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Pressyes’ „Breeze In, Breeze Out“ ist eine Platte für den Roadtrip

René Mühlberger alias Pressyes veröffentlicht vier Jahre nach seinem Debüt-Album sein neues Werk „Breeze In Breeze Out“ und geht damit wieder auf Reisen. Wir haben uns mit ihm durch das großartige Album gehört.

Von Clemens Fantur

Clemens Fantur: Vor wenigen Tagen warst du bei uns im Studio zu Gast und hast uns eine wunderbare Live-Session eingespielt. Zu hören und sehen wird es diese Session am 26. Mai auf FM4 geben. Normalerweise spielst du ja alle Instrumente in deinen Songs immer selbst ein, so auch auf deinem neuen Album „Breeze In Breeze Out“. Wie war es, für die Live-Session mit einer Band auf der Bühne zu stehen?

Pressyes: Es war ganz großartig! Insgesamt sind wir jetzt zu fünft auf der Bühne und das war auch jetzt die erste Aufzeichnung mit allen zusammen. Es stimmt, ich spiele im Studio normalerweise alle Instrumente selber ein, bin aber nicht auf jedem Instrument ein Virtuose, habe jetzt aber ganz großartige Leute um mich, die eigentlich auch völlig überqualifiziert dafür sind.

Dein letztes Album „On the Run“ liegt jetzt genau vier Jahre zurück. Aber es wurde genau zur gleichen Zeit veröffentlich? War das geplant?

Ja, mir ist es immer wichtig, dass ich meine Alben im Mai oder Juni veröffentliche. Das war eigentlich immer schon so, weil ich dieses Sommergefühl für so wichtig finde. Es geht bei meinen Songs immer um den Sommer und um das Verreisen. Und da all dies in den letzten Jahren nicht wirklich funktionierte, ist es umso mehr darum gegangen, dass ich dieses sommerliche Gefühl empfinden kann und habe es in der Musik gesucht. Das erste Album ist noch mehr auf Reisen entstanden. Marlene, meine Lebensgefährtin und Bassistin der Band, und ich reisen gerne mit unserem alten VW-Bulli. Dort schreibe ich normalerweise gerne an Songs. Da all dies nur beschränkt möglich gewesen ist, habe ich es diesmal anders machen müssen und habe mich im Studio auf Reisen begeben. Ich brauche diesen Abstand vom normalen Leben und da ist das Reisen ein ganz wichtiger Aspekt. Und Pressyes ist meine persönliche Mediationsreise.

Machst du dir, bevor du dich auf die Reise begibst, viele Gedanken, wie die Songs klingen sollen? Wie diese Plätze klingen sollen? Oder ist das etwas, was sich beim Schreiben der Songs entwickelt?

Press

Pressyes

Albumrelease-Show

Sargfabrik Wien

Sonntag, 15. Mai

19:30 Ausstellung im Foyer

20:30 Beginn Konzert

Gedanken mache ich mir eigentlich nie, das kommt alles sehr spontan aus mir heraus. Ich bin meistens in meinem Homestudio oder in meinem größeren Studio im Burgenland, wo ich sehr viel analoge Geräte aufgebaut habe: alte Synthesizer, Gitarren oder mein altes Drumset aus den 60er Jahren. Ich spiele zumeist drauflos, jamme mit mir selber, suche aber immer nach diesen glitzernden Sounds, die mich in diese Stimmung bringen. Es gibt kein Konzept, aber die Ohren suchen immer nach diesem Gefühl. Meistens finde ich dieses Gefühl dann in verzerrten Bandmaschinen-Sounds oder Hallgeräten. So fängt diese Reise meistens an. Diese Jams zu Ende bringen, das ist die eigentliche Aufgabe. Deshalb bin ich ein großer Freund von Deadlines.

Du begibst dich ja nicht nur in deinem Studio auf Reisen, sondern auch IRL. Die Initialzündung zum Song „Mirissa“ zum Beispiel hattest du bei einer „Begegnung der dritten Art“ auf Sri Lanka?

Ja, ich blicke daran schaudernd zurück, denn ich war drei Monate Backpacken auf Sri Lanka und habe mich dort in einem cheapen Hippy Hostel in der Mitte von Mirissa eingemietet. Dort habe ich eine Woche lang gewohnt und als ich eines Morgens aus der Dusche komme – nackt natürlich – stand vor mir in der Küche ein 2 Meter langer Riesen-Waran, ein Tier, welches ich bis dato noch nicht kannte. Wir haben uns beide sehr erschreckt. Und dann habe ich noch erfahren, dass er mit seinen zehn Artgenossen auf dem Dach meines Hauses gewohnt haben soll. Gut geschlafen habe ich dann dort nicht mehr, aber die Songidee war geboren. Es gibt übrigens ein Video aus Schönbrunn, wo ein Waran eine kleine Ziege isst…

Im Video zu „Purpose“ geht es ausschließlich ums das Reisen, ein violetter Koffer steht da sogar im Mittelpunkt…

Und ich muss zugeben, dass ich gerade einen goldenen Koffer mit meinen Initialen von dieser Firma geschenkt bekommen habe! Als ich diesen Song geschrieben habe, stand gerade groß die Frage „Wo geht es in meinen Leben hin?“ im Raum. Die Frage war, was ist mein Zweck, mein Sinn? Die Frage steht natürlich immer im Raum, in der Pandemie verstärkte sich die Frage aber sehr. Als Musiker war die Zeit extrem schwer. Aber mittlerweile ist die Frage auch schon wieder weitgehend beantwortet, denn Marlene und ich sind soeben Eltern eine Tochter geworden. Und das ist jetzt natürlich ein großer Teil in meinem Leben. Man hat es auch gemerkt, als wir die Session im Studio2 eingespielt haben, wo sie natürlich mit dabei war. Im Vorhinein haben wir natürlich schon auch Angst gehabt, ob sich das mit unserem Leben als Musiker und Musikerin auch vereinbaren lassen kann. Aber mittlerweile haben wir das Gefühl, dass es eigentlich ganz easy geht. Bei unserer ersten Pressyes-Show in Vorarlberg hat es wunderbar funktioniert. Das Baby hat geschlafen, wir haben gespielt. Wir spielen auch beide in der Live-Band von Clueso, da ist die Rede davon, dass wir einen eigenen Campingbus bekommen.

Du hast selbst gesagt, dass du ein sehr visueller Mensch bist. Marlene und du drehen auch die Videos oft selbst, so wie etwa 2021 zu dem Song „Lus u“. Alles wurde analog gedreht?

Das Video zu Lus U hat meine Liebe zum alten Kodak Analog Super8-Film und mittlerweile auch 15mm wiederbelebt. In meiner Jugend habe ich bereits mit diesen Filmen gearbeitet, aber irgendwann gab es diese nicht mehr zu kaufen. Jetzt ist das alles wieder viel zugänglicher. Das schöne ist auch, dass man mit ganz kleinen Kameras arbeiten kann. Man zieht sie auf, dreht 20 Sekunden, dreht wieder auf, so lange bis die 3 Minuten voll sind. Man fängt an, gut zu planen, und schießt nicht wild drauf los. Da merke ich einfach meine Liebe zu analogen Geräten, die einem aufgrund ihrer klaren Vorgabe sagen, wie man mit ihnen arbeiten soll. Ich bin auch jemand, der keine Plugins und Updates mag. Ich brauche für mein Leben kein Update.

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Diese alten Geräte geben sehr viel Klangfarbe vor, wie gibt’s du deinen eigenen Sound dazu?

Es gibt gerade einen Trend, dass viele Bands mit alten Geräten arbeiten. Der Unterschied zu vielen ist, dass ich mir diese Geräte mit 14 gekauft habe und schon immer, ja fast ausschließlich damit arbeite. Für mich sind auch die Bandmaschinen nichts Neues, schon mit 13 habe ich eine Vostex-Maschine zu Hause stehen gehabt. Ich mache also das, was ich heute mache, bereits seit über 20 Jahren.

Du hast dich also ganz bewusst gegen das Digitale entschieden?

Genau so ist es. Ich bin jetzt kein Purist, verwende natürlich Software, aber es macht mir keinen rechten Spaß.

Wie hältst du dich davon ab, zu dogmatisch zu werden?

Für das habe ich einfach zu viele Instrumente im Studio. Ich war auch selbst recht erstaunt, wie viele Gerätschaften sich da mittlerweile angestaut haben. Es waren fast zwei ganze Räume voll. Wichtig ist mir, dass die Dinge auch gespielt werden, zum Beispiel wenn Gäste kommen, deshalb verleihe ich auch gerne Synthesizer. Ich bin kein Sammler, der die Instrumente ins Regal stellt und beschriftet, sie sollen zum Einsatz kommen.

Der Song „Years“ beschäftigt sich thematisch mit der Zeit, die leider immer ein bisschen zu wenig ist. Es geht ja immer mehr darum, Zeit so gut wie möglich zu nutzen, und da entsteht auch immer ein gewisser Druck. Der Druck, dass man eigentlich immer zu wenig macht. Es ist bestimmt der melancholischste Song auf diesem Album und handelt nicht nur vom bekifft in der Sonne liegen.

Was ist der richtige Zeitpunkt, um diese Platte aufzulegen?

Ganz klar auf einem Roadtrip! Perfekt für eine Autofahrt, aber auch perfekt in der Sonne liegend am Strand im Urlaub. Oder aber auch ganz einfach zu Hause, wenn man das alles eben nicht bekommt, dann kann dieses Album helfen. Ich sehe es als eine Art Klang-Meditation. Und daher erschließt sich auch der Titel „Breeze In Breeze Out“. Die Sommerprise vereint mit der Meditation.

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