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Eine Person zieht sich eine FFP2-Maske an (Lizenz via GE)

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Durchwurschteln von Tag zu Tag

Wie es Menschen geht, die kein Corona bekommen dürfen.

Die Corona-Zahlen steigen, es gibt mittlerweile täglich fast 50.000 Neuinfektionen. Die hohen Zahlen sind auf die Öffnungsschritte vom letzten Wochenende zurückzuführen: Es gibt wieder Nachtgastronomie, in großen Bereichen ist die Maskenpflicht gefallen. Viele freuen sich über die Lockerungen, andere haben damit zu kämpfen.

Menschen mit Vorerkrankungen, angegriffenem Gesundheitszustand und auch jene, die mit vulnerablen Personen zusammenleben, ältere Menschen oder sogenannte Schattenfamilien, das sind Familien mit immungeschwächten Kindern, sehen die Lockerungen kritisch. Lena Raffetseder hat mit zwei Betroffenen gesprochen.

Einschränkung auf mehreren Ebenen

Die freischaffende Künstlerin Julischka Stengele beschreibt in knappen Worten, was Corona für sie bedeutet: „Für mich hat es die letzten zwei Jahre vor allem sehr viel Einsamkeit und Isolation bedeutet. Und das tut es auch nach wie vor.“ Mit dieser Aussage ist sie nicht alleine.

Die 31-jährige Zoha (Name von der Redaktion geändert) hat vor der Pandemie studiert und in einer WG gewohnt. Um sich zu isolieren, musste sie ihr Studium unterbrechen, weil der geforderte Auslandsaufenthalt nicht möglich war, und sie ist aus der Wohngemeinschaft ausgezogen. Von Zuhause aus arbeitet sie jetzt in einem Bürojob. Eine Notlösung, wie sie sagt.

„Zukunftsplanung ist nicht möglich, Sozialleben ist nicht möglich. Das hat auch geheißen, dass sich meine Krankheiten massiv verschlechtert haben, weil der Zugang zu medizinischer Versorgung phasenweise komplett unmöglich oder sehr schwierig möglich war. Gewisse Sachen sind noch immer nicht möglich, wie zum Beispiel manche OPs, die jetzt nicht unbedingt sein müssen, aber die Lebensqualität verbessern würden.“

Was für andere „nur“ eine Einschränkung von Lebensqualität bedeutet, hat für Zoha Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Aufgrund mehrerer Autoimmunerkrankungen hat sie ein hohes Risiko, bei einer Covid-Infektion schwer zu erkranken: „So was wie Schwimmen wäre für meinen Körper extrem wichtig und das geht jetzt seit zwei Jahren nicht mehr, weil es kein Angebot für Risikopersonen gibt. Deshalb hat sich meine Krankheitsgeschichte total verschlechtert.“

Auswirkungen hat das auch auf die Lebensumstände, für Julischka Stengele bedeutet das enorme finanziellen Einbußen. „Ich muss seit zwei Jahren permanent die Entscheidung zwischen körperlicher Gesundheit und psychischem Wohlbefinden treffen und das geht auf Dauer natürlich nicht. Ich wünsche mir vor allem eine Perspektive, wie mein Leben in naher Zukunft aussehen kann.“

Langfristige Regeln fehlen

Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen machen den Alltag für Julischka Stengele schwierig. Flächendeckende PCR-Tests haben ihr zumindest ein wenig Sicherheit gegeben, die potenzielle Einstellung des PCR-Angebots mit Ende März erschreckt sie, weil es „eigentlich das Einzige ist, was mir gerade etwas Normalität und entspanntes Sozialleben ermöglicht hat.“ Für Zoha kam noch die Nachricht dazu, dass sie trotz Impfung keine Antikörper entwickelt hat: „Die Kombi war ziemlich heftig.“

Trotz Isolation und Frustration sieht sich Zoha in einer privilegierten Situation: „Es gibt viele Leute, die sich nicht isolieren können und trotzdem ein sehr hohes Risiko haben. Leute, die mit persönlicher Assistenz leben oder Menschen, die in Betreuungseinrichtungen leben, oder auch Schattenfamilien. Also da ist es ja noch mal krasser und da braucht man die Tests.“

Beide würden sich sicherer fühlen, wenn zumindest FFP2-Masken verpflichtend getragen würden. „Eigentlich ist es jetzt mal an der Zeit, sich Lösungen zu überlegen, die ein bisschen längerfristig da sind, auch für Leute mit hohem Risiko. Zum Beispiel, dass man kleine Kabinen in den Öffis macht, die extra belüftet sind.“

Es überwiegt Frust und Resignation. „Mich macht dieses Hin und Her sehr mürbe; dass man sich irgendwie an nichts halten kann und sich alle paar Tage die Regeln ändern“, sagt Julischka Stengele. „Nach zwei Jahren Pandemie bin ich zu geschlaucht, um mich darüber aufzuregen, wie es läuft“, sagt Zoha. „Dass ich mit der Situation irgendwie umgehen kann, ist, weil ich mich von Tag zu Tag durchwurschtel.“

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