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Serie Heartstopper

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Serie „Heartstopper“: Eine Überdosis queeres Gefühl

Die Netflix-Serie „Heartstopper“ eroberte in den letzten Tagen viele queere Herzen. Sie beruht auf den gleichnamigen erfolgreichen Graphic Novels der britischen Autorin Alice Oseman. Darin zeigt sie den Alltag und die Beziehung der beiden britischen Teenager Charlie und Nick.

Von Philipp Emberger

“Wow, being a teenager is terrible,” sagt der Kunstlehrer an einer Stelle der Serie „Hearstopper". Wer die eigene Teenager-Zeit schon hinter sich, aber doch noch frische Erinnerungen daran hat, möchte ihm an dieser Stelle gleichzeitig zustimmen und widersprechen. Im Vergleich zu anderen LGBTIQ-Serien ist die Welt in „Heartstopper“ nämlich nicht nur voller Grausamkeit und Homophobie. Die Serie gönnt seinen mehr als nur sympathischen Figuren schöne, liebevolle und herzzerreißende Momente. Charlie Spring (Joe Locke) und Nick Nelson (Kit Connor) sind britische Teenager und besuchen beide die Trutham Boys School. Hier hören die Gemeinsamkeiten aber schon auf.

Charlie ist offen schwul, das hat in der Vergangenheit auch die Schulbullys auf den Plan gerufen. Nick hingegen ist der Rugby-King der Schule. Ihre Wege haben sich bisher nicht gekreuzt. Ein neuer Sitzplan des Lehrers ändert das aber und so sitzen die beiden Jungs fortan nebeneinander. Aus der anfänglichen Skepsis entwickelt sich schnell Sympathie, später mehr. Und so endet Nick eines Abends vor seinem Laptop und tippt die Frage „Am I Gay?“ in Google ein. Der Buzzfeed-Test soll helfen.

0815-Story?

Vieles an „Heartstopper“ hört sich erstmal nach 0815-Teenie-Romance an. Kleiner Spoiler an der Stelle: Ist es am Ende aber doch nicht. Da wäre mit Nick der coole, sportliche Typ auf der einen Seite. Er ist beliebt, Chef der Rugby-Mannschaft und kann sich seine Freundin quasi aussuchen. Charlie auf der anderen Seite ist der klassische Nerd. Er spielt Musik und hat für einen 14-Jährigen wohl eher ungewöhnlich - Poster von Radiohead, The Muse und The Strokes in seinem Zimmer hängen. Außerdem ist er gut in der Schule und seine Mitschüler*innen stehen nicht wirklich Schlange, um sich in sein Freundesbuch einzutragen. Sogar dass die beiden Hauptprotagonisten in diesem Fall queer sind, ist keine sonderliche Neuerung mehr. Die Serie „Love, Victor“, deren dritte Staffel diesen Juni erscheinen wird, hat die klassische High-School-Lovestory ebenso in Regenbogenmanier herausgebracht.

Serie Heartstopper

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Mit viel Zärtlichkeit begegnen sich Nick (links) und Charlie (rechts)

„Heartstopper“ basiert auf den Graphic Novels der britischen Autorin und Illustratorin Alice Oseman. 2016 begann sie die Comics auf Tumblr zu veröffentlichten und hat schnell eine Fanbase gewonnen. Für die Serienadaption hat sie nun, sehr zur Freude ihrer Fans, selbst das Drehbuch verfasst. Oseman hält sich in manchen Szenen akribisch genau an ihre eigene Comicvorlage. Und auch die Bildsprache erinnert mehr als nur einmal an das Original. Da fliegen etwa illustrierte Herzen, Sterne und Gewitterwolken durchs Bild.

Große Portion Herz

Wer in der vergangenen Woche auf TikTok abgehangen und dort Videos aus der queer-Bubble in die For-You-Page gespült bekommen hat, hat mit ziemlicher Sicherheit auch Szenen der Serie gesehen. Die britische Coming-of-Age-Serie wurde am 22. April in das Programm von Netflix aufgenommen und hat seitdem weltweit viele Fans gewonnen.

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Elle und Tao haben ihre ganz eigene Geschichte in „Heartstopper“

Das liegt mitunter an der großen Herzlichkeit und Wärme die von der Serie und ihren Figuren ausgeht. Oseman beobachtet mit viel Sympathie die Charaktere und erzählt ihre Geschichte auf Augenhöhe. Dazu tragen auch die Figuren abseits von Charlie und Nick bei. Mit Elle Argent (Yasmin Finnley), die nach ihrem Outing als Transfrau die Schule gewechselt hat, ist auch hier ein sehr moderner Nebenstrang dabei. Tao Xu (William Gao) und Isaac Henderson (Tobie Donovan) komplettieren den kleinen Nerd-Freundeskreis Charlies. Sie hängen gemeinsam ab, veranstalten Filmabende und helfen sich durchs Leben. Selbst Nick, der den üblicherweise arroganten und unsympathischen Typus Sportler verkörpert, kommt mit viel Herz daher und hebt sich damit von anderen Figuren seines Typus deutlich ab.

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Olivia Coleman spielt die Mutter von Nick

Mit Olivia Coleman ist auch ein Schauspielstar im Cast und sie könnte als Mutter des zweifelnden Nick nicht passender sein. Ihre Verpflichtung wurde von den Macher*innen bis zum Schluss Geheim gehalten. „Heartstopper“ ist also eine durch und durch queere feelgood-Serie und bietet damit in einer schwierigen Zeit ein paar Minuten Eskapismus. Damit steht die Serie auch im Kontrast zu anderen derzeit etwa erfolgreichen Serien wie „Euphoria“. Drogenpartys, Brutalität und Elend sucht man hier vergeblich. „Heartstopper“ liefert ein ziemliches Gegenprogramm - ohne aber anspruchslos zu sein.

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