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Blaulicht auf einem Feuerwehrwagen

APA/HELMUT FOHRINGER

Erich Moechel

Erste Tests für EU-weites Blaulichtfunksystem

Zwei Industriekonsortien testen während der nächsten Monate ihre Konzepte für ein grenzüberschreitendes behördliches Breitband-Kommunikationssystem, das auf 5G-Technologie basiert.

Von Erich Moechel

Nach sechs Jahren Entwicklung geht das „BroadWay“-Projekt der EU-Kommission für Breitband-Blaulichtfunk in die Testphase. In zwei Pilotprojekten werden nun die technischen Ansätze zweier Firmenkonsortien getestet. Ein Konsortium wird vom Airbus-Konzern, das andere von der österreichischen Frequentis angeführt.

In mehreren EU-Staaten werden dafür in 5G-Netzen eigene abgeschlossene Cloud-Instanzen für Blaulichtfunk eingezogen, die später untereinander zu einem eigenen Netz verbunden werden. Nun wird grenzüberschreitend getestet, wie ein solch komplexes System umsetzbar ist.

Text

EU-Ministerrat

Dieser Text stammt aus einem internen Schreiben des Ministerrats, in dem die Ratspräsidentschaft auf die Bedeutung dieses Projekts verweist, gekoppelt mit der Aufforderung, dass möglichst viele Mitgliedsstaaten Interesse an dem Projekt anmelden. Das von der Kommission geförderte Forschungsprojekt BroadWay hat nämlich einen Sonderstatus und ist als solches auch auf dieser Ebene ein Pilotprojekt (siehe unten). Hier ist der aktuelle Zeitplan des Projekts, das in der aktuellen Phase BroadPort heißt.

Zwei Konsortien, zwei Feldversuche

In Österreich wird derzeit die Einführung des „Cell Broadcast“-Alarmsystems vorbereitet. Cell Broadcast ist in allen Mobilfunknetzen bereits technisch integriert.

Der Sonderstatus des BroadWay-Projekts ist schon an dessen Laufzeit abzulesen. Gewöhnlich werden Forschungsprojekte mit zwei oder drei Jahren bemessen und enden mit einer Demonstrationsphase. Die ist eine Art „Proof of Concept“, demonstriert wird dabei für Behörden und Industrie, wie die entwickelte Lösung funktioniert. Bei vielen, vor allem komplexeren Projekten ist das dann schon die letzte Phase, sie kommen darüber nicht hinaus und werden deshalb zu oft nicht in konkreten Anwendungen umgesetzt. Bei BroadWay ist das jedoch anders, es ist überhaupt das erste Projekt, für das hier andere Regeln gelten.

Die EU-Kommission hat für dieses Langzeitprojekt nämlich eine weitere Entwicklungsstufe angehängt, eine sogenannte „Pre-Procurement“-Phase, die im Anschluss an die eigentliche Entwicklung läuft. Das heißt, bevor eine Entscheidung fällt, welches der beiden Konsortien den Zuschlag erhält, werden beide Ansätze einem möglichst praxisnahen Feldversuch unterzogen. In dem Fall wird eine insgesamt überschaubare Zahl an Teilnehmern aus den Bereichen Katastrophenschutz, Rettung und Polizei aus mehreren EU-Staaten testen, wie Kommunikation und Datenaustausch untereinander über so eine System funktioniert.

Logos verschiedener Unternehmen

Frequentis Consortium

Im Frequentis-Konsortium ist neben Telefonica und T-Mobile, den beiden größten Mobilfunkunternehmen Europas, auch das Eutelsat-Konsortium vertreten. Wie schon bei TETRA wird auch das neue Breitbandsystem Ad-hoc-Insellösungen möglich machen, indem fahrzeugbasierte Funkgeräte als 5G-Basistationen eingesetzt werden. Über einen Datentransponder der Satellitenflotte von Eutelsat können auch dann Lagebilder an die Leitstellen der Innenministerien übermittelt werden, wenn keine direkten 5G-Verbindungen möglich sind.

Aus der Frühzeit des Mobilfunks

Das TETRA-Funknetz von Polizei, Feuerwehr und Rettung in Österreich ist weder von der Stromversorgung noch vom Netzbetrieb her redundant abgesichert.

Das BroadWay-System soll den TETRA-Standard für Blaulichtfunk ablösen, der in jeder Beziehung in die Jahre gekommen ist. TETRA ist vor allem auf die Bedürfnisse von Polizeibehörden adaptierte GSM-Technologie, stammt also aus der Frühzeit des Digitalfunks. Es ermöglicht die Bildung von Gruppen für Einsätze oder Push-to-Talk, also direkte Funkverbindungen zwischen den Funkgeräten vor Ort. Die nationalen Implementationen waren dergestalt, dass im EU-Raum kein einziges dieser Netze von den Endgeräten bis zu den Protokollen mit einem anderen TETRA-Netz wirklich kompatibel ist. Interoperabilität mit anderen TETRA-Netzen hatte in den TETRA-Pflichtenheften Mitte der 90er Jahre keinen besonderen Stellenwert.

Das grenzüberschreitende Breitbandnetz wird sich von den zivilen Netzen weit stärker unterscheiden, als TETRA von GSM. Der Umstieg der Blaulichfunks auf eigene Breitbandnetze, deren Services auf den zivilen 5G-Standards basieren, wird ja jeweils auf nationaler Ebene für den Einsatz im Inland erfolgen. Grenzüberschreitende Services müssen daher mit jeder künftigen nationalen Implementation interoperabel sein, wobei es dafür bis jetzt EU-weit höchstens Absichtserklärungen gibt. Das heißt, die Services für grenzüberschreitende Einsätze werden sich auf das Notwendigste beschränken: also auf PTT-Telefonie, Messaging und Bildung von Gruppen, dazu Austausch von Videos und anderen großvolumigen Datenmengen.

Grafik

EU-Kommission

Gleich zum Start 2016 wurden die Spezifikationen für solche „Mission Critical Push-to-Talk“-Netze (MCPPT) nach dem LTE-Standard erstellt, der mit 5G voll kompatibel ist. Das heißt, es wurden Services wie direkte Funkverbindungen der Endgeräte untereinander in den LTE-Standard eingezogen, die in zivilen 4/5G-Netzen keine Rolle spielen. Seit 2008 müht sich das Public Safety Communications Europe Forum, das ebenfalls aus einem von der EU-Kommission geförderten Projekt hervorgegangen ist, die nationalen Blaulichtdienste zu normieren.

Normierung durch Interoperabilität

Die Einführung des TETRA-Blaulichtfunks in Österreich in 60 Artikeln der ORF-Futurezone von 2001 bis 2010

Mit diesem Standardisierungsansatz für grenzüberschreitenden 5G-Blaulichtfunk lange vor jeder nationalen Umsetzung von 5G-Behördenfunk, werden klarerweise auch Vorgaben für letztere erstellt. Im Fall von BroadWay sind bisher elf europäische Innenministerien beteiligt, die solche auf 5G basierende Netze planen, deren Basisdienste mit den Vorgaben des BroadWay-Projekts kompatibel sind. Ob es sich dabei um eigene Funknetze handelt, die für Behörden errichtet werden, virtuelle Blaulichtnetze, die bei einem oder mehreren 5G-Betreibern eingemietet sind, oder Mischformen daraus, spielt dabei kaum eine Rolle.

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