sie dort möglichst schnell ein Label finden und berühmt werden. The Zew hat Mitte Dezember bei Numavi Records die Nummer Come on Down veröffentlicht. Ein atmenberaubendes Stück Musik, Lo-Fi-Cyborg-Songs direkt aus dem Untergrund. Verwurzelt in klassischer Folk- und “Outsider”-Musik. Eine große Empfehlung, da kommt noch viel.

Andreas Gstettner-Brugger

Auch im zweiten Jahr der Pandemie haben sich viele Releases sehr persönlich mit dem Thema Mental Health auseinandergesetzt. Sophie Lindinger spricht auf der Leyya-EP The Longest Days Of My Life” sehr offen und ehrlich über ihre Depression. Der Sound bleibt poppig und manchmal sogar tanzbar, um gegen die inneren Dämonen anzukämpfen. Auch die junge Künstlerin und Sängerin Christl will mit der Single I Wanna Leave allen Mut zusprechen, sich nicht wegen ihrer psychischen Probleme zu schämen, sondern in engem Kreis offen damit umzugehen. Das grandiose Album What Else Can Break von Mira Lu Kovacs erzählt davon, dass man selbst in den dunkelsten Stunden Lebenswillen und Neugier dafür entwickeln kann, was wohl als nächstes passiert. Mit ihren zarten, wundervollen Songs umarmt Mira Lu Kovacs das Scheitern, nimmt es als wichtigen Teil des Lebens an und vermittelt auch uns das Gefühl, dass es okay ist, die eigenen Unzulänglichkeiten zu umarmen. All diese Werke haben Mut und Zuversicht in einem turbulenten Jahr vermittelt.

2021 hat uns auch Alben und Songs gebracht, um uns in der heimischen Musik einfach fallen lassen zu können. Die neue „Supergroup“ Sharktank experimentiert mit Hip Hop, Pop und Indie in einer detailverliebten und sehr ungezwungenen Weise. Das Debüt „Get It Done“ ist ein freudiger Aufruf, seinen Hintern von der Couch hochzukriegen. Nicht nur zum Tanzen. Das Elektronik-Duo Don’t Go bringt mit Jasmine nicht nur sein Debüt zu Welt, sondern zeitgleich auch seine Tochter. Die beiden kreieren einen sphärischen Sound, in dem man sofort tief eintauchen kann. Und gegen Ende des Jahres hat uns das junge Shoegaze-Quartett Manic Youth mit seinem zweiten Album Funland die „tragische Wucht der irdischen Existenz“ (wie es Max Zamernik ausgedrückt hat) mittels Gitarren-Noise und melancholischen Melodien, die einen sofort in die 90er Jahre zurückversetzen, näher gebracht. Eine schöne Zeitreise. Ein Album, in das ich mich dieses Jahr immer fallen lassen konnte, war Weird Shaped Clouds von Julian Berann und Ines Kolleritsch alias Gazelle & The Bear. Der wärmende Soul, die jazzigen Anleihen, der poppige Drive, die gefühlvollen Gesangslinien, das stimmt einfach alles. Und gerade weil wir auch dieses Jahr nicht so viele Live-Momente erleben durften wie erhofft, hier eine wunderschöne Session von Gazelle & the Bear von der c/o pop Convention im April. In diesem Sinne wünsche ich uns ein gutes, gesundes und hoffentlich wieder mit Leben und Live-Konzerten erfülltes 2022!

Alica Ouschan

Was für ein Jahr war das bitte? Ich bin ja schon letztes Jahr total von den Socken gewesen, weil ich mir gedacht hab: „Wow, so viel neue tolle Musik aus Österreich hat’s bestimmt noch nie in einem Jahr gegeben!“ – und jetzt sitz ich wieder hier und denk mir: „Pow, die heimische Musikszene hat mich wieder mal eines Besseren belehrt und das letzte Jahr sogar noch getoppt.“ Meine (mit Sicherheit unvollständigen) musikalischen Highlights 2021 führt Mavi Phoenix an. Für mich war es unfassbar schön, in den letzten Jahren zuzusehen, wie Mavi sich persönlich und musikalisch weiterentwickelt, zuerst mit dem “Boys Toys“-Album, das 2020 erschienen ist. Und dann, nachdem es eine Zeit lang ruhig um ihn geworden war, ist er mit einem Bang wieder eingeschlagen. Mit neuem Sound, neuer Stimme und einem wahnsinnig guten Gitarren-Song, den ich so von ihm einfach niemals erwartet hätte. Ich bin immer schon ein großer Mavi-Fan gewesen, aber mit „Nothing Good“ hat er mich einfach nochmal komplett umgehauen.

Das beste Album kommt für mich heuer von der Wiener Band Buntspecht. Die haben mich mit den Songs auf „Spring bevor du fällst“ aus der einen oder anderen depressiven Stimmung geholt – außerdem durfte ich sie heuer auf ihren FM4 Private Sessions begleiten, was besonders in diesen konzertarmen Zeiten ein ganz besonderes Erlebnis war. Besonders ist für mich auch immer, wenn Künstler:innen, die ich schon länger mit halbem Auge verfolge, mich abholen und zum die-hard Fan machen, so wie es heuer Eli Preiss und Verifiziert geschafft haben – ich bin ja immer für mehr FLINTA*s in Bereichen, wo wir unterrepräsentiert sind; die heimische Musikszene gehört da wohl bald nicht mehr dazu.

Den Sound für das Jahr der endgültigen Endzeitstimmung mit Klimakatastrophen, gesellschaftlicher Spaltung und Zukunftsängsten durch die Pandemie haben für mich Leyya mit ihrem Song „I’m Not Sure“ perfekt eingefangen. Einen Track, der gut reingeht, haben Friedberg mit „Yeah“ geliefert. Ein Lied für den Italien-Urlaub kam von Resi Reiner mit „Ich will nach Italien“. Und der Song, der bei mir heuer auf Repeat lief, heißt „Mixed Feelings“ und kommt von Nenda, die auf Tirolerisch und British Englisch singt und rappt – nicht nur eine vielversprechende Newcomerin, von der es hoffentlich sehr bald noch viel mehr zu hören gibt, „Mixed Feelings“ ist meiner Meinung nach auch einer der besten Songs, die Österreich je hervor gebracht hat.

Christian Pausch

Ich muss es geradeheraus sagen: 2021 war mal wieder ein furchtbares Jahr für Musiker*innen. Wenn man viel Herz und alle Zeit in die eigene Musik investiert, dann braucht man auch Einnahmen aus diesem Beruf und die generieren sich hauptsächlich durch Auftritte und Konzerte. So gerne wir hätten, dass der Kauf eines Albums oder ein Klick beim Streamingdienst unsere Lieblingskünstler*innen finanziell durchs Jahr bringt, so utopisch ist das. Vielleicht nicht bei Adele, aber bei unseren österreichischen Musiker*innen leider schon.

Auch 2021 kamen sie wieder: die Lockdowns und somit die vielen, vielen Konzertabsagen, bzw. noch schlimmer: ganze abgesagte Touren. Diese Konzerte werfen nicht nur Gagen ab, sondern sind auch die Orte, wo man Merchandise-Artikel an die Fans bringt, wo man neue Fans gewinnt und alte Bande festigt. Kurzum: Konzerte sind notwendig für das Überleben der österreichischen Musikszene.

Auch meine Aufgabe als Soundpark-Moderator hat sich durch die Umstände der Pandemie verändert: ich habe in der Sonntag-Nacht versucht, besonders jene Künstler*innen vorzustellen, die unter den vielen Absagen litten und so viele aufgezeichnete Konzerte wie möglich zu senden, um uns alle an diese wunderbaren Live-Erlebnisse zu erinnern. Ich hoffe, diese Radiomomente haben euch, den Hörer*innen, und euch, den Musiker*innen, trotz allem viel Freude bereitet.

Dass es mir überhaupt gelungen ist, das ein oder andere Konzert im Sommer zu erwischen, grenzt aus jetziger Sicht (im konzertlosen Herbst/Winter) fast an ein Wunder. Doch es gab sie, die schönen Live-Momente in diesem Jahr - und es hat mich besonders gefreut, bei einem Debüt-Konzert einer neugegründeten Band dabei gewesen zu sein. Dirty Talons heißt die sechsköpfige Truppe, und bei ihrem allerersten Konzert im Wiener Neustädter Triebwerk – das dieses Jahr übrigens 25 Jahre alt wurde, herzliche Gratulation! – wurde trotz FFP2-Maskenpflicht lauthals mitgegrölt. Besonders bei diesem Song hier:

Michaela Pichler

Wie 2021 passend anfangen? Ja, Panik haben es am allerersten Tag des Jahres vorgemacht. Am 1. Januar ist ihr erstes Lebenszeichen nach einer viel zu langen Pause erschienen: „Apocalypse or Revolution“ sollte wohl auch das Motto für die kommenden Monate werden. Zumindest waren Ja, Panik für uns mit einem ganzen Album da, mit der Platte „Die Gruppe“ feiern sie das Kollektiv. Und von Ja, Panik ist es nur noch ein Steinwurf bis zur Berliner Staatsakt-Labelfamilie: In die wurde heuer die Band Pauls Jets aufgenommen. Für die Wiener Formation stehen heuer die Zeichen auf Veränderung: Nicht nur ein neues Label, sondern auch ein weiteres Bandmitglied - aus dem Trio ist ein Quartett gewachsen. Gemeinsam wurden dann Lieder wie „So richtig in Love“ veröffentlicht, die die Vorfreude auf das kommende Album (Februar 2022) schüren.

Neben guten altbekannten Gesichtern gab es heuer auch viele Newcomer*innen, die die heimische Musikszene erweitern. Einige dieser Namen sind schon gefallen, auch die Songwriterin Rahel reiht sich in diese Liste ein. Ihre erste Pop-Single „Tapp Tapp Tapp“ hat sich erfolgreich als hartnäckigster Ohrwurm 2021 in meine Gehörgänge gehämmert - auf die beste Weise, natürlich. Und auch in Sachen Noise-Gitarren gab es Musik zum Ohren-Durchputzen: Das Dark-Folk-Trio ZINN und die Post-Punker Modecenter (beide aus dem Numavi-Stall) haben jeweils Debütalben veröffentlicht, für die dunkleren Tage und die kalten Nächte.

Zum Abschluss gibt es aber noch ein bisschen Wärme: Zum Beispiel mit „Neutral“, für den sich Wolfgang Möstl aka Wolf Lehmann gemeinsam mit Dives zusammengetan hat. Souliger Sample-Spaß für Sommerabend-Erinnerungen. Und so eine Erinnerung wurde mit der Salzburger Band Flirtmachine geschaffen. Die Lo-Fi-Truppe hat es diesen Sommer auch nach Wien verschlagen. Eines der schönsten Konzerte dieses abgespeckten Konzertjahres hat mit besagter Band dann in einem kleinen Park im 9. Gemeindebezirk stattgefunden. Während Debüt-Kassetten (<3) verteilt werden, spielen Flirtmachine vor einem spontanem Publikum ihre geloopten Lieder im DIY-Mantel. Und „Whisper“ ist eine dieser Songperlen, die sich heuer in all meine Playlisten geschlichen hat.

Lisa Schneider

Es sind schon viele gute Namen und noch bessere Songtitel gefallen, deshalb folgt hier meine möglichst kurze, situations- bzw. emotionsbedingte Empfehlungsliste an Lieblingsliedern 2021.

Für Menschen, die gern staunen, schreibt Oskar Haag Musik. Frei nach dem Motto „Es gibt keine kleinen Popsongs“ ist seine Debütsingle Stargazing an minimalistischer Schönheit kaum zu übertreffen. Für Menschen mit Hang zu Offensive, Krach und Vielschichtigkeit gibt es das hervorragende, selbstbetitelte Debütalbum der Band Modecenter. Das immer gute Gitarrenspürnasenlabel Numavi Records hat auch einen weiteren Langspieler des Jahres veröffentlicht, und der wiederum ist für Menschen, die beim Spaziergehen nach dem perfekten Begleiter suchen. World Wide Worries von Sluff ist voll mit Liedern, die vor allem nach wiederholtem Hören ihre besten Geheimnisse verraten (und „Postgaze“ ist das damit einhergehende, vielleicht schönste neu erfundene Genre der Welt!).

Für Menschen, die Zappel-Punk, Statement und Garage mögen, sind Baits mit ihrem Album Never Enough laut, gut und da. Und für all die, die es sich ein bisschen weicher, aber nicht weniger melodieverliebt wünschen, haben Interstellar Bungalow ihre EP Primer geschrieben. Für Menschen mit Vorliebe für dunklen Kammerpop hat Sophia Blenda mit ihrer Debüt-Single Wie laut es war( das Musikjahr mit einem Paukenschlag beendet.

Und schließlich: Für Menschen, die gute Musik mögen, ist Farces Coverversion von Clara Luzias „When The Streets“ ein Top-Anwärter für das Lied des Jahres. Keine Bestenlisten ohne Veronika König!

Stefan Trischler

Nichts weniger als einen Zeitenwechsel hat das 21er Jahr dem österreichischen HipHop gebracht. War das bis vor Kurzem - wenn man sich ehrlich ist - mehrheitlich eine Bubenpartie, haben in diesem Jahr rappende Frauen mit extrem unterschiedlichen musikalischen und thematischen Ansätzen auf sich aufmerksam gemacht. Ob sie nun melodisch, jazzig oder eher aggressiv rappen: Eli Preiss, Donna Savage, Nenda, Kitana, Skofi oder Spilif müssen hoffentlich nie wieder Fragen zum Thema Frauen im Rap beantworten. (Und Kerosin95 oder Dacid Go8lin wiederum keine sinnlosen Diskussionen über persönliche Pronomen führen.)

Bei den RappERn hat sich mit Slav, Bibiza, Dirtysanchez oder Bacardy52 eine neue Generation etabliert, von der man auch 2022 sicher viel erwarten kann. Gleichzeitig hat aber auch JerMC (alias Dyin Ernst) dieses Jahr einige seiner besten Songs veröffentlicht und es gab zeitlose Dialekt Rap-Albumhighlights etwa von Mo Cess & Chrisfader oder Kardinator - vom Texta-Comeback ganz zu schweigen!

In elektronischeren Gefilden haben mich heuer die schimmernden Klänge, krautigen Grooves und spirituellen Jazz-Harfen auf dem Blacklight Chameleon-Album auf eine schöne Reise mitgenommen. Eine ganz andere, aber auch faszinierende Route irgendwo zwischen Bass-Musik und New Wave haben Mieux auf Rulers eingeschlagen. Mein österreichisches Album des Jahres hat aber Cid Rim produziert: Auf Songs of Vienna hat er Polyrhythmen, Dub und seine eigene Stimme ins Zentrum futuristischer Popsongs gerückt - und damit alles richtig gemacht!

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