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Glitchhikers

Silverstring Media

Game

Nachtfahrt im Talking Simulator

„Glitchhikers - The Spaces Between“ schwankt zwischen sympathisch hintergründigen Konversationen und eher banaler Kiffosophie.

Von Rainer Sigl

So einen Disclaimer sieht man auch nicht oft am Beginn eines Videospiels. „This game is designed to encourage introspection“, steht da zu lesen, und dass es hier bald um existenzielle und philosophische Themen gehen wird. „There is no wrong way to play“, wird mir versichert, und dann ist da auch noch der Hinweis, dass mich manche der angesprochenen Dinge vielleicht triggern oder verunsichern könnten.

„Glitchhikers - The Spaces Between“ ist kein Spiel wie alle anderen, das ist ziemlich schnell klar. Zu tun gibt es hier eigentlich nicht viel: Ich kann nachts eine Autofahrt unternehmen, einen Zug besteigen, am Flughafen warten oder im Park spazieren gehen. Mit den wunderlichen Gestalten, die ich dort treffe, unterhalte ich mich über dies und das und komme vom Hundertsten ins Tausendste. Vom Sinn des Lebens über die Natur der Realität bis hin zu Marxismus, Kryptowährungen und den „Matrix“-Filmen.

Der Weg ist das Ziel

Richtige oder falsche Antworten gibt es nicht, auch wenn ich den Gesprächen durch meine Fragen immer wieder eine Richtung geben darf. Meine Gesprächspartner - Autostopper, Mitreisende, Passanten und sonstige Zufallsbegegnungen - wollen auch sonst nichts von mir.

In „Glitchhikers“ gibts keine Missionen, keine Gegner, keine Rätsel und keine große Story. Stattdessen versucht das Spiel einfach einen der titelgebenden liminalen Orte, einen dieser „Spaces Between“, zu simulieren, einen jener Zwischenräume, in denen die Gedanken besonders frei sind, wie eben bei einem Spaziergang oder einer nächtlichen Autofahrt.

„Glitchhikers - The Spaces Between“, entwickelt von Silverstring Media

Das funktioniert manchmal recht gut, wenn die philosophischen Konversationen originelle Wendungen nehmen oder hübsch poetisch werden; manchmal habe ich aber auch das Gefühl, einem eher chemisch inspirierten Studentenpartygespräch um fünf Uhr morgens zuzuhören. So tiefgründig, wie die Autor*innen das auch immer gemeint haben wollen, kommen manche der Binsenweisheiten dann nämlich doch nicht rüber.

Glitchhikers

Silverstring Media

Reden, Chillen, Zuhören

„Glitchhikers - The Spaces Between“ ist trotz gelegentlicher Plattheit aber dennoch ein sympathisches Experiment: Kann ein Videospiel auch als Anstoß für philosophische, tiefschürfende Gedankengänge Platz bieten? Die Antwort darauf muss letztlich subjektiv ausfallen - nicht jede Weisheit hier hat mich letzten Endes überzeugt, aber vielleicht lag das manchmal auch an meinen Antworten - genau wie im echten Leben auch.

Dass ein Spiel auch solche Grenzgänge wagt, ist natürlich trotzdem spannend und ein weiterer Beweis dafür, dass auch abseits traditioneller Spielmechanik - oder ganz ohne diese - interaktive Unterhaltung noch längst nicht ausgereizt ist: Der Walking Simulator als Talking Simulator, das gab’s vorher noch nie.

Oder, Moment, eigentlich doch: Im immer noch erhältlichen Prototypen „Glitchhikers“ aus dem Jahr 2014, der mit dem neuen Untertitel „First Drive“ versehen wurde und immer noch kostenlos gespielt werden kann.

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