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Collage aus Film-Szenen aus Beasts Of Southern Wild und City Of God

Ascot Elite/Miramax Films

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Outside of society: Filme über soziale Randfiguren

„Underdog“ heißt das Motto von „Hallo FM4“ diesmal - und dazu passen unzählige Filme. Widmet sich das Kino doch schon immer explizit den Außenseiter*innen und Sonderlingen. Hier aber doch ein paar spezielle Empfehlungen.

Von Christian Fuchs

1980 erscheint ein Outlaw-Meisterwerk, das leider nur in cinephilen Kreise die notwendige Wertschätzung erfährt. „Out of the Blue“ ist ein Film von Dennis Hopper, dem manischen Schauspieler und großartigem Regisseur. In dem trostlosen wie hemmungslos romantischen Sozialdrama ist er gleich in beiden Funktionen zu sehen.

Hopper spielt selbst den Vater der Hauptfigur, der kleinen Cebe, unfassbar verkörpert von dem Naturtalent Linda Manz. Das Mädchen bricht aus grausigsten Familienverhältnissen aus, wird zur kindlichen Punkrockerin und sprengt die Welt in die Luft, wortwörtlich. Der Titel wurde übrigens der legendären gleichnamigen Hymne von Neil Young entliehen: „Hey hey, my my", heißt es darin wehmütig,"Rock’n’Roll will never die.“

Kämpfen bis zum Umfallen

Filme über Boxer sind fast immer Werke über verbissene Einzelgänger*innen und soziale Underdogs. Vom tollen Beginn der „Rocky“ Saga bis zu den toughen Frauen, die in Filmen wie „Girlfight“ oder „Million Dollar Baby“ im Ring stehen.

Ein absolutes Boxerfilm-Highlight ist auch „The Fighter“ vom Ausnahmeregisseur David O. Russell. Ein Filmemacher, der oft für skurrile Komödien steht („American Hustle“), hier aber primär auf der Moll-Klaviatur spielt. Christian Bale gibt gewohnt intensiv den cracksüchtigen Kämpfer, der mit seinem gutmütigen Bruder Mark Wahlberg kollidiert. Ein Film, wie ein emotionaler Faustschlag und gleichzeitig enorm feinfühlig.

TRAILER The Fighter
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Ein afroamerikanisches Märchen

New Orleans, verwüstet vom Hurricane Katrina. Mitten in der Fluthölle, zwischen Trümmern, lebt ein afroamerikanisches Mädchen namens Hushpuppy mit seinem kranken Vater. „Beasts of the Southern Wild“, vom 2012 noch sehr jungen Regisseur Benh Zeitlin, erzählt von Außenseiter*innen, die nicht verzagen, die mitten in der Apokalypse von einer besseren Welt träumen. Ein umwerfender Indie-Film als Manifest für den Mut und die unbezwingbare Hoffnung.

Die Götter müssen verrückt sein

Kinder schießen auf Erwachsene. Erwachsene schießen auf Kinder. Es ist kein Horrorfilm, aus dem diese schockierenden Bilder stammen. Sondern ein Streifen, der vom Schrecken der Realität erzählt. Willkommen in der „City Of God“, ein Name, der wohl nur als zynischer Witz des Schicksals zu verstehen ist.

Regisseur Fernando Meirelles hat den Tatsachenroman des Autors Paolo Lins 2002 zu einem packenden Leinwandepos destilliert. Am Beispiel einer Gruppe unterschiedlicher Jugendlicher zeigt der Film das Leben, das Leiden aber auch die Liebe im schlimmsten Slum von Rio de Janeiro. Und das ganz ohne naheliegenden sozialkritischen Zeigefinger.

Über weite Strecken läßt Meirelles einfach die Bilder sprechen. Entfesselte, körperlich spürbare Bilder, irgendwo zwischen sonniger Postkartenidylle und blankem Terror. Und wenn die Kamera zu hektisch dahinrast, werden die Darsteller zur Rettung des Films. Ein so atemberaubendes Laien-Ensemble sieht man nicht oft.

Fegefeuer kleinbürgerlicher Seelen

Oustsider, Sonderlinge, Freaks & Geeks bevölkern seit jeher das Kino. Aber niemand dringt so sehr unter die Oberfläche der Normalität wie Harmony Korine und Ulrich Seidl. Der Amerikaner präsentiert 1997 seinen Film „Gummo“. Absolute Provinztristesse und schwarzer Humor. Ein Trailertrash-Märchen nur für Hartgesottene.

Der Österreicher Seidl taucht 2000 in die Tiefen der Wiener Seele hinab. „Hundstage“ zeigt Underdogs aus dem suburbanen Niemandsland südlich der Donaumetropole. Ein Fegefeuer armer kleinbürgerlicher Seelen, die alleine oder einsam zu zweit dem körperlichen Verfall und dem Tod entgegenschmoren.

In seinem ersten deklariert fiktiven Spielfilm begibt sich der ehemalige Dokumentarist Seidl endgültig auf eine Ebene mit seinen Charakteren. Hier blickt kein Regisseur mehr von seinem intellektuellen Podest herab auf einen Haufen Selbstdarsteller, die sich der Lächerlichkeit preisgeben. Ein menschlich-unmenschliches Meisterwerk.

Underdog am Abgrund

Vielleicht einer der kontroversesten Mainstream-Filme der letzten Dekade, getarnt als Comicverfilmung: Todd Phillips nähert sich dem berühmten Bösewicht „Joker“ als rabenschwarze Charakterstudie. Joaquin Phoenix ist der einsame weiße Mann, den die kapitalistische Gegenwart langsam durchdrehen lässt.

Ein Film, der der soziopathisch angehauchten Incel-Bewegung ein Vorbild sein könnte, zürnten manche Kritiker. Regisseur Phillips regierte erbost und meinte, das düstere Psychodrama erzähle vom Verlust der Empathie in der Großstadt - und wie ein Underdog in der Abgrund getrieben wird. Michael Moore, der legendäre Doku-Aktivist, hält den „Joker“ übrigens für extrem gelungen. Und findet, dass der Film die eiskalte neoliberale Ära attackiert.

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