FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Kinder am Smartphone

CC0

mit akzent

Die Kinder von Youtube

Menschenrechte beginnen mit Kinderrechten. Jedes Kind hat das Recht, am Familienleben, am kulturellen und am sozialen Leben teilzunehmen. Das ist mir bewusst und ich versuche, die Rechte meiner Tochter zu wahren. Schaut aber sie auf meine Rechte? Ich finde mein Handy nie. Es ist dann zum Beispiel unterm Bett oder im Korb mit der schmutzigen Wäsche.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ich liege gemütlich auf dem Bett und höre darunter satanisches Kindergelächter. Zuerst dachte ich, ich habe Halluzinationen, aber jetzt weiß ich, dass alles ganz real ist. Meine dreijährige Tochter hat sich unter dem Bett versteckt und schaut ihren Lieblingskanal für Kindergartenkinder auf Youtube. Werden ihre Rechte verletzt, wenn ich ihr das Handy aus den Händchen reiße? Ich warte geduldig, bis das Filmchen, das sie schaut, zu Ende geht. Es hat aber kein Ende. Auf dem Bildschirm zwei Kinder, die wie Barbie und Ken aus dem Kindergarten ausschauen, rutschen und wühlen in Sandkisten herum und schreien vor Freude. Ich werde deren Namen wie Lord Voldemort nicht erwähnen, damit eure Kinder nicht auf die Idee kommen, sich deren Videos anzuschauen. Sie sind schlimmer als harte Drogen. Wenn man einmal beginnt, kann man nicht mehr damit aufhören.

FM4 Podcast Mit Akzent (Mitakzentpodcast)

Radio FM4

Mit Akzent gibt es jede Woche auch als Podcast.

Der Inhalt dieser Videos ist unglaublich dumm, und ich habe alles versucht, um die Aufmerksamkeit meiner Tochter auf etwas Sinnvolleres zu lenken. Doch man kann sie nicht davon überzeugen, dass echtes Rutschen und echte Sandkisten spannender sind als zu schauen, wie MiniBarbie und MiniKen das machen was sie machen. Ich nenne die Kinder auf dem Bildschirm „dumm“, was sich als ein Fehler herausstellt. Jetzt höre ich die ganze Zeit: „Ich wiiiil die duuummen Kiiiinder schaaaauen!“, was mit Weinen begleitet wird.

Ich gebe nach und sie kann weiterschauen. Ich kann zwar nicht in Ruhe arbeiten, aber ich bin ein liberaler Vater. Ich frage mich, wenn ich jetzt meinen Job dank MiniBarbie und MiniKen verliere, bekomme ich dann von ihren steinreichen Eltern eine Entschädigung? Sie produzieren die Videos mit ihren Kindern und machen daraus eine Geldmaschine. Halten sie die Kinderrechte ein? Damit täglich ein neues Video fürs Internet gemacht werden kann, müssen diese Kinder wahrscheinlich zehn Stunden täglich arbeiten. Vielleicht sollte ich sie irgendwo melden. Das wäre vielleicht meine einzige Chance, die „dummen Kinder“ von Youtube loszuwerden. Was soll ich denn machen, liebe Leserinnen und Leser?

Aktuell: