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Palace entführen uns mit dem Album „Shoals“ unter Wasser

Die Londoner Band Palace veröffentlicht mit „Shoals“ zwölf starke Songs, die zentrale Fragen des Lebens ausleuchten. Das Album handelt von Ängsten, ist aber auch eine Hommage an den Ozean und die Natur.

von Eva Umbauer

„Shoals“ ist vieles, aber letztlich möchten es Palace keinesfalls als ein Pandemie-Album verstanden wissen, auch wenn es zu Beginn, als keine Konzerte mehr stattfinden konnten, für Sänger und Songschreiber Leo Wyndham so war, als ob ihm der Boden unter den Füßen wegezogen worden wäre. Schließlich bekam er dann auch noch Angst, zu erkranken und, ja, zu sterben, er hatte richtige Todesangst.

Leo bekam tatsächlich das Virus, und seine Lunge brauchte volle neun Monate, um sich zu erholen. Heute geht es Leo Wyndham wieder gut und das bisher größte Konzert, das Palace je gespielt haben, steht bevor, im Februar in der O2-Arena in London.

Palace veröffentlichen mit „Shoals“ ihr bereits drittes Album, davor gab es ein paar Minialben. Mit dem ersten Longplayer, „So Long Forever“, 2016 erschienen, machten sie sich einen Namen. Die Band, die erst ein Quartett war, dann zum Trio schrumpfte, hat noch einmal Anlauf genommen, und entfaltet mit „Shoals“ ihr volles Potential. Das Wort „shoals“ steht übrigens sowohl für Fischschwärme als auch für flachere Stellen im Meer.

Das erinnert manchmal an Bon Iver („Never Said It Was Easy“), an die frühe(re)n Coldplay („Shame On You“), an die US-Band Alabama Shakes („Fade“) oder an Jeff Buckley („Lover (Don’t Let Me Down))“, der einen Song mit einem ähnlichen Titel hatte, nämlich „Lover Don’t Come Over“. Außerdem: Alle, die die englische Band The Maccabees schmerzlich vermissen, sollten sich von Palace getröstet fühlen.

„We came up with this idea of the ocean representing the human mind, it has got depths and beauty and mystery, and it is sort of deadly too.“ - Leo Wyndham über „Shoals“

Palace Band

Daniel Harris

Die Musik von Palace hat die Band selbst schon immer auf eine Weise an das Meer erinnert. Leo Wyndham hat meist den Ozean in seinen Gedanken, wenn er komponiert - rauschende Wellen oder zart den Sand am Strand umspielendes Wasser. So klar wie bei „Shoals“ war das aber noch nie.

Da flitzen Fischschwärme durch die Fluten, mal kleine, dann wieder riesengroße, Fisch an Fisch dicht gedrängt. Diese Fischschwärme stehen bei „Shoals“ etwa auch für Ängste. Diese sind wie Schwärme von Fischen, die sich blitzartig um uns ausbreiten können.

Leo Wyndham leidet an Schlaflosigkeit, praktisch immer schon, mittlerweile kann er damit zumindest besser umgehen. „I wish I was a sleeper, I wish I was a dreamer“, singt Leo in einem der neuen Songs, „Sleeper“, der auch zarte Electronics aufweist, etwas das Palace nun stärker einbinden als zuvor.

Die Band hat ziemlich viel James Blake gehört, vielleicht war das ja auch eine Inspiration, den Palace-Sound etwas zu erweitern. Eine Gitarrenpopband bleibt man dennoch, immer gerne beeinflusst vom verwaschenen, experimentellen Gitarrenpop-Sound des sogenannten Shoegaze aus den 90ern, zu hören etwa bei „Gravity“.

Cover Shoals

Fiction

Die neuen Songs von Palace tauchen ein, unter und ab - in Träume, in das Unterbewusste, in Existentialistisches. Das Meer steht bei „Shoals“ auch für Gedanken, das Denken, den Verstand. Die Songs können aber auch einfach eine Ehrerbietung an den Ozean sein, an seine unbändige Kraft, oder auch ein Liebeslied an die Natur, wie sie lebt und atmet. Einer der Songs heißt „Killer Whale“ - der Orka ist sein Hauptdarsteller.

Leo Wyndham von Palace sagt im FM4-Interview über „Killer Whale“: „We made the song with this guitar effect. This reversed guitar effect felt like a creature swimming through the ocean, this beautiful powerful creature. It was a killer whale that came to mind, something so beautiful and mysterious.“

Hypnotische Schlagzeug-Rhythmen, beharrende Synths in Schleier aus Melancholie gehüllt, ein funky Bass, percussives Feingefühl, dichte Harmonien - es ist alles da auf „Shoals“. „Shame On You“ ist emotionsgeladen, „Killer Whale“ sehr elegant, das poetische „Where The Sky Becomes The Sea“ erwähnt die zarten Flügel einer Hummel; „If hummingbird wings in our chests as it sings to carry us into the wind“, und das leicht nostalgische „Give Me The Rain“ ist einfach nur wunderschön.

„Shoals“ von Palace ist eine Reise durch das Leben und seine Unsicherheit, ein beeindruckender Tiefseetauchgang, vorbei an vielen Schwärmen von Fischen. Am liebsten aber begibt sich Leo Wyndham zum Schwimmen in das Meer bei Schottland. Das kalte Wasser dort gibt ihm das Gefühl, wie neugeboren zu sein.

„Shoals“ von Palace wurde zusammen mit dem englischen Musiker und Producer Leo Abrahams produziert. Der hat schon mit vielen Musiker*innen zusammengearbeitet, von Regina Spektor über Hayden Thorpe bis zu den Editors, oder auch Ghostpoet.

„Shoals“ von Palace ist am 21.Jänner 2022 bei Fiction erschienen.

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