FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Screenshot aus dem Computerspiel "Horizon Zero Dawn"

Guerrilla Games / Playstation

In „Horizon Forbidden West“ geht es zurück zu den Robotertieren

Kann die Fortsetzung eines fantastischen Werkes noch viel besser werden? Das Science-Fiction-Action-Abenteuer „Horizon Zero Dawn“ vor fünf Jahren war spielerisch sowie in Sachen Story und Präsentation spektakulär. Nun ist der lange erwartete Nachfolger da: „Horizon Forbidden West“ ist ein vielschichtiger, detailverliebter und umfangreicher Koloss von einem Spiel.

Von Robert Glashüttner

Grundlegend betrachtet setzt die Geschichte von „Horizon Zero Dawn“ auf bewährte Schablonen: eine verstoßene Heldenfigur in einer dem Untergang geweihten Welt, mit sehr geringer Chance auf Rettung. Gerettet werden kann die Welt naturgemäß ausschließlich durch die Taten der Heldin, die tapfer und gütig, kämpferisch-unnachgiebig, aber dennoch immer versöhnlich ist. Es ist erstaunlich, dass dieses vor fünf Jahren scheinbar aus dem Nichts gekommene Action-Adventure-Computerspiel mit seiner konventionellen, stellenweise kitschigen Science-Fiction-Story so begeistern konnte.

Doch „Horizon“ ist viel mehr als sein Setting und sein Storytelling. Und die Geschichte besteht aus viel mehr als aus den üblichen Tropes und Klischees. Man muss bloß wissen, wie man sie richtig einsetzt, erweitert und gebührend ausschmückt.

1.000 Jahre in die Zukunft

Sechs Monate sind vergangen, seitdem Aloy die Welt (am Ende des ersten Spiels) gerettet hat. Sie hat eine gefährliche künstliche Intelligenz in ihre Schranken gewiesen, die das Leben auf der Erde auslöschen wollte. Es war eine KI, die ehemals eine untergeordnete Funktion eines immens ausgeklügelten KI-Komplexes war: GAIA. Im originalen Spiel aus 2017 blieben diese erzählerischen Hintergründe der Spielewelt noch eher im Hintergrund, erst im letzten Viertel des Games sind sie verstärkt behandelt worden.

Screenshot aus dem Computerspiel "Horizon Zero Dawn"

Guerrilla Games / Playstation

Nun aber, im zweiten Teil „Horizon Forbidden West“ steht die Erzählung von Anfang an im Zentrum: Die hochentwickelte Gesellschaft in den 2030er bis 2060er Jahren hat - ähnlich wie bei „Terminator“-Filmen - Militärroboter gebaut, die irgendwann außer Kontrolle geraten sind. Alles Leben auf der Erde wurde schließlich durch sie zerstört, doch ein noch davor realisiertes, immens komplexes KI-Wiederbelebungsprojekt („Zero Dawn“) hat Jahrzehnte und Jahrhunderte später das Leben quasi neugestartet. Jetzt jedoch, in den 3000er Jahren, gibt es wieder gravierende Probleme.

Aloy kennt sich aus

Waren wir mit Aloy in Teil 1 noch eine etwas ratlose, aber sehr mutige Kämpferin, ist sie sich ihrer äußerst wichtigen Rolle nun bewusst. Sie ist ein Klon der Wissenschaftlerin Elisabet Sobeck, die GAIA - das Herz des Weltwiederaufbauprojektes - gemeinsam mit ein paar anderen genialen Forscher*innen erschaffen hat. Nun hat sich GAIA (zu Beginn des Originalspiels) revanchiert und Elisabet/Aloy geschaffen, die alles wieder in Ordnung bringen soll.

Damals wie heute steuern wir Aloy durch unglaublich weitreichende, vielseitige, detailverliebte, pittoreske Landschaften, die immer wieder auch von uraltem, riesig-groteskem Militärgerät gesäumt werden. Faszinierend sind die Robotertiere in vielen Größen und Formen, gegen die wir aber kämpfen müssen, weil sie zumeist feindselig sind. Außerdem gibt es unterschiedliche Stämme der Menschen, die sich in den letzten Jahrhunderten gebildet haben, denn das Wissen der Alten wurde leider nicht an sie weitergegeben.

Vertraut, aber erweitert

Wenn man das Original kennt, ist der Einstieg in „Forbidden West“ sehr vertraut: Teil 2 spielt sich grundsätzlich wie das bereits äußerst intuitive Originalspiel. Wir führen elegante Hiebe mit unserem Speer aus, nehmen mit Pfeil und Bogen Feinde ins Visier, stellen Fallen, werfen Bomben und laufen und springen dabei selbstverständlich ständig hin und her. Die Umgebung kommt uns auch bekannt vor: wunderschöne weitläufige Landschaften, alte Ruinen, Siedlungen der Stämme, Menschen in bunter, opulent-tribalistischer Kleidung und hochentwickelte, raffiniert designte Robotertiere.

„Horizon Forbidden West“, entwickelt von Guerrilla Games und vertrieben von Playstation, ist für PS4 und PS5 erschienen.

Die Waffen und Waffentypen sind weitgehend gleichgeblieben, wenngleich sie nun etwas übersichtlicher aufbereitet sind. Die erlernbaren Fähigkeiten wurden erweitert und sind jetzt in fünf Kategorien in Form eigener kleiner Netzwerke freischaltbar. Dazu gehören auch Sonderfeatures, die Aloy kurzfristig zum Beispiel besonders effizient Pfeile schießen lassen oder sie automatisch heilen. Natürlich gibt es auch wieder unseren sogenannten Focus: ein Augmented-Reality-Tool der alten Welt, mit dem Aloy und im Verlauf von „Forbidden West“ auch Mitstreiter*innen wertvolle Zusatzinformationen der Umgebung abrufen können.

Screenshot aus dem Computerspiel "Horizon Zero Dawn"

Guerrilla Games / Playstation

Da und dort sind komplett neue Funktionen hinzugekommen, wie etwa ein Schwebegleiter, der uns sicher in die Tiefe segeln lässt, oder ein Zugseil, mit dem Geröll aus dem Weg „gesprengt“ werden kann und wir etwa Metallbalken ziehen können. Tauchen kann Aloy nun auch. Darüber hinaus gibt es Spiele im Spiel, und zwar das in den Siedlungen der Stämme gerne praktizierte Brettspiel „Machine Strike“ und eine Art Pferderennen namens „Gauntlet Run“.

Langsam in die Gänge kommen

„Horizon Forbidden West“ ist enorm umfangreich: Ich habe das Game bislang über 30 Stunden gespielt und dabei gerade mal ein knappes Viertel vom Gesamtpaket erlebt. Die nun dynamischer und noch spannender erzählte Geschichte, wo dieses Mal auch einige der (alten und neuen) Weggefährt*innen von Aloy wichtige Rollen spielen, kommt leider erst spät in die Gänge.

Einfach durch die Story zu rasen ist zwar - auch dank der einfachsten Schwierigkeitsstufe - bis zu einem bestimmten Grad möglich, steht aber im Widerspruch zum Wesen des Spiels: Das möchte durch seine riesige, facettenreiche Open World in unterschiedlicher Weise entdeckt werden. Dazu wollen Waffen, Gegenstände, Gegner, Upgrades, und so weiter studiert werden. Außerdem benötige ich Nebenquests und kleinere Aufträge, um Ressourcen zu sammeln und meinen Charakter zum Fortführen der Story ausreichend hochzuleveln. Auf Schwierigkeitsstufe „Normal“ kommt die Geschichte erst nach mehreren vielstündigen Spielesessions so richtig in Fahrt.

Apropos Geschichte: Wer „Horizon Zero Dawn“ nicht oder nur wenig kennt, wird sich schwertun, sich in der forterzählten Story von „Forbidden West“ zurechtzufinden. Der Was-bisher-geschah-Rückblick beim Start des Spiels ist sehr kurz, und die Geschehnisse sowie die Relevanz der Figuren sind, ohne sich zusätzliche Informationen zu besorgen, für Neustarter*innen wohl nur schwer nachzuvollziehen.

Never change a running system

„Horizon Forbidden West“ ist ebenso großartig wie sein Vorgänger, dabei aber spielerisch ein bisschen zu nah am Original dran. Verständlich, dass man so einen umfangreichen und erfolgreichen Wurf wie „Zero Dawn“ nicht komplett neu erfinden kann und will - never change a running system. Dennoch hätte das Ergebnis, trotz all der erfreulichen, kleineren Erweiterungen und Verbesserungen, nicht ganz so erwartbar ausfallen müssen. „Horizon Forbidden West“ ist eine nahtlose, sehr gute Fortsetzung eines Spiels, das vor fünf Jahren außergewöhnlich war.

mehr Game:

Aktuell: