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Das neue Flume-Album „Palaces“: Kuschel-Banger und Laborratten

Mit „Palaces“ liefert der australische Electronic-Producer und Grammy-Preisträger Harley Streten aka Flume sein drittes Studioalbum. Poppige Überzuckerung trifft auf brachiale Sounds.

Von Xaver Stockinger

Es war eine Rückkehr, die am Anfang des neuen Flume-Albums „Palaces“ stand. Unzufrieden mit der Musik, die er machte und unter der sich ausbreitenden Pandemie kehrte Flume Anfang 2020 nach Jahren im geschäftigen L.A. zurück in seine Heimat, einen kleinen Ort an der australischen Ostküste - dort wo Harley Streten einfach Kind sein konnte, ehe er als Flume die großen Bühnen dieser Welt bespielte.

Ein bunter Vogel am Cover des Flume-Albums "Palaces"

Transgressive/Future Classic

„Palaces“ ist am 20.5.2022 bei Transgressive/Future Classic erschienen.

In der wild wuchernden Natur, die ihn dort umgab, habe er seine kreative Heimat, seine persönlichen „Palaces“ gefunden, erklärte der heute 30-jährige im FM4-Interview.

Auch musikalisch markiert das neue Album eine Art Rückkehr. Nachdem der letzte größere Release, das Mixtape „Hi This Is Flume“ (2019) experimentellere Pfade eingeschlagen hat, geht es auf „Palaces“ wieder wesentlicher poppiger zu. Dass Flume ein Riesentalent für das Komponieren süßlicher, eingängiger Melodien besitzt, hat er auf seinem Grammy-prämierten Album „Skin“ (2016) eindrücklich bewiesen. Seine Kuschel-Banger „Never Be Like You“ oder „Say It“ wurden enorm populär. Emotionale Einfachheit, fett und aufregend produziert – rund die Hälfte der Tracks auf dem neuen Album folgen erneut dieser Maxime, wie etwa der Opener-Song „Highest Building“:

Die tragenden Melodien jener poppig leicht überzuckerten Songs werden auch auf „Palaces“ von jungen, weiblichen Feature-Artists wie Oklou, Laurel, MAY-A, Kučka, Emma Louise oder Caroline Polachek gesungen. Um ihre Stimmen herum ranken sich virtuos Flumes maschinelle Soundkonstrukte. Mal flattern diese scharf wie Rasierklingen, mal hämmern sie brutal wie ein Maschinengewehr - immerzu eingebettet in das von Flume perfekt beherrschte musikalische Spiel von Spannung und Release. Nach dem Drop ist vor dem Drop ist nach dem Drop - jeder ruhige Moment ist meist nur ein Pflasterstein auf dem steilen Weg zur nächsten Entladung.

Zwischen den melodiösen Tracks auf „Palaces“ nimmt sich Flume aber auch Raum für Unhandliches: Die Tracks „Only Fans“ oder „Get U“ wirken wie entkommene Ratten aus seinem Producing-Labor. Sie verleihen dem Album herrlich abgefuckte Zwischentöne und lassen erkennen, dass Flume – bei allem Zug zum Pop – die Lust an kruden Soundexperimenten nicht verloren hat.

Die Natur als Grundthema

Die 13 Tracks auf „Palaces“ sind laut Flume eine Auswahl aus über hundert Song-Ideen, die seit seiner Rückkehr ins australische Idyll aus ihm gesprudelt sind. Der Kleister, der diese bunte (böse Zungen meinen „willkürliche“) Track-Ansammlung zusammenhalten soll, ist das Grundthema „Natur“, welches über das gesamte Album gespannt wurde und sich im Paradiesvogel am Cover, in den Musikvideos und stellenweise auch in den Songs selbst ausdrückt.

So sind in den ruhigeren, reduzierteren Momenten, die es auf „Palaces“ neben all dem energischen Getöse durchaus gibt, auch field recordings von kleinen Bächen oder Sommergewittern zu hören, etwa im Titelstück, dem letzten des Albums. Die maschinelle Kälte, die von Flumes elektronischem Sound oft ausgeht, taut hier auf. Man findet sich als Hörer*in wieder in einer warmen, natürlich anmutenden Klanglandschaft – bis man erkennt, dass hier kein echter Vogel, sondern ein Synthesizer zwitschert. Der wohl prominenteste Feature-Gast auf dem Album, Blur- und Gorillaz-Frontman Damon Albarn reflektiert auf jenem Abschluss-Track melancholisch über Paläste im Jenseits, ehe Flume den Albums-Vorhang fallen lässt.

„Palaces“ ist das diverse, aber konsistente dritte Studioalbum des gereiften Flume, der in der Idylle Australiens seinen kreativen Palast gefunden hat. Mag sein, dass Harley Streten aka Flume sich auf seinem dritten Studioalbum nicht neu erfunden hat. Aber warum sollte er auch, schafft es doch sein bewährter Producing-Stil nach wie vor, durch die Ohren alle Sinne zu wecken.

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