Der Olympische Geist im Land der Schneekanonen
Eine Kolumne von Todor Ovtcharov
In China werden die Olympischen Winterspiele auf Kunstschnee durchgeführt. Um die Pisten gut bedeckt zu halten, braucht man Millionen Kubikmeter Wasser täglich. Sogar für chinesische Verhältnisse ist das ziemlich viel Wasser. Doch selbst wenn die Bewohner von Peking deshalb weniger Wasser hätten, würde das niemanden wundern.
Wenn man die Führung von China kennt, wird man sich auch nicht wundern, wenn es zu Solidaritätskundgebungen von Bürgern kommt, die verkünden, dass sie gerne auf Wasser verzichten würden im Namen des Olympischen Geistes. Mütter werden uns erzählen, wie ungern sie ihre Babys duschen, und alte Menschen mit Tränen in den Augen werden dem IOC danken, dass man sie zurück in ihre Jugend gebracht hat, als sie nur dann frisches Wasser bekamen, wenn es geregnet hat.
Man könnte meinen, die globale Erwärmung sei schuld, aber was hat China dagegen getan? Ich frage mich auch, was wohl mit den ganzen Schneekanonen passiert, wenn die Olympischen Winterspiele zu Ende sind? Vielleicht - um den Olympischen Geist zu bewahren - verschenkt sie China an ein zentralafrikanisches Land, um die Wintersportkultur dort zu beleben.
In Wien hat es diesen Winter auch kaum geschneit. Trotzdem hoffe ich nicht auf chinesische Schneekanonen, damit der Kahlenberg weiß wird. Es ist besser, es schneit einmal im Jahr und wir können die fallenden Schneeflocken ohne Bedenken essen. Schnee, der vom Wasser aus der Donau stammt, hört sich ziemlich unappetitlich an. Deshalb, liebe Hörerinnen und Hörer, drückt allen Sportler*innen die Daumen, dass sie keinen Schnee in den Mund bekommen.
Publiziert am 09.02.2022